Die Omikron-Variante des Coronavirus breitet sich in Deutschland mittlerweile schneller aus als die Delta-Variante. Das geht zu einem Gutteil darauf zurück, dass Impfungen ohne Booster Infektionen mit Omikron kaum verhindern. Der Impfschutz ist ohne die dritte Impfung deutlich geringer. Auch deshalb kommt es vermehrt zu Impfdurchbrüchen. Die Effektivität der Impfung wird dadurch aber nicht infrage gestellt. Sie schützt immer noch verlässlich vor schweren Verläufen.
Was bedeutet ein Impfdurchbruch genau?
Als einem Impfdurchbruch definiert das Robert Koch-Institut (RKI) symptomatische Corona-Infektion, die trotz einer vollständigen Impfung diagnostiziert werden. Geimpfte Personen, die sich infizieren aber keine Symptome entwickeln - asymptomatische Infektionen - werden nicht dazugezählt.
Als vollständig geimpft gilt bislang, wer eine abgeschlossenen Impfserie (zwei Dosen Moderna-, Biontech- oder Astrazeneca-Vakzine oder eine Dosis Johnson&Johnson-Impfstoff) vorweisen kann, wobei mindestens zwei Wochen zum Abschluss der Impfserie vergangenen sein müssen. Künftig sollen EU-Impfzertifikate ohne eine eingetragene Booster-Impfung jedoch neun Monate nach der Grundimmunisierung ihre Gültigkeit verlieren. Die Regelung tritt am 1. Februar 2022 in Kraft.
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Warum gibt es Impfdurchbrüche?
Steigt die Impfquote in einem Land, dann steigt relativ gesehen auch die Zahl der Geimpften, die sich trotzdem infizieren. In diesen Fällen konnte die Impfung keinen vollständigen Schutz gegen das Virus aufbauen. Laut RKI besteht schon 15 Wochen nach der zweiten Impfung kein ausreichender Schutz mehr vor einer Infektion. Eine Booster-Impfung mit den Impfstoffen von Biontech oder Moderna erhöht jedoch die Schutzwirkung gegenüber der Omikron-Variante deutlich. Doch auch unter Geimpften mit einer Booster-Impfung kann es wiederum zu Infektionen kommen. Da die neue Omikron-Variante infektiöser ist, infizieren sich dementsprechend auch dreifach Geimpfte häufiger.
Die Omikron-Variante von SARS-CoV-2 trägt mehr als 30 Mutationen im Spike Protein. Darauf zielen die Antikörper - und die greifen bei Omikron nicht mehr so gut wie bei der Delta-Variante. Daten einer dänischen Studie zeigen jedoch, dass eine Booster-Impfung das Risiko deutlich senkt, das Virus an andere weiterzugeben.
Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt mittlerweile allen Menschen ab 18 Jahren eine Corona-Auffrischungsimpfung mit einem mRNA-Impfstoff mindestens drei Monate nach der Zweitimpfung. "Für die Auffrischimpfung soll möglichst der mRNA-Impfstoff verabreicht werden, der bei der Grundimmunisierung zur Anwendung gekommen ist. Wenn dieser nicht verfügbar ist, kann bei Über-30-Jährigen der jeweils andere mRNA-Impfstoff eingesetzt werden", heißt es in der STIKO-Empfehlung.
Es gilt jedoch als wahrscheinlich, dass auch die Impfwirkung der dritten Impfung nach einiger Zeit nachlässt. Der Schutz vor einer Infektion werde durch eine Booster-Impfung vermutlich nicht langfristig gegeben sein, sagte Jörg Timm, Leiter des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Düsseldorf, dem Science Media Centre: "Da muss man grundsätzlich unterscheiden: Schutz vor Infektion und Schutz vor schwerem Verlauf. Was als Erstes wieder Schwierigkeiten machen wird, ist irgendwann der Schutz vor Infektionen." Er geht davon aus, dass Auffrischungsimpfungen zum Schutz vor Infektionen so lange notwendig sind, bis eine ausreichende Grundimmunisierung in der Bevölkerung erreicht ist. Langfristig seien die Auffrischungsimpfungen dann aber nicht mehr für die gesamte Bevölkerung notwendig, sondern nur noch für einige Risikogruppen.
Auch der
Immunologe Carsten Watzl weist im Deutschlandfunk darauf hin
, dass der Schutz vor einer Corona-Infektion bei einer Impfung schneller nachlasse als gedacht. Der Schutz vor schwerer Erkrankung sei jedoch immer noch gegeben. Die Gefahr weiterer Mutanten sei weiterhin da – die Gefahr, dass eine mutierte Variante dem Immunschutz komplett entgehe, jedoch gering.
Warum gibt es vermehrt Impfdurchbrüche?
