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Immer noch ein Spektakel

Sie gelten als Enfant terrible der Musikszene: Die slowenische Band Laibach. Ihre Lieder sind brachial, ihre spezielle Ästhetik umstritten, in ihrer Heimat Jugoslawien waren sie teilweise verboten. Nun bringt das britische Mute-Label das Album heraus - eine Einführung in das Werk der Band seit dem Gründungsjahr 1980.

Von Holger Zimmer |
    Die Slowenische Band Laibach ist bekannt für ihren industrial Sound: Keyboardflächen, stampfende Rhythmen, beschwörend-kryptischer Gesang. Laibach stammen aus dem Slowenischen Industrie- und Bergbauort Trbovlje. Anfang der 80er-Jahre haben ein paar Jungs in der dortigen Zementfabrik gearbeitet und sich zu einer Band zusammengefunden. Ihr Klang hat viel mit ihrer Herkunft zu tun, erläutert Dejan Knez, Gründungsmitglied von Laibach:

    "Wir haben bald gemerkt, dass wir gemeinsame Interessen haben: Kunst, Musik und Provokation. Wir haben sofort Skandale produziert. Wir hatten all das Wissen über Kunst und wussten: In Trbovlje müssen wir das Projekt starten. Hier in Trbovlje haben wir unsere musikalische Sprache gefunden, hier gibt es so viel Fabriken, und die industrielle Umgebung hat uns beeinflusst."

    Schon vor ihrem ersten Auftritt sorgen Laibach für einen Skandal: Als Ankündigung haben sie über Nacht Plakate aufgehängt: Fette schwarze Kreuze und der Schriftzug Laibach – eine Provokation für die slowenischen Autoritäten. Ihre Konzerte werden aufgelöst, Laibach bekommen Auftrittsverbot, ihre erste Platte können sie erst fünf Jahre nach ihrer Gründung veröffentlichen.

    Laibachs Image spielt mit dem Proletkult des jugoslawischen Staates und mit der Symbolik des Faschismus, die sie martialisch überzeichnen – sie nennen ihr Spiel mit totalitären Stilmitteln "Hyper-Identifikation". Darin steckt ein Augenzwinkern, das allerdings nicht immer sofort ersichtlich ist.

    "In Jugoslawien war das ein großes Tabu, in den 80ern waren viele Leute allergisch gegen alles, was im 2. Weltkrieg passiert war. Auch in Deutschland – wir hatten auch Schwierigkeiten hier. Natürlich war das ein großer Skandal, deutsche Namen und Nazikunst zu verwenden. Aber wir wollten nicht nur provozieren, sondern auch die versteckten Dinge der Geschichte wiederentdecken."

    Wichtig bei Laibach schon seit ihren Anfängen ist das Image – das Konzept. Laibach – das ist keine bloße Band, Laibach ist eine heterogene Gruppe, die ein Gesamtkunstwerk erschaffen will: Neue slowenische Kunst. Auch dabei benutzen sie die Symbole totalitärer Systeme - und verbiegen sie.
    Subversion als Mittel. Bei einem Plakatwettbewerb zu Titos Geburtstag gewinnen sie den ersten Preis – mit einem Motiv der Nazis – wieder ein Skandal. Während des Zerfalls Jugoslawiens kommentieren Laibach den grassierenden Nationalismus mit auf die Spitze getriebener Rhetorik. Und sie gründen einen eigenen Staat. Alexei Monroe, britischer Laibach-Biograf:

    "Laibach haben die Idee eines eigenen Staates schon seit Anfang der 80er benutzt. Sie haben ein Image projiziert, das totalitärer und bürokratischer war, als der eigentliche jugoslawische Staat. Damit haben sie ihn lächerlich gemacht, ihn verkleinert."

    Die vom fiktiven Staat NSK herausgegebenen Diplomatenpässe erweisen sich jedoch als äußerst nützlich. Als Sarajevo belagert wird, gelingt es einigen Freunden der Band , mit den falschen Pässen aus der Stadt auszureisen. Die über-symbloische Kunst-Politik von Laibach hat also auch eine reale Wirkung.

    Nach vielen Jahren als Störfaktor sind Laibach heute etabliert. Sie haben die Musik zum Film "Iron Sky" komponiert, sind Bestandteil des Kunstmarktes genau so wie der Musikszene. Bei Empfängen werden sie von slowenischen Diplomaten als Botschafter des Landes vorgestellt, und im Frühjahr hat die Londoner Tate Modern eine große Retrospektive mit Konzert ausgerichtet. Laibach – das ist kein Aufreger mehr - Aber immer noch ein Spektakel.