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Immobilienmarkt
Kloster zu verkaufen

Die Zahl der Ordensleute geht in Deutschland stark zurück, viele Gemeinschaften können die großen Klostergebäude nicht mehr bewirtschaften und entschließen sich zum Verkauf. Firmen wie Pro Secur haben sich darauf spezialisiert. Wie vermarktet man solche Immobilien?

Von Gabriele Höfling |
Schwester Maria Monheim im Speisesaal des ehemaligen Klosters Calvarienberg
Schwester Maria Monheim im Speisesaal des ehemaligen Klosters Calvarienberg (Deutschlandradio/ Gabriele Höfling)
Wenn Schwester Maria Monheim durch das ehemalige Kloster Calvarienberg im rheinland-pfälzischen Städtchen Bad Neuenahr-Ahrweiler geht, dann fällt ihr an jeder Ecke eine Anekdote ein. Denn das Ordenshaus war fast sieben Jahrzehnte ihr Zuhause. Doch vor zwei Jahren musste die heute 80jährige Generaloberin der Ursulinen nochmal ganz von vorn anfangen. Der Orden gab das große Mutterhaus in Ahrweiler auf und zog in deutlich kleinere Räumlichkeiten nach Trier. Viel zu groß war das alt-ehrwürdige Anwesen für die wenigen noch verbliebenen Schwestern geworden. Schwester Maria wird nostalgisch, wenn sie durch die verlassenen Räume geht. Sie erinnert sich an die Zeit im Internat:
"So, das hier ist der ehemalige Kinderspeisesaal, und als ich hierherkam als Kind – das war 1949 – waren wir 150 Interne. Wir waren hier alle an langen Tischen untergebracht. Der Raum ist insofern besonders schön als diese hohen Fenster ja aussehen wie Kirchenfenster. Und von außen denkt auch mancher, hier wär ne Kapelle dahinter. Und es gibt ne ganze Reihe, die scharf sind, hier zu heiraten."
"Es muss immer eine Idee dahinter sein"
Herrschaftlich liegt das Kloster Calvarienberg auf einem Hügel am Rande von Ahrweiler. Kirche, Kapelle, Musikhaus und Internatstrakt der früheren Klosterschule erzählen davon, wie das Kloster über Jahrhunderte gewachsen ist. Vom Kloster aus blickt man auf das Ahrtal, das bei Ausflüglern beliebt und für seine guten Rotweine bekannt ist. Eigentlich – so könnte man meinen - ein idealer Ort für einen Investor. Doch obwohl sich die Ursulinen schweren Herzens entschlossen haben, sich von dem Haus zu trennen: Noch wartet es auf einen Käufer. Denn so ein Verkauf ist ein komplizierter Prozess, weiß Ralf Olbrück. Sein Unternehmen Pro Secur hat sich darauf spezialisiert, für Orden nach Käufern für aufgegebene Klöster zu suchen.
"Es gibt diesen dummen Immobilienspruch: Eine Immobilie ist immer das wert, was ein Käufer bereit ist zu zahlen. Und das gilt für Immobilien wie hier, aber auch für Klöster insgesamt. Es muss immer eine Idee dahinter sein. Niemand oder ganz, ganz selten kauft jemand, weil er sich in ein Gemäuer verliebt hat, sondern meistens möchte er, wenn nicht Geld verdienen, doch wenigstens plus minus 0 dabei herauskommen."
30 Jahre schon ist Olbrück im Geschäft – und in dieser Zeit hat er Klöster im Wert von 120 Millionen Euro verkauft. Noch immer ist das Auftragsheft prall gefüllt: Viele Orden sind in einer Krise. Die Gemeinschaften werden kleiner, die verbliebenen Mitglieder können die historischen, oft denkmalgeschützten Gebäude nicht mehr halten. Laut der deutschen Ordensobernkonferenz hat sich die Zahl der Mitglieder in den Frauenorden allein zwischen 1997 und 2017 halbiert. Bei den Ursulinen von Ahrweiler gab es zu Spitzenzeiten mehrere Hundert Ordensfrauen, heute sind es noch rund 30. Schwester Maria:
Ein Stück Heimat
"Wir bedauern das alle sehr. Aber wissen Sie, was gut ist bei der ganzen Sache, dass niemand murrt. Wir haben alle eingesehen: es geht nicht mehr. Wir hatten hier zum Schluss an die 40 Angestellten. Wer soll das denn bezahlen?"
