Im Golf von Mexiko ist die Havarie der Deepwater Horizon weit davon entfernt, Geschichte zu sein. Niemand kann sagen, wann das Ölleck endgültig gestopft sein wird. Und während das Desaster läuft, geht anderswo das Bohren weiter:
"Die aufwendigste Bohrung, die es zur Zeit gibt, ist vor Brasilien. Da wird in 2000 Metern Wassertiefe noch einmal 5000 Meter tief in den Untergrund gebohrt. Das ist auch die teuerste, die wir haben, weltweit im offshore-Bereich. Aber das kostet trotz alledem nur ungefähr zehn Dollar pro Barrel, das Öl dort zu produzieren, und verkauft wird es eben für 70 Dollar pro Barrel",
erklärt Klaus Wallmann vom IFM Geomar in Kiel. Weil die leicht zu erreichenden Ölfelder schon lange ausgebeutet werden, heißt das Motto heute: tiefer, ferner, komplizierter und teurer. Wer noch große Erdölreservoirs finden will, muss weit vor der Küste bohren. So wirbt der brasilianische Ölkonzern Petrobras mit glücklichen Delfinen für seine Arbeit und verkündet den Start der Erschließung von riesigen Ölvorkommen in der Tiefsee:
"Wenn das Öl Brasilien gehört, wollen wir auch, dass 190 Millionen Brasilianer vom Ölgeld profitieren. Wir haben die Technologie und - so Gott will - werden wir nicht erlauben, dass so etwas hier passiert",
hoffte Brasiliens Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva. Allerdings ist seit der Anhörung der Konzerne vor dem US-Repräsentantenhauses klar, dass zumindest keines der in den USA tätigen Unternehmen bei Havarien die Lage schnell unter Kontrolle bringen kann. So ist in deutschen Talkshows Erdöl ein Reizwort. Ein Moratorium wird gefordert - auch für die Nordsee. Umweltminister Norbert Röttgen bei Maybrit Illner:
"Aber ich würde sogar darüber hinaus sagen, dass wir überprüfen müssen, gehen wir zu viel Risiko ein, müssen wir Systeme verändern, müssen wir verbessern, darum glaube ich, ist ein Moratorium, eine Überprüfung, eine Pause für neue Bohrungen, ein Schritt, von dem ich noch nicht sehe, dass ihn andere Staaten mitmachen, aber es ist wieder eine Aktion, von der ich glaube, dass Deutschland eine solche Initiative im Rahmen eines bestehenden völkerrechtlichen Vertrages unternehmen sollte."
Inzwischen findet mehr als ein Fünftel der weltweiten Ölförderung auf See statt – Tendenz: steigend. Das meiste Offshore-Öl kommt aus Flachwassern wie der Nordsee, der Anteil aus Tiefen von mehr als 400 Metern beträgt noch wenige Prozent. Tendenz: steigend. Die Technik an sich sei dabei sicher, erklärt Wilhelm Dominik, Erdölgeologe von der TU Berlin:
"Die Explorationstechnologie und die Produktionstechnologie ist sehr, sehr weit fortgeschritten. Sie ist auch sicher, wir können von 99.99 Prozent Sicherheiten da sprechen. Die Explorationsbohrungen bringt man gut runter und auch die Produktionsbohrungen sind überhaupt kein Problem. Man hat vergessen, die Havarietechnologie zu entwickeln für den Schadensfall."
Deshalb ist er bei Bohrungen in mehreren hundert Metern Wassertiefe für ein internationales Moratorium: Es soll Zeit geben, die Sicherheitslücken zu schließen. Das sieht die Energieökonomin Claudia Kemfert vom DIW anders. Der Grund: Die globale Ölnachfrage soll im kommenden Jahrzehnt von heute 85 Millionen Barrel auf 100 Millionen Barrel pro Tag steigen. Gleichzeitig gehen herkömmliche Felder zur Neige. Gleichzeitig braucht die Weltwirtschaft Öl und zwar möglichst billig, vor allem der Westen. Auch die Erdölindustrie hält nichts von einem Bohrstopp, hat jedoch verkündet, gemeinsam die notwendige Havarietechnik entwickeln zu wollen. Übrigens auf Grundlage der Erfahrungen, die bei der Havarie der Deepwater-Horizon gemacht werden, denn das war der erste Unfall in 20 Jahren.
Auch mit der besten Technik wird immer ein Risiko bleiben. Darauf macht der Ingenieur Matthias Reich von der Technischen Universität Freiberg aufmerksam. Die Gesellschaft müsse sich vielmehr fragen, wie viel Sicherheit sie wolle:
"Denn mehr Sicherheitsvorkehrungen ist natürlich auch ein höherer Preis, und während die Leute einerseits sich über die Ölkatastrophe zurecht beschweren und sagen, wie kann so etwas passieren, können sie auch in der Ferienzeit sofort in der Zeitung lesen, das Benzin ist schon wieder um zwei Cent teurer geworden. Und das ist eben eine Sache, die passt nicht zusammen. Entweder will man billige Energie, oder man will hundertprozentige Sicherheit."
Das Beispiel Brasilien zeigt: Solange die Energiewende nicht geschafft ist, wird das Tiefseeöl wohl gefördert werden. Die Ölmultis sind unterwegs. Vor Angola, Westafrika, Indonesien, Westgrönland oder den Falkland-Inseln. BP ist auch dabei: Ab August wird man vor Libyens Küste 1734 Meter unter der Wasseroberfläche nach Öl bohren – rund 200 Meter tiefer als bei der Deepwater Horizon.
