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Wien kämpft für seinen sozialen Wohnungsbau

Die Stadt Wien setzt seit Jahrzehnten auf soziales Wohnen. Das sogenannte Wiener Modell ist international anerkannt, eine Erfolgsgeschichte vom gerechten Wohnen. Doch jetzt kommt Gegenwind aus Brüssel: Die EU wirft der Stadt Wettbewerbsverzerrung vor.

Von Karla Engelhard |
    Der Berliner SPD-Fraktionschef Raed Saleh (r) und Berlins SPD-Vorsitzender Jan Stöß (l) besuchen am 08.05.2013 einen Gemeindebau im 3. Bezirk in Wien. Saleh und Stöß informierten sich uber den sozialen Wohnungsbau in der österreichischen Hauptstadt Wien
    Das "Wiener Modell" gilt als internationales Leuchtturmprojekt, für das sich auch Politiker aus anderen Ländern interessieren. (picture alliance / dpa / Herbert Pfarrhofer)
    Michael und Victoria sind ein junges Wiener Paar. Sie studieren gemeinsam Tourismusmanagement und wollen zusammenziehen. Seit Monaten hat Michael im Internet bezahlbare Wohnungen gesucht:
    "Ich sage mal, dass Angebot ist schon ziemlich groß. Ich glaube, dass es überdurchschnittlich viele freie Wohnungen gibt. Preislich ist es sehr durchwachsen, Privatmiete würde für uns im Moment nicht in Frage kommen, weil es dann deutlich die zehn Euro pro Quadratmeter, das ist einfach nicht zu leisten bei 50 Quadratmetern momentan, aber so über Genossenschaften und dergleichen gibt es durchaus immer wieder super Liegenschaften."
    Zwei Drittel der Wiener leben in geförderten Wohnungen
    Die Auswahl ist groß. Der Stadt Wien gehören heute 220.000 Wohnungen, 200.000 weitere hat sie finanziell gefördert. Die meisten gehören den vielen Genossenschaften. Insgesamt leben von den 1,8 Millionen Wienerinnen und Wiener zwei Drittel in einer geförderten oder Gemeindewohnung. Mehr als 600 Millionen Euro hat die Stadt Wien, die zugleich auch ein Bundesland ist, pro Jahr dafür bereitgestellt. In Deutschland gibt nicht mal der Bund so viel Geld fürs Wohnen aus. Der Wiener Stadtrat für Wohnen, Wohnungsbau und Stadterneuerung Michael Ludwig ist nicht ohne Grund stolz auf das "Wiener Modell":
    "Ich glaube das Geheimnis ist, dass es keine politischen Zäsuren gegeben hat, wenn man die Zeit des Faschismus absieht. Es hat eine kontinuierlich sozialdemokratisch geprägte Wohnbaupolitik gegeben, mit dem besonderen Schwerpunkt kostengünstige Wohnungen anzubieten und auch die soziale Mischung im Auge zu behalten."
    Private Wohnungen kosten mehr als das Zehnfache
    Als deutsche Städte, wie Berlin und Dresden, aus Geldnot ihre kommunalen Wohnungen verkauften, bewahrte die Stadt Wien ihren Bestand. Wohnungsnot oder heruntergewirtschaftete Wohnviertel, kennt die Donaumetropole nicht, weil die Mischung stimmt:
    "Die Adresse soll nicht Auskunft geben, was wer verdient, was man sich leisten kann und da gibt es durchaus Beispiele in anderen europäischen Städten, die für mich nicht nachahmenswert sind."
    Die Mieten pro Quadratmeter in Gemeinde- oder Genossenschaftsbauten liegen zwischen drei bis zehn Euro. Auf dem privaten Wohnungsmarkt zahlt man das Zehnfache oder mehr. Michael und Viktoria können Ende September in ihr erstes gemeinsames Heim einziehen:
    "Eine Zweizimmerwohnung in einem schönen Gebäude, schön renoviert, die Kosten liegen auf jeden Fall unter zehn Euro pro Quadratmeter, das war für uns ein Kriterium und es sind ein paar angenehme Nebeneffekte, es ist ein Balkon noch dabei und das war dann ausschlaggebend, dass wir uns für diese Wohnung entschieden haben."
    Europäische Union wirft Wien Wettbewerbsverzerrung vor
    Geringe Mieten für die Mehrheit und ein restriktives, aber reformbedürftiges, Mietrecht wirken in Wien beruhigend auf den privaten Wohn- und Immobilienmarkt. Doch die Europäische Union wittert Wettbewerbsverzerrung. Für die Wiener Stadtverantwortlichen ist bezahlbares Wohnen ein Grundrecht, das sie verteidigen wollen. Dabei sind sie nicht allein: Die kämpferische Wiener Resolution an die EU-Wettbewerbskommission haben bisher dreißig Städte aus ganz Europa mitunterzeichnet - von Amsterdam bis Zagreb.