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Immer wieder frisches Material

Weltweit stellen einige Tausend botanische Gärten ihre Pflanzen zur Schau, darunter auch exotische Arten aus fernen Ländern. Die Gärten arbeiten international eng zusammen, tauschen Samen aus und achten dabei auch darauf, dass keine Pflanzenkrankheiten verschleppt werden. Ein Beispiel für die Kooperation sind die Botanischen Gärten der Uni Bonn.

Von Daniela Knoll |
    Im Gewächshaus der Botanischen Gärten der Universität Bonn. Die Gärtnermeisterin Anett Krämer zeigt auf eine Pflanze mit einem maiskolbengroßen Blütenstand -verästelt wie eine Klobürste. Zwischen den vielen länglichen Blütenblättern liegen haselnussgroße Samen.

    "Das ist die Banksia - Banksia serrata. Eine Familie der Proteaceaen, die in Australien vorkommt. Und an diesen Samen kommt man halt ganz schwierig dran. Die Pflanze selber wie gesagt stammt ursprünglich aus australischen Gegenden und ist bei uns in der Kalthaussammlung aufbewahrt. Und dieser Samen hat halt das Besondere, dass er erst zuerst ‚mal erhitzt werden muss, also Feuer brauch', dass er sich verbreiten kann."

    Die Banksia - auch bekannt als Feuerbaum - kann die reifen Samen über viele Jahre hinweg gut verschlossen aufbewahren. Erst beim Brand im australischen Busch platzen die Samenschalen auf und fallen zu Boden, wo sie neue Wurzeln ausbilden.

    Um jedoch in den Bonner Gärten per Hand an das Saatgut heranzukommen, wandern die Blütenstände in den heißen Ofen oder auf den Grill. Die Ernte der Samen wird jedes Jahr im Sommer durchgeführt.
    Die Einrichtung in Bonn koordiniert den weltweiten Austausch von Pflanzensaat zwischen den botanischen Gärten.

    Der Austausch ist beispielsweise wichtig für die Arterhaltung oder schützt die Pflanzen vor Erbschäden durch Inzucht. Der Kustos der Bonner Gärten, Dr. Wolfram Lobin:

    "Also einfach mal wieder frisches Material. Das ist immer gut und das ist also eine wichtige Triebkraft eben für den Austausch."

    Doch einige Restriktionen erschweren den Austausch zwischen den botanischen Gärten mitunter.

    Sie orientieren sich dabei am "Übereinkommen über die biologische Vielfalt" - kurz CBD - sowie an Gesetzen, die den Zugang zu Pflanzenmaterial regeln - also Blüten, Wurzeln oder eben Samen.

    Die Artenvielfalt in den Gärten zu erhalten, wird durch diese Konventionen mitunter erschwert. Andererseits werden seltene Arten vor dem Aussterben oder vor Inzucht geschützt. Besonders kompliziert wird es, wenn man pflanzliches Material mit Ländern in der EU tauschen möchte. Zu hoch sei dabei die Ansteckungsgefahr für manche einheimische Arten, meint Lobin:

    "Dass bestimmte Pflanzen innerhalb der EU gar nicht verschickt werden dürfen, weil sie infektiös sein könnten. Da gehören also manche Schmetterlingsblütler dazu. Da gibt es also sozusagen Pflanzenschutzauflagen, die man beachten muss."

    "Grundsätzlich ist das Verschicken von Saatgut zwischen botanischen Gärten leichter oder vereinfachter, als wenn man lebende Pflanzen sich besorgen möchte und nicht in einem botanischen Garten arbeitet."


    Die Institutionen stehen in engem wissenschaftlichem Austausch. Die meisten dieser Gärten führen eine sogenannte Samenaustauschliste - den Index Seminum. Der erste Samenkatalog der Botanischen Gärten in Bonn stammt aus dem Jahr 1831. Die Gärten sind rund 400 Jahre alt und gehören somit zu den Ältesten der Welt. Doch erst mit der Gründung der Universität 1818 wurde daraus ein wissenschaftlicher Garten. Wie der kostenfreie Samenaustausch funktioniert, erklärt Lobin:

    "Und bei uns ist das eben ein weltweites Netz. Also ich tausche nicht mit Rio de Janeiro eins zu eins. Sondern die bestellen was bei uns und wir vielleicht nichts bei denen. Also es ist einfach ein weltweites Verbundsystem, was in sich dann funktioniert und wo wir alle dann davon profitieren."

    Bonn bietet über 1000 verschiedene Pflanzensamen zum Tausch. Im letzten Jahr verschickten sie davon mehrere Hundert Samenproben weltweit.

    Doch bevor sie verschickt werden können, müssen die Samen der letzten Saison zunächst gesammelt und aufbereitet werden.

    Die Gärtnermeisterin Anett Krämer demonstriert, wie sie die Samen aus den Blütenständen heraus bekommt. Sie sitzt an einem massiven Holztisch, auf dem ein Stück Zeitungspapier liegt. Durch ein großes Sieb reibt sie gerade eine maiskolbengroße traubige getrocknete Blüte der Steppenkerze.

    "Und man sieht jetzt schon. Der Samen zerfällt. Und hier drunter auf der Zeitung liegt dann schwarzer kleiner Samen, den man jetzt wieder in nächsten Schritten weiter runter sieben müssen oder auch schlagen müssen, dass wir dann nur noch das reine Samenkorn vor uns haben."

    Gereinigt und verpackt treten die Samen nun ihre weite Reise an: zu einem anderen botanischen Garten.