"Die aufwendigste Bohrung, die es zur Zeit gibt, ist vor Brasilien. Da wird in 2000 Metern Wassertiefe noch einmal 5000 Meter tief in den Untergrund gebohrt. Das ist auch die teuerste, die wir haben, weltweit im offshore-Bereich. Aber das kostet trotz alledem nur ungefähr zehn Dollar pro Barrel, das Öl dort zu produzieren, und verkauft wird es eben für 70 Dollar pro Barrel",
erklärt Klaus Wallmann vom IFM Geomar in Kiel. Weil die leicht zu erreichenden Ölfelder schon lange ausgebeutet werden, heißt das Motto heute: tiefer, ferner, komplizierter und teurer. Wer noch große Erdölreservoirs finden will, muss weit vor der Küste bohren. So wirbt der brasilianische Ölkonzern Petrobras mit glücklichen Delfinen für seine Arbeit und verkündet den Start der Erschließung von riesigen Ölvorkommen in der Tiefsee:
"Wenn das Öl Brasilien gehört, wollen wir auch, dass 190 Millionen Brasilianer vom Ölgeld profitieren. Wir haben die Technologie und - so Gott will - werden wir nicht erlauben, dass so etwas hier passiert",
hoffte Brasiliens Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva. Allerdings ist seit der Anhörung der Konzerne vor dem US-Repräsentantenhauses klar, dass zumindest keines der in den USA tätigen Unternehmen bei Havarien die Lage schnell unter Kontrolle bringen kann. So ist in deutschen Talkshows Erdöl ein Reizwort. Ein Moratorium wird gefordert - auch für die Nordsee. Umweltminister Norbert Röttgen bei Maybrit Illner:
"Aber ich würde sogar darüber hinaus sagen, dass wir überprüfen müssen, gehen wir zu viel Risiko ein, müssen wir Systeme verändern, müssen wir verbessern, darum glaube ich, ist ein Moratorium, eine Überprüfung, eine Pause für neue Bohrungen, ein Schritt, von dem ich noch nicht sehe, dass ihn andere Staaten mitmachen, aber es ist wieder eine Aktion, von der ich glaube, dass Deutschland eine solche Initiative im Rahmen eines bestehenden völkerrechtlichen Vertrages unternehmen sollte."
Inzwischen findet mehr als ein Fünftel der weltweiten Ölförderung auf See statt – Tendenz: steigend. Das meiste Offshore-Öl kommt aus Flachwassern wie der Nordsee, der Anteil aus Tiefen von mehr als 400 Metern beträgt noch wenige Prozent. Tendenz: steigend. Die Technik an sich sei dabei sicher, erklärt Wilhelm Dominik, Erdölgeologe von der TU Berlin:
"Die Explorationstechnologie und die Produktionstechnologie ist sehr, sehr weit fortgeschritten. Sie ist auch sicher, wir können von 99.99 Prozent Sicherheiten da sprechen. Die Explorationsbohrungen bringt man gut runter und auch die Produktionsbohrungen sind überhaupt kein Problem. Man hat vergessen, die Havarietechnologie zu entwickeln für den Schadensfall."
Deshalb ist er bei Bohrungen in mehreren hundert Metern Wassertiefe für ein internationales Moratorium: Es soll Zeit geben, die Sicherheitslücken zu schließen. Das sieht die Energieökonomin Claudia Kemfert vom DIW anders. Der Grund: Die globale Ölnachfrage soll im kommenden Jahrzehnt von heute 85 Millionen Barrel auf 100 Millionen Barrel pro Tag steigen. Gleichzeitig gehen herkömmliche Felder zur Neige. Gleichzeitig braucht die Weltwirtschaft Öl und zwar möglichst billig, vor allem der Westen. Auch die Erdölindustrie hält nichts von einem Bohrstopp, hat jedoch verkündet, gemeinsam die notwendige Havarietechnik entwickeln zu wollen. Übrigens auf Grundlage der Erfahrungen, die bei der Havarie der Deepwater-Horizon gemacht werden, denn das war der erste Unfall in 20 Jahren.
Auch mit der besten Technik wird immer ein Risiko bleiben. Darauf macht der Ingenieur Matthias Reich von der Technischen Universität Freiberg aufmerksam. Die Gesellschaft müsse sich vielmehr fragen, wie viel Sicherheit sie wolle:
"Denn mehr Sicherheitsvorkehrungen ist natürlich auch ein höherer Preis, und während die Leute einerseits sich über die Ölkatastrophe zurecht beschweren und sagen, wie kann so etwas passieren, können sie auch in der Ferienzeit sofort in der Zeitung lesen, das Benzin ist schon wieder um zwei Cent teurer geworden. Und das ist eben eine Sache, die passt nicht zusammen. Entweder will man billige Energie, oder man will hundertprozentige Sicherheit."
Das Beispiel Brasilien zeigt: Solange die Energiewende nicht geschafft ist, wird das Tiefseeöl wohl gefördert werden. Die Ölmultis sind unterwegs. Vor Angola, Westafrika, Indonesien, Westgrönland oder den Falkland-Inseln. BP ist auch dabei: Ab August wird man vor Libyens Küste 1734 Meter unter der Wasseroberfläche nach Öl bohren – rund 200 Meter tiefer als bei der Deepwater Horizon.