Für die weite Arena des Cirque Royal entwickelten der Bühnenbildner Johannes Leiacker und der Regisseur Guy Joosten ein poetisches Bild mit sozialer Komponente: Im Hintergrund, hinter einem liegenden Baum und unter hohen Stämmen, sitzt das Orchester. Traulich leuchten die Lämpchen an den Pulten. Julian Reynolds sorgt für unfallfreie Koordination der Instrumentalisten mit den Sängern, die in 30 oder 40 Meter Entfernung zum Einsatz gelangen. Es ist, zumindest zeitweise, als würde da an einem lauen Abend im Freien Serenade gespielt - irgendwo in Europas Süden vor hundert Jahren. Das Stück ist aus der Frühneuzeit etwas näher an die Gegenwart herangerückt.
Auf der mit Parkett versiegelten großen Plattform im Zentrum des Geschehens sitzen zunächst die Leute aus der Grafschaft an großen Tischen und lassen mit ihrem Chorgesang zur Gewissheit werden, dass es sich bei dem Fremden, mit dem sich die Schwester des gegenwärtigen Schlossherrn Enrico allabendlich heimlich trifft, um Edgardo handeln, den rechtmäßigen Erben des schmucken Anwesens. Enrico lässt ihm auflauern und will ihn aus dem Verkehr ziehen, da er Lucia unbedingt mit Lord Bucklaw vermählen will - das wäre die finanzielle Rettung. Doch Edgardo, der ohnedies als Botschafter nach Frankreich gehen soll, gelingt es, sich unbehelligt von Lucia zu verabschieden, ihr dabei ewige Treue zu schwören und ihren Liebesschwur entgegenzunehmen. John Osborn ist ein Tenor-Liebhaber der Extraklasse.
Regisseur Joosten lässt ein Dutzend Saaltöchter die Tische auf der großen Fläche zusammenrücken und zur Hochzeitstafel eindecken. Durch einen gefälschten Brief versucht der böse Bruder die Schwester von der Untreue ihres Liebsten zu überzeugen und nötigt sie brutal zur Unterschrift unter den Heiratskontrakt mit Bucklaw. Jean-François Borras gibt diesen Herrn als widerlichen Schwerenöter - und so ist sehr plausibel, dass Lucia ihm mit einer großen Schere aus dem Nähkästchen eine blutige Hochzeitsnacht bereitet. Mit dieser handlichen Waffe agiert Elena Musuc zu gewandt wie mit den Stimmbändern: koloraturensicher lässt sie die Höhen der Titelpartie erstrahlen und mit großen musikdramatischen Gesten taucht sie in die Zonen des Wahnsinns - sekundiert von der Glasharmonika, deren Ton sie ein paar auf der Festtafel stehenden Gläsern zu entlocken scheint.
Guy Joosten lässt seine Titelheldin auf dem Tisch sterben, an dem sie mit ihrer Unterschrift der Zwangsheirat zustimmen musste. Seine Inszenierung vermied die Verkleinbürgerlichung der handelnden Aristokraten, ließ sie als Mitglieder einer upper class ausstaffieren. So mag in Erinnerung gerufen werden, dass es in weiten Teilen Europas ja noch gar nicht so lange her ist, dass die alteingesessenen "guten Familien" ihre Töchter zu ökonomisch motivierten "Vernunftehen" nötigten. Freilich würde Walter Scotts Story über die Braut von Lammermoor noch brisanter, wenn sie heute in jenem Kontext angesiedelt würde, in dem Zwangsheirat und Ehrenmorde weiterhin zum Instrumentarium der Familienplanung gehören.
Auf der mit Parkett versiegelten großen Plattform im Zentrum des Geschehens sitzen zunächst die Leute aus der Grafschaft an großen Tischen und lassen mit ihrem Chorgesang zur Gewissheit werden, dass es sich bei dem Fremden, mit dem sich die Schwester des gegenwärtigen Schlossherrn Enrico allabendlich heimlich trifft, um Edgardo handeln, den rechtmäßigen Erben des schmucken Anwesens. Enrico lässt ihm auflauern und will ihn aus dem Verkehr ziehen, da er Lucia unbedingt mit Lord Bucklaw vermählen will - das wäre die finanzielle Rettung. Doch Edgardo, der ohnedies als Botschafter nach Frankreich gehen soll, gelingt es, sich unbehelligt von Lucia zu verabschieden, ihr dabei ewige Treue zu schwören und ihren Liebesschwur entgegenzunehmen. John Osborn ist ein Tenor-Liebhaber der Extraklasse.
Regisseur Joosten lässt ein Dutzend Saaltöchter die Tische auf der großen Fläche zusammenrücken und zur Hochzeitstafel eindecken. Durch einen gefälschten Brief versucht der böse Bruder die Schwester von der Untreue ihres Liebsten zu überzeugen und nötigt sie brutal zur Unterschrift unter den Heiratskontrakt mit Bucklaw. Jean-François Borras gibt diesen Herrn als widerlichen Schwerenöter - und so ist sehr plausibel, dass Lucia ihm mit einer großen Schere aus dem Nähkästchen eine blutige Hochzeitsnacht bereitet. Mit dieser handlichen Waffe agiert Elena Musuc zu gewandt wie mit den Stimmbändern: koloraturensicher lässt sie die Höhen der Titelpartie erstrahlen und mit großen musikdramatischen Gesten taucht sie in die Zonen des Wahnsinns - sekundiert von der Glasharmonika, deren Ton sie ein paar auf der Festtafel stehenden Gläsern zu entlocken scheint.
Guy Joosten lässt seine Titelheldin auf dem Tisch sterben, an dem sie mit ihrer Unterschrift der Zwangsheirat zustimmen musste. Seine Inszenierung vermied die Verkleinbürgerlichung der handelnden Aristokraten, ließ sie als Mitglieder einer upper class ausstaffieren. So mag in Erinnerung gerufen werden, dass es in weiten Teilen Europas ja noch gar nicht so lange her ist, dass die alteingesessenen "guten Familien" ihre Töchter zu ökonomisch motivierten "Vernunftehen" nötigten. Freilich würde Walter Scotts Story über die Braut von Lammermoor noch brisanter, wenn sie heute in jenem Kontext angesiedelt würde, in dem Zwangsheirat und Ehrenmorde weiterhin zum Instrumentarium der Familienplanung gehören.