Medienberichte über die steigende Zahl von geimpften Personen, die aufgrund einer Covid-19-Erkrankung auf der Intensivstation behandelt werden müssen, führen immer wieder zu Verunsicherung. Laut des Präsidenten der Intensivmediziner-Vereinigung DIVI, Gernot Marx, seien Patienten mit schweren und tödlichen Corona-Verläufen allerdings in fast allen Fällen ungeimpft. Auch das RKI entkräftet in einem Fragenbogen, Stand 2.12.2021 die Verunsicherung und erklärte die steigende Anzahl von Impfdurchbrüchen wie folgt: "Dass im Laufe der Zeit mehr Impfdurchbrüche verzeichnet werden, ist erwartbar, da generell immer mehr Menschen geimpft sind und sich SARS-CoV-2 derzeit wieder vermehrt ausbreitet. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, als vollständig geimpfte Person mit dem Virus in Kontakt zu kommen."
Dass die Zahl der Impfdurchbrüche mit der Zahl der Geimpften zunimmt, ist nicht ungewöhnlich, denn Impfungen schützen nicht zu 100 Prozent. Unter Einbeziehung der Impfdurchbrüche seit Beginn der Pandemie bewertet das RKI den Anteil daraus resultierender hospitalisierter, auf Intensivstationen betreuter bzw. verstorbenen Covid-19-Fälle in Deutschland als gering. Die Wirksamkeit der Impfstoffe vor allem gegen einen schweren Verlauf schätzt das RKI angesichts der Anzahl der Impfdurchbrüche in Relation zur Impfquote weiterhin hoch ein.
Wie schwer sind die Krankheitsverläufe bei Impfdurchbrüchen?
Bei Geimpften verläuft eine Corona-Infektion in der Regel deutlich milder als bei ungeimpften Menschen. Aktuelle Studien zeigen auch, dass sich Omikron schneller ausbreitet als vorherige Varianten, aber im Vergleich zur Delta-Variante zu milderen Krankheitsverläufen führt. Nicht Geimpfte mit einer Omikron-Variante hätten „nur ungefähr drei Viertel des Krankenhaus-Einweisungsrisikos“, sagte der Virologe Christian Drosten im Dlf. Wäre jedoch die mit Omikron infizierte Person geboostert, sinke das Risiko auf 20 Prozent oder darunter.
Bei einer milderen Krankheitsschwere der Omikron-Variante könnten die Intensivstationen weniger belastet werden. Zwar gäbe es weiterhin hohe Patientenzahlen in den Krankenhäusern, allerdings wären dann eher Normalstationen und Notaufnahmen betroffen. Drosten verwies dabei auf Beobachtungen von englischen Wissenschaftlern.
Unterschied zu Delta
Zu Krankheitsverläufen nach der zweiten Impfung gab es bereits im vergangenen Jahr Erkenntnisse aus Israel. Daten, des Science Media Centre zeigten, dass von 152 Covid-Patienten, die zwischen Januar und April 2021 wegen einer Infektion im Krankenhaus behandelt wurden und bereits geimpft waren, 61 Prozent schwer erkrankten und 22 Prozent verstarben. Zu beachten war dabei, dass der überwiegende Teil schon Vorerkrankungen wie Diabetes, Lungen- oder Herzleiden oder chronisches Nierenversagen hatte. Außerdem war das Immunsystem von rund 40 Prozent der Erkrankten bereits durch eine Chemotherapie oder eine Organtransplantation geschwächt. Nur sechs der 152 Covid-Patienten waren vor der Infektion gesund.
Können geimpfte Infizierte andere anstecken?
Wie bei vielen anderen Impfungen kann auch durch die Impfung gegen das Coronavirus keine sogenannte Sterilität erzeugt werden. Wenn eine geimpfte Person mit dem Virus in Kontakt kommt, muss das Immunsystem darauf reagieren. Ohne Impfung dauert das lange und die Krankheitserreger haben Zeit, sich zu vermehren. Aber auch bei Geimpften benötigt die Immunantwort eine gewisse Zeit, um die Viren zu neutralisieren. Bis dahin kann auch eine geimpfte Person infektiös sein.
Laut RKI verhindern die in Deutschland zugelassenen Corona-Impfstoffe zumindest die Infektion mit der Delta-Variante deutlich. Bei geimpften Personen, die sich trotzdem mit SARS-CoV-2 infiziert haben, ist die Virusausscheidung zudem viel kürzer als bei ungeimpften Personen. Inwieweit die Übertragung des Virus durch eine Impfung vermindert wird, ist allerdings noch nicht genau belegt. Denn bisher weisen Tests nur Virus-RNA nach, also das Erbgut der Viren und nicht die Menge ansteckender Viren. Deshalb sind sie nicht besonders aussagekräftig, wenn es um das Ansteckungspotenzial eines Menschen geht. Laut RKI ist das Risiko PCR-positiv zu werden und das Virus zu übertragen durch eine Impfung jedoch deutlich vermindert.
Mit Blick auf die neue Omikron-Variante ist die Datenlage noch unvollständig. Über das Transmissionsrisiko können daher noch keine Aussagen getroffen werden. "Es muss jedoch davon ausgegangen werden, dass Menschen nach Kontakt mit SARS-CoV-2 trotz Impfung PCR-positiv werden und dabei auch Viren ausscheiden und infektiös sind", heißt es beim RKI.
Quellen: RKI, Science Media Center, Christine Westerhaus, Dlf, kh, cp