Doch der Entschluss wurde nicht von heute auf morgen gefasst. Schwester Maria:
"Die Vernunft sagt einem: Es muss sein. Aber das Gefühl sagt halt noch was anderes. Es sagt, es ist sehr schwer, hier raus zu gehen. Wir waren so viele Jahre hier und es ist unsere Heimat, unser Mutterhaus. Und das ist……ja, ich weiß gar nicht, wie ich das sagen soll. Das ist einfach Heimat für uns alle gewesen."
Auch anderen Orden, die ihre Häuser aufgeben müssen, fällt es schwer, sich dieser Situation zu stellen. Bisweilen stoßen sie den Verkaufsprozess erst dann an, wenn die finanzielle Not schon übergroß ist. Makler Ralf Olbrück:
"In aller der Regel ist es so, dass die Ordensgemeinschaften zu gegebener Zeit – manchmal muss ich sagen ein bisschen zu spät, da wünschten wir uns das lieber etwas früher – auf uns zukommen und wir gehen dann eben entsprechend vor."
Etwa drei Jahre, so schätzt Olbrück, dauert es durchschnittlich, ein Kloster zu verkaufen. Potentielle Interessenten gibt es viele:
"Den typischen Käufer, den gibt es eigentlich nicht. Es kommt auf die Lage des Klosters an, wie gut oder weniger gut ich ein Kloster umbauen kann. Ansonsten versuchen wir eigentlich immer caritative Trägerschaften hier hin zu bekommen oder zumindest etwas caritative Arbeit hierher zu bekommen, aber das geht querbeet. Wir haben schon Klöster gehabt, da sind reine Wohnmobilien draus geworden, wir haben Klöster gehabt, das ist eine Reha-Klinik geworden von einem Schönheitschirurgen – also die Palette ist ganz breit."
"Litfasssäule des lieben Gottes"
Das Unternehmen "Schleiff Denkmalentwicklung" aus Aachen hat schon mehrere Klöster gekauft und für eine neue Nutzung hergerichtet. Laut Geschäftsführer Georg Wilms kommen sie dabei gar nicht darum herum, die Vergangenheit des Gebäudes mit einzubeziehen:
"Mir hat mal ein Denkmalpfleger gesagt, wissen Sie Herr Wilms, auch wenns entwidmet ist, es bleibt eine Litfasssäule des lieben Gottes und für die meisten Anwohner ist es eben so, es ist eine Landmark. Und für die ist es wichtig, dass das im Stadtbild erhalten bleibt."
Ohnehin, sagt Wilms, schreiben viele kirchliche Verkäufer in den Verträgen fest, dass in dem Gebäude nichts entstehen darf, was gegen die katholische Sitten- und Glaubenslehre verstößt. Aus einer Kirche eine Kletterhalle zu machen, ist dann schon etwas Exotisches. Welche Nutzung es am Ende auch wird: So ein Klosterumbau kann das Herz von Architekturfans schon mal höherschlagen lassen. Georg Wilms:
"Wenn wir das Beispiel nehmen, wo wir in eine gotische Backsteinbasilika 23 öffentlich geförderte Wohnungen reingebaut haben, dann haben wir das als House in House-Konzept gemacht und haben damals erstmalig über Holzrahmenbauweise in vier Geschossen in NRW eben das da rein gestellt. Das hat dann eben auch den Vorteil, dass es reversibel ist, was eben eine Anforderung des Denkmalschutzes ist."
Für das Kloster in Ahrweiler kann sich Makler Olbrück zum Beispiel eine Mischung aus Wohnungen und Gastronomie vorstellen. Nach seiner Schätzung könnten die Schwestern dafür einen niedrigeren einstelligen Millionenbetrag bekommen. Der soll dann in die Stiftung gesteckt werden, die die früheren Klosterschulen heute finanziert. Schwestern sind dort im Kollegium kaum noch vertreten.
Schwester Maria sagt: "Früher konnten Sie nur Lehrerin werden, wenn Sie nicht heirateten. Und da konnte man sich gut überlegen, ob man dann nicht ins Kloster ging. Aber, das ist ja schon wer weiß wie lange nicht mehr. Ich denke, wir haben das einfach abgegeben, was wir bisher gemacht haben. Und das können anderen genauso gut. Die Schule hier läuft bestens."
Vielleicht haben die klassischen Orden nach vielen Jahrhunderten ihre Aufgaben wie die Bildung oder die Sorge für Kranke und Schwache schlicht und einfach erfüllt, überlegt Schwester Maria - und schließt zum Abschied sorgfältig die Klostertür.