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Im Streit um Urheberrecht: Vorerst Sieg für Google

Der Justitiar des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Christian Sprang, bedauert die Sicht des Landgerichts Hamburg, dass die Veröffentlichung so gennannter Schnipsel durch Google Books keine Verletzung des Urheberrechts darstellt. Die Kritik an dem Urteil richtet sich auf die Tatsache, dass es so nicht mehr die Entscheidung des Autors sei, ob Teile seines Textes im Internet digitalisiert werden. Man prüfe jetzt den Gang vor den Bundesgerichtshof, sagte Sprang.

Moderation: Karin Fischer |
    Fischer: : Das ist eine wesentliche Vorentscheidung: Die Zivilkammer des Landgerichts Hamburg sieht keine Urheberrechtsverletzung in der Veröffentlichung so genannter "Snippets", also Schnipsel, bei Google Books. Die Wissenschaftliche Buchgesellschaft war vor Gericht gezogen, um eine einstweilige Verfügung gegen Google Books zu erwirken – die sie heute aber wieder zurück zog. Frage an den Justitiar des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Christian Sprang, der die Klage der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft unterstützt hat: Wie beurteilen Sie dieses Ergebnis?

    Sprang: Also wir sind grundsätzlich natürlich enttäuscht darüber. Auf der anderen Seite, es ist kein Ergebnis in Urteilsform, sondern es war die Empfehlung des Gerichts, mit dem Hinweis, dass man in Hamburg nichts gewinnen könnte. Das heißt, wir sind jetzt - und das hat auch das Gericht empfohlen - darauf verwiesen, eine Hauptsacheklage irgendwo anhängig zu machen und uns letztlich vom Bundesgerichtshof sagen zu lassen, ob der die Sache rechtlich anders sieht.

    Fischer: : Und wollen Sie das tun?

    Sprang: Das prüfen wir, aber ich denke schon, dass wir das tun werden. Aber das heißt eben, dass wir keine schnelle Entscheidung bekommen werden in dieser Frage, sondern dass es jetzt doch einige Zeit, wahrscheinlich so mindestens drei, vier Jahre dauern wird, bis wir in Deutschland eine Entscheidung haben. Es ist allerdings auch so, dass in Amerika die Kollegen ja gegen diese Vervielfältigung für diese Bücher von den Bibliotheken auch vorgehen. Und dass das Hamburger Gericht gesagt hat, diese Vervielfältigung sei nach deutschem Gesetz zwar rechtswidrig, aber die fände eben in Amerika statt und deswegen müsste es in den USA verfolgt werden. So dass es also sein kann, dass es durch ein amerikanisches Verfahren dann letztlich zu dem Ergebnis kommt, was wir hier für Deutschland heute erreichen wollten.

    Fischer: : Lassen Sie uns die Sache einmal ein bisschen auseinander klamüsern, Herr Sprang. Die Meldung die mir vorliegt klingt sehr nach Bagatellfall. Die Öffentlichkeit hatte aber immer den Eindruck, dass Google tatsächlich sämtliche Bücher digitalisieren will und online zur Verfügung stellen und eben nicht per Ausschnitt, also Dreizeilen-Kennung, suchbar machen. Können Sie uns erklären, wie das kommt? Im Sinne einer Urheberrechtsklage macht das doch sicher einen wesentlichen Unterschied.

    Sprang: Also wie gesagt, die Vervielfältigung der Bücher ohne Genehmigung der Verlage, die ist nach deutschem Recht rechtswidrig. Aber da hat das Hamburger Gericht -

    Fischer: : Entschuldigung, was heißt Vervielfältigung?

    Sprang: Das heißt, dass man ein Buch scannt, an dem man kein Urheberrecht hat, für einen gewerblichen Zweck. Und Google ist ein gewerbliches Unternehmen und es scannt Bücher, an denen es keine Urheberrechte hat, vervielfältigt diese also. Das geschieht aber in Amerika. Und deswegen hat das Hamburger Gericht gesagt, dafür sind wir hier in Hamburg nicht zuständig, das muss ein amerikanisches Gericht entscheiden.

