Lokales Privatfernsehen: Das sind Heimatdebatten, Übertragungen aus den Kreistagen und Nachrichten auch aus den Vororten. Wie lange es diese Art der Berichterstattung noch geben wird, ist fraglich. Denn die Sender sind latent unterfinanziert und stoßen an ihre Grenzen. Mike Langer, Geschäftsführer des ostthüringischen Lokalsenders tv.altenburg, beschreibt das Problem:
"Wir kommen jetzt an den Punkt, dass wir wissen, dass der lokale Werbemarkt quasi wegbricht, in Zeiten der Globalisierung, und insofern die Finanzgrundlage für das lokale Fernsehen, aber letztlich auch für die lokale Zeitung weg ist."
Neues Gesetz ermöglicht öffentliche Förderung
Die Lage ist ernst: Lange schon fordern die Kleinstsender eine finanzielle Förderung ihrer Inhalte durch die Politik. Geld gab es bisher nur für den teuren Umstieg in digitale Verbreitungswege. Öffentliche Gelder für Privatsender widersprechen nämlich dem deutschen Mediensystem: Staat und freie Wirtschaft sollten der Staatsferne wegen strikt getrennt bleiben.
Doch zumindest in Berlin-Brandenburg will man dem Sterben der Lokalsender nun nicht länger zuschauen. Seit Anfang Oktober gibt es neue Möglichkeiten, erklärt Anja Zimmer, Direktorin der Landesmedienanstalt Berlin-Brandenburg:
"Wir haben jetzt ein neues Gesetz in Berlin-Brandenburg, den neuen Medienstaatsvertrag, der erlaubt in §8 Nummer 12, wenn Sie es ganz genau wissen wollen, dass wir künftig lokaljournalistische Programminhalte fördern. Allerdings mit einer Einschränkung: wenn wir dafür Geld aus den Haushalten der Länder Berlin oder Brandenburg bekommen."
Lokalfernsehen nicht mehr flächendeckend
Mit anderen Worten: Staatsmittel. Und das Land Brandenburg hat diese bereits in Aussicht gestellt. Damit betrete man "Neuland", wie Thomas Kralinski, Bevollmächtigter des Landes Brandenburg beim Bund und Beauftragter für Medien und Internationale Beziehungen, sagt:
"Zum einen versuchen wir es ja staatsfern zu organisieren, deswegen eben die wichtige Rolle des Medienrates und der Medienanstalt. Zum anderen hat sich ein bisschen die Erkenntnis durchgesetzt, dass es eben ganz viele Ereignisse gibt, auch auf lokaler Ebene, die sich medial nur noch schwer darstellen, darbieten. Wir haben jetzt in Brandenburg Regionen, wo es eben kein lokales Fernsehen gibt, wo es keinen lokalen Rundfunk gibt, und da sieht man schon, dass es da ein gewisses Defizit gibt und vielleicht können wir einen Beitrag dazu leisten, damit das eben weniger wird."
Landesmedienanstalten fordern Neuregelung
Defizite, die man nicht nur in Brandenburg kennt. Auch Thüringen prüft gerade einen ähnlichen Vorstoß. So rufen die fünf ostdeutschen Landesmedienanstalten in einer so genannten "Potsdamer Erklärung" ihre Landtage und Regierungen zu einer Änderung des Rundfunkstaatsvertrages auf. Im Detail geht es da um §40. Dieser Paragraf lässt aktuell keine Förderung von kommerziellen Anbietern zu.
Eine bundesweit einheitliche Regelung wünscht sich auch der Bundesverband Lokalfernsehen BLTV. Und vor allem schnell sollte sie kommen, denn mit RheinNeckarFernsehen hat bereits der nächste Sender sein Aus angekündigt. Auch andere Veranstalter würden ohne Förderung nicht mehr lange durchhalten, sagt René Falkner, Vorstandsvorsitzender bei BLTV:
"Die Förderung schließt eine Lücke, eine wichtige Lücke. Und zwar lassen sich viele Inhalte, die die Lokalsender machen, zum Beispiel auch mal exotische Dinge wie Gottesdienste übertragen oder auch Wahlberichterstattung, nicht vermarkten. Für solche Events ist eine Förderung sehr wichtig, aber auch für das klassische Nachrichtengeschäft, weil man in vielen Fällen mit Politik heue keine Reichweite erzielen kann. Aber politische Kommunikation ist extrem wichtig. Man sieht's heute an den Wahlen."
Österreich und Schweiz als Vorbilder
Die Vorlagen für das neue Konzept kommen nicht von ungefähr, sondern aus dem nahen Ausland. Die Schweiz finanziert das kommerzielle Lokalfernsehen aus Mitteln der Billag, also dem Beitrag für die öffentlich-rechtliche SRG. In Österreich stützt die Medienbehörde RTR die Infosendungen ihrer Kleinstanbieter allein in diesem Jahr mit über drei Millionen Euro.
Eine Besonderheit in Deutschland nimmt Bayern ein. Dort veranstaltet die Medienbehörde BLM den Lokalfunk selbst, beleiht die einzelnen Sender mit der Durchführung der Programme. Entsprechend gut stehen die Sender da.
Das kleine OTV in der Oberpfalz erreicht in seiner Hauptsendezeit laut Funkanalyse 2018 einen Marktanteil von über 18 Prozent, liegt damit in seinem Sendegebiet vor ARD und ZDF auf Platz 1.
Mögliche Förderung auch aus Rundfunkbeiträgen
In Sachsen-Anhalt kann sich Ministerpräsident Reiner Haseloff aber noch ein ganz anderes Modell vorstellen, nämlich die Finanzierung des Lokalfernsehens aus Mitteln des Rundfunkbeitrages, der eigentlich nur ARD, ZDF und Deutschlandradio zusteht. Martin Heine, Direktor der Medienanstalt Sachsen-Anhalt, unterstützt die Forderung seines Ministerpräsidenten:
"Ich halte das für eine nachvollziehbare und richtige Forderung, weil ja unsere öffentlich-rechtlichen Veranstalter den lokalen Bereich nicht abdecken können und wir sehen zunehmend, dass auch die Zeitungslandschaft ausdünnt und die lokale Berichterstattung da verflacht. Wir müssen gegensteuern, natürlich im Gleichklang aller Medien, aber Lokal-TV ist ein ganz relevanter Informant hier im lokalen Bereich und muss unterstützt werden."
Andere Ministerpräsidenten äußerten sich dazu bisher noch nicht. Dafür tun das andere. Die ProSiebenSat.1 AG zum Beispiel: Auch sie will diesen Stein ins Rollen bringen und mittelfristig Nachrichteninhalte durch einen Anteil am Rundfunkbeitrag gefördert sehen.