Die demokratischen Ankläger demonstrierten ausführlich, dass Donald Trump nicht nur zu Gewalttaten aufgerufen und Gewaltakte gutgeheißen habe, sondern die Wirkung seiner Worte genau kannte und diese schon lange bewusst einsetzte. Der demokratische Abgeordnete und Verfassungsrechtler Jamie Raskin erinnerte an Trumps Hetze gegen die Gouverneurin von Michigan wegen ihrer Corona-Politik und die dann folgende Aufdeckung eines geplanten Anschlags einer Gruppe radikaler Trump-Anhänger, die die Entführung und Ermordung der Politikerin geplant hatte.
"Donald Trump wusste genau, was er tat, als er den Mob am 6. Januar aufhetzte. Er hatte gerade gesehen, wie leicht seine Worte und Taten zu Gewalt in Michigan geführt hatten. Er sandte eine klare Botschaft an seine Anhänger. Er ermutigte die Planung und Verschwörungen, um das Kapitol in Washington zu besetzen und bedrohte Amtsträger, die sich weigerten, seinem politischen Willen zu entsprechen."
Keine Reue nach dem 6. Januar
Die demokratischen Impeachment-Ankläger dokumentierten, wie Donald Trump mehrere Stunden lang alle dringlichen Hilferufe republikanischer Politiker, seine Anhänger zurückzurufen, ignorierte und begeistert Fernsehen schaute. Die Präsentation zeigte Trumps Tweets an diesem Tag und seine erste klare Verurteilung der Gewalt am Abend, die er verband mit dem Satz: Geht heim in Liebe und Frieden und vergesst diesen Tag nie. Die Demokraten hoben auch hervor in ihren Beispielen, dass der frühere Präsident zu keinem Zeitpunkt nach dem 6. Januar Reue für seine Aktionen und Worte zeigte. Umso wichtiger sei es, sagte der demokratische Abgeordnete Ted Lieu, ein früherer Staatsanwalt, Donald Trump für künftige Ämter zu sperren.
Er habe keine Angst, dass Donald Trump in vier Jahren noch mal Präsident werden wolle. Er habe Angst, dass er kandidiere - und verliere. Denn er sei imstande, das hier nochmal zu tun.
Die Videos, Tonmitschnitte und Dokumente konfrontierten Senatorinnen und Senatoren weniger emotional als am Vortag mit ihren eigenen Erlebnissen am 6. Januar. Unangenehm war der gestrige Tag trotzdem für die meisten Republikaner im Senat: Immer wieder zeigten die Demokraten Videos republikanischer Politiker, die Donald Trump direkt verantwortlich machten für den Umsturzversuch. Der Demokrat Jamie Raskin forderte die Senatorinnen und Senatoren auf, mit gesundem Menschenverstand zu entscheiden:
"Wenn wir ihm das durchgehen lassen, und dann dasselbe in Ihrem Parlament zu Hause passiert, oder nochmal hier? Was sagen wir dann?"
Lob der Republikaner für Anklage
Viele republikanische Senatorinnen und Senatoren haben die Anklage der demokratischen Abgeordneten gelobt, als wirklichkeitsgetreu und überzeugend. Aber weiterhin überlegen nur sechs von 50, den früheren Präsidenten zu verurteilen. Die übrigen Republikaner wollen ihre politische Karriere nicht gefährden durch ein Votum gegen Donald Trump. Jeder zweite republikanische Wähler glaubt Verschwörungstheorien, denen zufolge nicht Trumps fanatische Anhänger verantwortlich waren für die Gewalt am Kapitol, sondern radikale Linke. Nicht einmal jeder fünfte republikanische Wähler ist für eine Verurteilung des früheren Präsidenten.
Die Präsentation der Demokraten an beiden Tagen richtetet sich daher auch direkt an die Öffentlichkeit – so wie auch der abschließende Appell an Unparteilichkeit und Gewissen der Senatorinnen und Senatoren:
"Wenn sie das heute nicht für ein schweres Verbrechen halten, dann haben Sie einen schrecklichen neuen Standard für Fehlverhalten des Präsidenten in den Vereinigten Staaten gesetzt."
Die Republikaner wollen das Verfahren im Senat nun möglichst schnell beenden. Ihre Argumente sind bekannt: Das Verfahren sei verfassungswidrig, weil Trump inzwischen Privatmann sei, und: Trumps aufhetzende Äußerungen fielen unter die Meinungsfreiheit. In beiden Punkten widersprechen ihnen die meisten amerikanischen Verfassungsrechtler.