    Daraufhin hat sich das Hamburger Gericht beschränkt auf die Frage, ob die Zugängigmachung von kleinen Ausrissen, so genannten Snippets, also Schnipseln aus den Büchern, eben für sich gesehen eine Urheberrechtsverletzung ist. Da hatten wir argumentiert, ja, und zwar deshalb, weil ja das ganze Werk da ist und diese Schnipsel theoretisch aus dem ganzen Werk kommen. Das heißt, das ganze Werk wird bereitgehalten, um daraus Schnipsel zu ziehen.

    Das Hamburger Gericht wiederum hat darauf abgestellt, dass eben was angezeigt wird, für sich gesehen in der Regel keine urheberrechtlich schutzfähigen Inhalte sein werden und deswegen geglaubt, dass das eben noch mit dem Urheberrecht vereinbar ist. Wobei ein unmissverständlicher Hinweis an Google ergangen ist, dass man es schon für sinnvoll halten würde, wenn das mit vorheriger Genehmigung der Verlage erfolgen würde. Denn Google sagt jetzt, wenn ein Verlag das nicht möchte, oder ein Autor, dann nimmt man es im Nachhinein heraus. Und das hat das Hamburger Gericht heute als für momentan ausreichend angesehen.

    Fischer: : Man kann ja auch grundsätzlich etwas gegen Suchmaschinen haben: Sie sind keinesfalls objektiv, sie gewinnen zunehmend an Informationsmacht, man kann sie instrumentalisieren. Das hat jeder schon erlebt, der auf der Suche nach einem gewissen Produkt erst einmal zehnmal bei Ebay landet. Geht es denn eigentlich darum, also um die Vormachtstellung etwa eines bestimmten Literaturkanons, des amerikanischen beispielsweise vor dem deutschen oder französischen?

    Sprang: Nein, darum ging es heute nicht. Sondern, grundsätzlich begrüßen wir und begrüßt die Branche sehr, dass Bücher über Suchmaschinen, Internetsuchmaschinen, anzeigbar gemacht werden. Und zwar deshalb, weil es für den Nutzer und denjenigen, der nach Informationen recherchiert, sehr hilfreich ist, wenn er sieht, dass nicht nur das an Information verfügbar ist, was auf Webseiten enthalten ist. Das ist nämlich oft nicht sehr valide und auch nicht sehr gut aufbereitet. Sondern, dass es die selben Informationen in viel besserer Qualität, oder noch andere Informationen in Buchform gibt. Und dass man dadurch sicherlich einen erheblichen Mehrverkauf von Büchern dadurch erreicht, dass in Suchmaschinen im Internet auch Buchinhalte zugänglich gemacht sind. Das ist also keineswegs die Kritik. Und es geht auch nicht darum, dass da nicht nur deutsche Bücher, sondern auch amerikanische oder französische oder etwas angezeigt wird.

    Eher die Kritik ist, dass es eben nicht die Entscheidung dessen mehr ist, der das Buch geschrieben hat, oder des Verlags dem er es anvertraut hat, ob das im Internet digitalisiert wird. Sondern, dass nach der heutigen Entscheidung, zumindest für diese Schnipselanzeige, diese Entscheidung ein kommerzielles Unternehmen, was mit diesen Schnipselanzeigen letztlich Geld verdienen möchte, treffen darf. Das halten wir für verfehlt, denn denken Sie einmal an den Fall, dass jemand einfach nicht will, dass sein Buch digitalisiert wird, dann muss er es nach der heutigen Entscheidung dulden und das finden wir nicht richtig. Denn zum Eigentum - und ein Urheber ist eben ein geistiger Eigentümer - gehört auch, dass man sagen kann, dieses und jenes möchte ich nicht.

    Fischer: : Herzlichen Dank an Christian Sprang, den Justitiar des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, zur Klage gegen "Google-Books".