Die Forscher, die sich langsam durch den Urwald gekämpft haben, sind überwältigt. Vor ihnen liegt Angkor Wat. Die Stadt im kambodschanischen Regenwald und ihre Tempelanlage sind längst zum Mythos geworden. Seinen Höhepunkt hatte das Reich der Khmer zwischen dem 9. und dem 13. Jahrhundert.
In Bonn und in Zürich werden Statuen, Bronzen und Halbreliefs aus Angkor Wat gezeigt, dazu ist ein ausführlicher, sehr lesenswerter Katalog erschienen. Die Autoren nähern sich dem Phänomen Angkor Wat auf unterschiedlichste Weise. Sie gehen auf die drei Jahrhunderte andauernde Entdeckungsreise ein. Portugiesische und spanische Missionare waren die ersten, die nach Kambodscha kamen.
Der Franzose Louis Delaporte bracht Ende des 19. Jahrhunderts Khmer Skulpturen mit nach Paris. Auch Abdrücke der Halbreliefs ließ er verschiffen. Er war sensibel genug, die Originale nicht zersägen und somit zerstören zu lassen. Doch im Louvre hatte man kein Verständnis für die fremde Kunst und lehnte eine Ausstellung ab.
Andere Beiträge gehen auf die Vor- und Frühgeschichte ein, auf die Territorialmächte in der Vor Angkor Zeit. Angkor ist nie nur Kultstätte, sondern immer auch Zentrum der Macht gewesen. Religiöse, weltliche und architektonische Motive flossen ineinander.
Eine der schönsten Skulpturen (und Abbildungen) ist ein erst 1958 entdeckter Porträtkopf von Jayavarman VII. Nach dem Vorbild eines meditierenden Buddhas geschaffen, strahlt er jugendliche Kraft und Vitalität aus und zugleich die innere Ruhe eines reifen Menschen, der auch Leid und Schmerz kennen gelernt hat. Da erführe man gern mehr über den König, der im zwölften Jahrhundert lebte, und der eine neue Hauptstadt errichten ließ, Angkor Thom. Leider erzählen die Katalogbeiträge sehr wenig über Jayavarman.
Was aber Khmer Forschern und Kunstgeschichtlern sattsam bekannt sein dürfte, gehört nicht unbedingt zur Allgemeinbildung eines interessierten Ausstellungsbesuchers oder Kataloglesers. Zu Jayavarmans Zeit erreichte die Khmer Kunst höchste Vollendung. Er gab seinen Bildhauern den Auftrag, zahlreiche Buddhastatuen zu schaffen, denn anders als seine Vorgänger war er Buddhist.
Es ist nicht zuletzt diese Mischung aus hinduistischen und buddhistischen Elementen, die die Khmer Kunst so faszinierend macht. Neben den sinnlichen Halbreliefs, die das Ramayana Epos bebildern, neben dem elfantenköpfigen Ganesha, Gott der Weisheit und des Genusses stehen die in sich gekehrten Buddhas.
Der Katalog bietet auch einen Exkurs in Sachen Buddhismus an, der Mahayana und der Vajrayana Buddhismus - und deren Umsetzung in de Kunst. So lehrt der Mahayana Buddhismus etwa den Begriff der Leerheit, der besagt, dass das Wesen leer ist. Die empirische Welt ist nicht die wahre Wirklichkeit. Diese Leere wird auch in die Kunst übertragen: Die Fläche, vor der de Buddha sitzt ist glatt und ungeschmückt.
Die Autoren des Kataloges blicken aus verschiedenen Perspektiven auf Angkor Wat. Sie untersuchen geschichtliche Aspekte wie die Politik zur Zeit des französischen Protektorats, kunsthistorische Aspekte wie die der Kunst als symbolischer Definition des Raumes bis hin zu religiösen Aspekten - vom Brahmanismus zum Buddhismus. Sie enden mit mehreren Kapiteln, die sich mit dem Bewahren des Kulturerbes auseinandersetzen. Dabei wird den multinationalen Bemühungen zur Rettung Angkors ebenso Raum gegeben wie einem Exkurs über die Bedeutung der Provinzmuseen. Ein sehr vielseitiger Katalog also, den man auf sehr unterschiedliche Weise zur Hand nehmen kann.
Man kann im Katalog blättern und muss nicht chronologisch lesen. Man kann sich mit Politik und Realienkunde auseinandersetzen oder einfach nur die phantastischen, gut erklärten Abbildungen auf sich wirken lassen.
