Das Gymnasium in seiner Geburtsstadt Varel in Niedersachsen ist nach ihm benannt. Und an der Universität Tübingen, wo er am Ende lehrte, gibt es einen Lothar-Meyer-Bau. Das war‘s dann aber auch schon!
"Meyer ist in Vergessenheit geraten, weil man auch vielleicht seine Leistung einfach nicht so verstanden hat."
Gisela Boeck sagt das mit großem Bedauern. Sie ist stellvertretende Vorsitzende der Fachgruppe für Chemie-Geschichte in der Gesellschaft Deutscher Chemiker. In ihren Augen hat auch der deutsche Forscher Lothar Meyer großen Anteil an der Entwicklung des Periodensystems Ende des 19. Jahrhunderts. Der ausgebildete Mediziner war sogar fünf Jahre früher dran als sein russischer Kollege Dmitri Mendelejew, dessen Periodensystem 1869 erschien:
"Meyer hat 1864 eine Tabelle veröffentlicht, in der er versucht hat, die Elemente so anzuordnen, dass sie immer steigende Atommasse zeigen. Und hat dann aber versucht, sie auch so anzuordnen, dass chemische Eigenschaften zusammenpassen, so dass also Elemente untereinander zu stehen kamen, die die gleiche Wertigkeit aufwiesen."
Ein Merkmal dafür, mit wie vielen anderen Atomen ein chemisches Element Bindungen eingehen kann:
"Wir finden aber hier noch nicht den Gedanken der Periodizität. Diesen Gedanken, den hat tatsächlich Mendelejew in die Literatur eingeführt"
Mendelejew erkannte, dass sich bestimmte Elemente trotz unterschiedlicher Atommassen chemisch ähnlich verhalten, dass sich also beinahe identische Stoffeigenschaften periodisch unter den Elementen wiederholen. Heute ist es eine Binsenweisheit: Atome ticken immer dann ganz ähnlich, wenn ihre Außenschalen um den Kern dieselbe Anzahl von Elektronen tragen.
Im 19. Jahrhundert nur 63 Elemente bekannt
Mendelejew ahnte davon zwar nichts, denn die Kernbausteine waren damals noch nicht entdeckt. Doch gestützt auf sein Wissen um die Periodizität kündigte er die Entdeckung weiterer Elemente an. Zu einer Zeit, in der laut Gisela Boeck erst 63 von ihnen bekannt waren:
"Heute sind wir bei 118. Da fehlt also noch so Einiges. Und das haben sowohl Meyer als auch Mendelejew gesehen. Man findet Striche in ihren Darstellungen, die quasi für solche Lücken stehen. Mendelejew hat sich mit diesen Lücken etwas genauer auseinandergesetzt und hat dann in einigen Fällen sehr genaue Voraussagen gemacht."
Zum Beispiel sagte er die Existenz von Elementen unterhalb von Aluminium, Silizium und Bor vorher:
"Und das ist eingetreten. Diese drei Elemente sind dann auch tatsächlich zu Lebzeiten von Mendelejew entdeckt worden als Gallium, Scandium und Germanium, das Germanium in Freiberg durch Clemens Winkler. Und zunehmend ist Mendelejew auch zu einer gewissen Ikone geworden. Und diese Ikone hat bis heute überlebt."
Prioritätsstreit zwischen Meyer und Mendelejew
Damals, in den Anfängen, war das Rennen zwischen Meyer und Mendelejew allerdings noch offen. Die Fachgesellschaften debattierten lange Jahre, welchem der beiden Entwürfe für ein Periodensystem man folgen solle:
"Das kann man auch sehr schön in den Berichten der Deutschen Chemischen Gesellschaft nachlesen. Und ich finde es sehr schön, dass die Royal Society den Prioritätsstreit quasi dadurch beendet hat, dass beide die Davy-Medaille erhalten haben. Die Davy-Medaille könnte man als einen gewissen Vorläufer des Nobelpreises sehen."
Doch mit der Zeit verblasste Lothar Meyers Ruhm, er trat immer mehr in den Schatten seines Konkurrenten. Gisela Boeck würde ihn da gerne wieder herausholen. Meyer starb 1895, zuletzt war er Professor für Theoretische Chemie in Tübingen:
"Ich hab' verzweifelt in Tübingen gesucht nach der Wandtafel und nach einem Zylinder, den Lothar Meyer im Unterricht benutzt hat. Existiert leider nicht mehr!"
Sie selbst möchte Meyers Leistungen in Kürze wieder in Erinnerung rufen. In Halle findet Ende des Monats eine Fachtagung zur Geschichte der Chemie statt. Natürlich geht es dort auch um das Periodensystem. Alles werde sich vermutlich wieder um den Superstar Mendelejew drehen:
"Da ich aber diese Session leite, werde ich natürlich Lothar Meyer ins Gespräch bringen."