Ausgesprochene Enttäuschungen waren selten beim Festival in der Rhonestadt. Zu ihnen gehörte eine künstlerisch sehr leichtgewichtige Hotelzimmerinstallation von Sophie Calle und eine neue Arbeit des Polen Krysztof Warlikowski, der basierend auf diversen literarischen und filmischen Vorlagen Parallelen zwischen dem Berlin der 20er-Jahre und den USA in der Zeit nach dem 11. September 2001 aufzeigen will.
Es sind Zeiten der Verunsicherung und Angst, aus denen nationalistische Bewegungen, Fremdenhass und Intoleranz entstehen. In die Logik der Nummernrevue gefasst, wird sein "Kabaret Warszawski", also Warschau Kabarett, zu einem beliebig wirkende Erotikon sexueller Obsessionen. Das ist böse, laut und aggressiv, aber leider auch dramaturgisch sehr inkohärent.
Immerhin war diese auf breiter Showbühne eingerichtete Arbeit eine Möglichkeit, einen neuen Saal in Avignon kennen zu lernen. In Zeiten schrumpfender Kulturausgaben eine höchst seltene Meldung: Mit der Anfang Juli eingeweihten, sogenannten FabricA schafft sich das seit Jahren zum nationalen Kulturerbe erhobene Festival einen neuen Proben- und Theatersaal.
Es sind vor allem afrikanische Künstler, die um den kongolesischen Artiste Associé Dieudonné Niuangouna bei diesem Festival überzeugten. Der Autor, Regisseur und Schauspieler war mit diversen Texten in verschiedenen Aufführungen präsent, wurde zum roten Faden des Afrika-Schwerpunktes und hat dieses Festival so geprägt wie zuletzt nur der Italiener Romeo Castellucci mit seiner Dante-Trilogie.
Niangouna begleitet das Tanztheater seines kongolesischen Kollegen DeLaVallet Bidiefono von der Seitenbühne aus, neben zwei Musikern, die ein ständiges Vibrieren, ein nicht endendes Zucken der Nerven und Muskeln antreiben.
"Au-Delà", also "Jenseits" zeigt den Tod als Akteur mit uneingeschränkter Machtfülle. Er regiert den Kongo; die Worte von Menschen haben ihm nichts entgegen zu setzen: Ein Menschenbündel liegt einem Tänzer zu Füßen. Er grinst ins Publikum, hebt leblose Gliedmaßen an und lässt sie wieder fallen. Aber auch er wird wenig später vom Theaterblut getroffen und sinkt in Agonie. In diesem wuchtigen Danse Macabre, in dieser großartigen Abrechnung mit der Gegenwart des Kongo, hat nicht einmal der Tod Anspruch auf ewiges Leben.
Bei der letzten von ihnen geleiteten Theaterschau gaben Vincent Baudriller und Hortense Archambault in einem separaten Programmschwerpunkt – Des Artistes un Jour au Festival - 23 europäischen Künstlern die Möglichkeit für einen einmaligen Auftritt. Es sind dies u.a. die Artistes Associés der letzten zehn Jahre, die hier eine Art Festival im Festival bestritten. Nach großen Erfolgen von Guy Cassiers, Christoph Marthaler, Alain Platel und Pippo Delbono inszenierte Romeo Castellucci eine provozierende Etüde über das Ritual der Konzertveranstaltung:
In einer Publikumsbeschimpfung endet ein Konzert mit Schubertliedern, in dem die Sängerin zunehmend wirklich von der Traurigkeit ergriffen wurde, die den Kompositionen zugrunde liegt und deshalb verstummen musste. Ein Rückzug aus dem öffentlichen Raum der Aufführung ins private Gefühl. Ja, was gibt es da zu schauen, fragt aggressiv und schimpfend Meisterschauspielerin Valérie Dreville. Patrice Chéreau beschloss die Reihe mit einer Lesung aus "Coma" von Pierre Guyotat, einer autobiografischen Reflexion über Depression und künstlerische Schöpfung.
Während ihrer zehn-jährigen Festivalleitung hat das Leitungsduo das Publikum verjüngt. Es hat die Bühne für Performance und neue Medien geöffnet und mit der Zuziehung von Künstlerbeiräten jeweilige jährliche Schwerpunkte setzen können. Aber außer in diesem afrikanischen Festival kamen ihre Theaterleute fast immer entweder aus Frankreich, oder aus Belgien, Deutschland, Italien und Spanien. Das ist ein Raum, der schon zu Zeit der Päpste den europäischen Kulturhorizont beherrschte. Die britischen Inseln, Ost- und Nordeuropa blieben in Avignon weitgehend Terra Incognita. Dennoch: Die Bilanz der beiden lässt sich sehen. Sie übergeben das Festival an den neuen Leiter Olivier Py in sehr gutem Zustand. Das ist eine Herausforderung.