Wibke Lobo/Jacob Wenzel (Hg.): Göttliches Erbe Kambodschas
Prestel. 336 Seiten. 59 Euro
In Bonn und in Zürich werden Statuen, Bronzen und Halbreliefs aus Angkor Wat gezeigt, dazu ist ein ausführlicher, sehr lesenswerter Katalog erschienen. Die Autoren nähern sich dem Phänomen Angkor Wat auf unterschiedlichste Weise. Sie gehen auf die drei Jahrhunderte andauernde Entdeckungsreise ein. Portugiesische und spanische Missionare waren die ersten, die nach Kambodscha kamen.
Der Franzose Louis Delaporte bracht Ende des 19. Jahrhunderts Khmer Skulpturen mit nach Paris. Auch Abdrücke der Halbreliefs ließ er verschiffen. Er war sensibel genug, die Originale nicht zersägen und somit zerstören zu lassen. Doch im Louvre hatte man kein Verständnis für die fremde Kunst und lehnte eine Ausstellung ab.
Andere Beiträge gehen auf die Vor- und Frühgeschichte ein, auf die Territorialmächte in der Vor Angkor Zeit. Angkor ist nie nur Kultstätte, sondern immer auch Zentrum der Macht gewesen. Religiöse, weltliche und architektonische Motive flossen ineinander.
Eine der schönsten Skulpturen (und Abbildungen) ist ein erst 1958 entdeckter Porträtkopf von Jayavarman VII. Nach dem Vorbild eines meditierenden Buddhas geschaffen, strahlt er jugendliche Kraft und Vitalität aus und zugleich die innere Ruhe eines reifen Menschen, der auch Leid und Schmerz kennen gelernt hat. Da erführe man gern mehr über den König, der im zwölften Jahrhundert lebte, und der eine neue Hauptstadt errichten ließ, Angkor Thom. Leider erzählen die Katalogbeiträge sehr wenig über Jayavarman.
Was aber Khmer Forschern und Kunstgeschichtlern sattsam bekannt sein dürfte, gehört nicht unbedingt zur Allgemeinbildung eines interessierten Ausstellungsbesuchers oder Kataloglesers. Zu Jayavarmans Zeit erreichte die Khmer Kunst höchste Vollendung. Er gab seinen Bildhauern den Auftrag, zahlreiche Buddhastatuen zu schaffen, denn anders als seine Vorgänger war er Buddhist.
Es ist nicht zuletzt diese Mischung aus hinduistischen und buddhistischen Elementen, die die Khmer Kunst so faszinierend macht. Neben den sinnlichen Halbreliefs, die das Ramayana Epos bebildern, neben dem elfantenköpfigen Ganesha, Gott der Weisheit und des Genusses stehen die in sich gekehrten Buddhas.
Der Katalog bietet auch einen Exkurs in Sachen Buddhismus an, der Mahayana und der Vajrayana Buddhismus - und deren Umsetzung in de Kunst. So lehrt der Mahayana Buddhismus etwa den Begriff der Leerheit, der besagt, dass das Wesen leer ist. Die empirische Welt ist nicht die wahre Wirklichkeit. Diese Leere wird auch in die Kunst übertragen: Die Fläche, vor der de Buddha sitzt ist glatt und ungeschmückt.
Die Autoren des Kataloges blicken aus verschiedenen Perspektiven auf Angkor Wat. Sie untersuchen geschichtliche Aspekte wie die Politik zur Zeit des französischen Protektorats, kunsthistorische Aspekte wie die der Kunst als symbolischer Definition des Raumes bis hin zu religiösen Aspekten - vom Brahmanismus zum Buddhismus. Sie enden mit mehreren Kapiteln, die sich mit dem Bewahren des Kulturerbes auseinandersetzen. Dabei wird den multinationalen Bemühungen zur Rettung Angkors ebenso Raum gegeben wie einem Exkurs über die Bedeutung der Provinzmuseen. Ein sehr vielseitiger Katalog also, den man auf sehr unterschiedliche Weise zur Hand nehmen kann.
Man kann im Katalog blättern und muss nicht chronologisch lesen. Man kann sich mit Politik und Realienkunde auseinandersetzen oder einfach nur die phantastischen, gut erklärten Abbildungen auf sich wirken lassen.
Wibke Lobo/Jacob Wenzel (Hg.): Göttliches Erbe Kambodschas
Prestel. 336 Seiten. 59 Euro