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Immobilienmarkt
Umstrittener Rückkauf von Wohnungen in Berlin

Die Stadt Berlin hat rund 1.800 Wohnungen im Kosmosviertel zurückgekauft, die in den 1990er-Jahren privatisiert worden waren. Damit soll Wohnungsraum in Berlin bezahlbar gehalten werden. Kann Rekommunalisierung auch bundesweit zu einem Vorgehen gegen die Wohnungsnot werden?

Manfred Götzke im Gepräch mit Sina Fröhndrich | 14.02.2019
    Das Foto zeigt einen Plattenbau in Berlin-Lichtenberg.
    Welche Mittel die Kommunen gegen die Wohnungsnot ergreifen sollten, ist umstritten (imago / Florian Gärtner)
    Sina Fröhndrich: Was tun gegen die Wohnungsnot in einigen Großstädten? Wie wäre es damit: Wohnungen zurückkaufen? Berlin geht diesen Weg. Die Stadt hat schon einige Wohnungen rekommunalisiert – und weitere sollen folgen. Wie sinnvoll ist das? Das bespreche ich mit Manfred Götzke. Herr Götzke, geben Sie uns erst einmal einen Überblick – was sind das für Wohnungen, die Berlin da übernehmen will oder schon übernommen hat?
    Investor kaufte Wohnungen vor Privatisierungswelle
    Manfred Götzke: Diese Woche hat das Land Berlin rund 1.800 Wohnungen im sogenannten Kosmosviertel zurückgekauft. Das sind Wohnblocks ziemlich direkt am Flughafen Schönefeld, also ein Stückchen außerhalb der Stadt. Die hat ein Investor in den 90er-Jahren, also noch vor der großen Wohnungs-Privatisierungswelle, vom Land gekauft. Der Investor hat jahrelang nichts an den Objekten gemacht, sie in den vergangenen Jahren dann allerdings energetisch saniert. Was den Mietern zwar so gut wie keine Energiekostenersparnis gebracht hat, dafür aber eine saftige Mieterhöhung. Deshalb hat der Senat sich schon vor längerer Zeit entschieden, zurückzukaufen und das jetzt für die Summe von 250 Millionen Euro auch gemacht - für rund 130.000 Euro pro Wohnung.
    Außerdem hat der Regierende Bürgermeister im Januar angekündigt, große Bestände der Deutschen Wohnen zurückzukaufen – da ist allerdings noch unklar, um wie viele Wohnungen es da gehen kann, da die Deutsche Wohnen nicht bereit ist, all ihre Bestände die mal den landeseigenen Gesellschaften gehörten, wieder zu verkaufen.
    Fröhndrich: Das sind zum Teil Rückkäufe. Ist das nicht völlig absurd, jetzt zurückzukaufen, was man mal verkauft hat?
    Götzke: Ja. Und es handelt sich sogar größtenteils um Rückkäufe. Wenn man sich die Preise anguckt, ist es absurd, beziehungsweise es war absurd, sie zu verkaufen. 2004 hat der Senat damals unter Wowereit und der PDS rund 60.000 Wohnungen für 405 Millionen Euro verkauft, die gehören jetzt der Deutsche Wohnen, die den Buchwert jetzt mit sieben Milliarden Euro angibt.
    Mietdeckel statt Mietspiegel?
    Fröhndrich: Es geht darum, die Mieten zu begrenzen. Und da wird in Berlin auch über einen Mietendeckel diskutiert? Ist das vorstellbar?
    Götzke: Vorstellbar schon, aber rechtlich ist umstritten, ob das Land oder die Kommunen selbst einen Mietendeckel festlegen können. Vorgeschlagen hat das die Berliner Bundestagsabgeordnete und SPD-Fraktionsvize Eva Högl, die einen Mieten-Deckel für Bestandswohnungen, Altbauten von sechs bis sieben Euro pro Quadratmeter vorschlägt. Und zwar auch bei Neuvermietungen, wo die Mieten in Berlin derzeit bei neun bis elf Euro liegen. Und sie stützt sich dabei auf die Analyse des Fachanwalts Peter Weber. Der hält einen Mietendeckel auf Landesebene für möglich, da sich die Länder seit der Föderalismusreform 2006 um das "Wohnungswesen" kümmern dürfen. Er sagt: Die Vertragsfreiheit könne zur Beseitigung von Missständen mit einem solchen Eingriff eingeschränkt werden. Neu wäre das auch nicht. In Westberlin gab es bis 1988 eine entsprechende Regulierung. Die CDU hält das für Populismus, für Sozialismus angesichts schlechter Umfragewerte der SPD und für nicht machbar.
    Wohnungsangebot massiv erhöhen
    Fröhndrich: Strich drunter: Wohnungen zurückkaufen – ist das ökonomisch sinnvoll oder wäre das Kaufgeld in neue Wohnungen nicht besser angelegt?
    Götzke: Auch das ist umstritten. Claus Michelsen, Immobilenexperte des DIW hat mir erklärt, die meisten Maßnahmen bringen wenig, wenn man das Angebot an Wohnungen nicht massiv erhöht. Wenn es ausreichend Wohnungen gibt, könnten die Wohnkonzerne auch nicht mehr so stark ihre Marktmacht ausüben. Andere, wie Florian Schmidt, Baustadtrat in Friedrichshain-Kreuzberg, sagt: Man müsse beides tun. Denn bauen im großen Stil sei nur in Randlagen außerhalb möglich. Wenn man nicht gleichzeitig die Mieten in den Innenstadtbereichen gering halte, würde die Innenstadt Berlins zu einem Reichen-Ghetto, wo sich nur noch Wohlhabende wohnen leisten können.