Es sind Zeiten der Verunsicherung und Angst, aus denen nationalistische Bewegungen, Fremdenhass und Intoleranz entstehen. In die Logik der Nummernrevue gefasst, wird sein "Kabaret Warszawski", also Warschau Kabarett, zu einem beliebig wirkende Erotikon sexueller Obsessionen. Das ist böse, laut und aggressiv, aber leider auch dramaturgisch sehr inkohärent.
Immerhin war diese auf breiter Showbühne eingerichtete Arbeit eine Möglichkeit, einen neuen Saal in Avignon kennen zu lernen. In Zeiten schrumpfender Kulturausgaben eine höchst seltene Meldung: Mit der Anfang Juli eingeweihten, sogenannten FabricA schafft sich das seit Jahren zum nationalen Kulturerbe erhobene Festival einen neuen Proben- und Theatersaal.
Es sind vor allem afrikanische Künstler, die um den kongolesischen Artiste Associé Dieudonné Niuangouna bei diesem Festival überzeugten. Der Autor, Regisseur und Schauspieler war mit diversen Texten in verschiedenen Aufführungen präsent, wurde zum roten Faden des Afrika-Schwerpunktes und hat dieses Festival so geprägt wie zuletzt nur der Italiener Romeo Castellucci mit seiner Dante-Trilogie.
Niangouna begleitet das Tanztheater seines kongolesischen Kollegen DeLaVallet Bidiefono von der Seitenbühne aus, neben zwei Musikern, die ein ständiges Vibrieren, ein nicht endendes Zucken der Nerven und Muskeln antreiben.
"Au-Delà", also "Jenseits" zeigt den Tod als Akteur mit uneingeschränkter Machtfülle. Er regiert den Kongo; die Worte von Menschen haben ihm nichts entgegen zu setzen: Ein Menschenbündel liegt einem Tänzer zu Füßen. Er grinst ins Publikum, hebt leblose Gliedmaßen an und lässt sie wieder fallen. Aber auch er wird wenig später vom Theaterblut getroffen und sinkt in Agonie. In diesem wuchtigen Danse Macabre, in dieser großartigen Abrechnung mit der Gegenwart des Kongo, hat nicht einmal der Tod Anspruch auf ewiges Leben.
Bei der letzten von ihnen geleiteten Theaterschau gaben Vincent Baudriller und Hortense Archambault in einem separaten Programmschwerpunkt – Des Artistes un Jour au Festival - 23 europäischen Künstlern die Möglichkeit für einen einmaligen Auftritt. Es sind dies u.a. die Artistes Associés der letzten zehn Jahre, die hier eine Art Festival im Festival bestritten. Nach großen Erfolgen von Guy Cassiers, Christoph Marthaler, Alain Platel und Pippo Delbono inszenierte Romeo Castellucci eine provozierende Etüde über das Ritual der Konzertveranstaltung:
In einer Publikumsbeschimpfung endet ein Konzert mit Schubertliedern, in dem die Sängerin zunehmend wirklich von der Traurigkeit ergriffen wurde, die den Kompositionen zugrunde liegt und deshalb verstummen musste. Ein Rückzug aus dem öffentlichen Raum der Aufführung ins private Gefühl. Ja, was gibt es da zu schauen, fragt aggressiv und schimpfend Meisterschauspielerin Valérie Dreville. Patrice Chéreau beschloss die Reihe mit einer Lesung aus "Coma" von Pierre Guyotat, einer autobiografischen Reflexion über Depression und künstlerische Schöpfung.
Während ihrer zehn-jährigen Festivalleitung hat das Leitungsduo das Publikum verjüngt. Es hat die Bühne für Performance und neue Medien geöffnet und mit der Zuziehung von Künstlerbeiräten jeweilige jährliche Schwerpunkte setzen können. Aber außer in diesem afrikanischen Festival kamen ihre Theaterleute fast immer entweder aus Frankreich, oder aus Belgien, Deutschland, Italien und Spanien. Das ist ein Raum, der schon zu Zeit der Päpste den europäischen Kulturhorizont beherrschte. Die britischen Inseln, Ost- und Nordeuropa blieben in Avignon weitgehend Terra Incognita. Dennoch: Die Bilanz der beiden lässt sich sehen. Sie übergeben das Festival an den neuen Leiter Olivier Py in sehr gutem Zustand. Das ist eine Herausforderung.