Seit 30 Jahren suchen Forscher nach einem Impfstoff gegen das HI-Virus, den Erreger von Aids. Alle Versuche mit dem Virus selbst sind bislang gescheitert. Der Erreger löst nur eine sehr schwache Immunreaktion aus. Zu wenig, um das Virus abzutöten. Zu wenig für eine Impfung. Hinzu kommt, dass das Virus sich schnell verändert, sagt Professor Klaus Früh vom Institut für Impfungen und Gentherapien an der Oregon Health and Science University in Portland.
"HIV, das ist ja sehr variabel –, und was da oft passiert, ist, dass das Virus eigentlich dem Immunsystem davonläuft. Indem es mutiert."
Das HI-Virus verändert ständig seine Oberfläche und damit die Angriffspunkte für die Immunabwehr. Sie läuft ins Leere. Jetzt aber keimt neue Hoffnung, einen Impfschutz auf einem Umweg aufbauen zu können, und zwar mithilfe des Zytomegalie-Virus, kurz CMV, in das Klaus Früh und seine Kollegen Baupläne für Oberflächenproteine von HIV eingebaut haben. Denn gegen CMV reagiert die Immunabwehr sehr heftig.
"Die Konsequenz davon ist, dass das Immunsystem quasi immer in Halb-acht-Stellung ist. Dass man also quasi so einen Immunschutz aufbaut, der nie weggeht."
Erste Tests an Menschen stehen an
Eine intensive Immunreaktion, die über lange Zeit anhält – gerade das wollen die Forscher für das HI-Virus erreichen. Ihre Impfung zielt auf Bereiche des Virus, die nicht einfach mutieren können, weil sie ganz grundlegende Funktionen haben, die das Virus nicht so einfach verändern kann.
"Und da wir das gegen mehrere Bereiche gleichzeitig machen, ist das für das Virus sehr schwierig, dieser Immunantwort zu entkommen. Und das scheint zumindest in Tierexperimenten hervorragend zu funktionieren."
In einem Versuch mit Rhesusaffen, die nach diesem Prinzip gegen eine Affenvariante von HIV geimpft waren, blieb etwa die Hälfte der Tiere gegen den Erreger geschützt. Klaus Früh hat das Prinzip jetzt von Affenviren auf Menschenviren übertragen. Erste Tests stehen an.
"Was wir wissen, ist, dass es uns mit Sicherheit gelingen wird, die Immunantworten zu erzeugen, die eine natürliche CMV-Infektion erzeugt. Was wir nicht wissen, das ist die große Frage für die klinische Studie, die wir nächstes Jahr durchführen werden: Lässt sich diese ungewöhnliche Immunantwort auch im Menschen erzeugen, die wir in Affen sehen."
Ein vielversprechender Ansatz
In diesen klinischen Studien geht es zunächst vor allem um die Sicherheit der Impfviren. Denn das Virus greift tief in die Mechanismen des menschlichen Immunsystems ein. Welche Auswirkungen das hat, können Wissenschaftler in Zell- und Tierversuchen nicht vollständig ermitteln.
Lars Dölken, Virologieprofessor von der Universität Würzburg, findet den Ansatz sehr vielversprechend.
"In den nächsten ein, zwei, drei Jahren werden die entsprechenden Erst-Generations-Impfstoffe nenne ich das mal jetzt, in Phase 1 Studien in die Klinik gehen. Also die nötigen finanziellen Mittel sind da, es gibt große Unterstützung. Das Potenzial ist riesig."