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In Afrika ist "schnelle Hilfe notwendig"

Ursula Langkamp von der Welthungerhilfe fordert schnellere Hilfe für die Hungernden am Horn von Afrika. Die Lage verschärfe sich derzeit zusehends. Am schwersten sei der Süden Somalias betroffen. Bereits im Januar habe man absehen können, dass eine Dürre eintreten werde.

Ursula Langkamp im Gespräch mit Dirk-Oliver Heckmann |
    Dirk-Oliver Heckmann: Viel Konkretes hat das Treffen der Welternährungsorganisation gestern in Rom nicht erbracht. Es bestehe die Notwendigkeit, schnell zu helfen, so in etwa kann man das Ergebnis zusammenfassen. Konkreter soll es morgen werden, da will die FAO mindestens eine Milliarde Euro zusammenbekommen. Man wird sehen, wie erfolgreich man auf diesem Weg sein wird. In der Zwischenzeit aber, da sterben Tausende Menschen. – Am Telefon ist jetzt Ursula Langkamp, sie ist Regionaldirektorin der Welthungerhilfe am Horn von Afrika. Sie erreichen wir in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba. Schönen guten Morgen, Frau Langkamp.

    Ursula Langkamp: Ja, guten Morgen!

    Heckmann: Frau Langkamp, hat sich die Lage in den vergangenen Tagen verschärft oder etwas entspannt?

    Langkamp: Also wir haben den Eindruck, dass sich die Lage zusehends verschärft, vor allen Dingen, weil die Gebiete, die betroffen sind, von Pastoralisten-Gruppen bevölkert werden, die ganz stark von ihren Herden abhängen, und was wir gestern bei einem Treffen von einem Netzwerk von äthiopischen NGO's mitbekommen haben ist, dass die Herden mittlerweile um mehr als 50 Prozent reduziert sind. Das heißt, die Pastoralisten können kaum noch Vieh verkaufen, was sie dringend benötigen, um Nahrungsmittel einzukaufen. Und die Rückmeldung, die wir bekommen haben, ist, dass ganz viele Menschen im Moment eben gerade in diesen Gebieten im Osten und Südosten Äthiopiens unter extremem Hunger leiden.

    Heckmann: Vor allem betroffen sind ja Somalia, Kenia, Äthiopien, Uganda. Muss man davon ausgehen, dass die Lage in Somalia am dramatischsten ist?

    Langkamp: Also ich muss dazu sagen, dass ich hier in diesem Regionalbüro für Äthiopien und Somaliland zuständig bin, aber natürlich verfolgen wir die Nachrichten aus dem gesamten Horn von Afrika und wir wissen, dass der Süden von Somalia am aller stärksten betroffen ist, aus Gründen, die sich eben aus der Dürre ergeben, aber eben auch aus der schweren Zugänglichkeit der Gebiete.

    Heckmann: Und verglichen damit die Lage in Ihrem Zuständigkeitsbereich, in Äthiopien? Wie kann man das bewerten, wie kann man das einordnen, einschätzen?

    Langkamp: Also in Äthiopien sehen wir, dass die Lage dramatisch ist, einfach weil eine unheimlich hohe Zahl von Menschen betroffen ist. Wir sprechen hier von 4,56 Millionen Menschen. Davon sind 150.000 ungefähr in den Flüchtlingscamps, das heißt, das sind somalische Flüchtlinge, und die anderen 4,35 Millionen befinden sich in den semiariden Gebieten, in denen hauptsächlich eben, wie ich vorher erwähnte, die Pastoralisten leben, die dort auf den Weidegründen ihre Herden halten.

    Heckmann: Lassen Sie uns vielleicht noch mal einen kleinen Blick werfen nach Somalia, auch wenn das nicht in Ihren engeren Zuständigkeitsbereich fällt. Da sind ja die islamistischen Milizen, die dafür sorgen, dass ausländische Helfer ihrer Arbeit nicht nachkommen können. Wer oder was könnte diese Kräfte davon überzeugen, endlich Hilfe ins Land zu lassen?

    Langkamp: Ich glaube, was passiert ist, dass die Vereinten Nationen ja zusehends die Gespräche aufnehmen, auch die EU nimmt zusehends Gespräche auf. Ich denke, dass der Druck auch aus der Bevölkerung nach Versorgung mit Nahrungsmitteln immer mehr wächst, die Abwanderung in die Flüchtlingscamps in Nordkenia und auch in Äthiopien, und dass aufgrund wirklich des humanitären Drucks, der gerade entsteht, auch eben die islamistischen Gruppen im Moment zurückweichen, und obwohl es nach wie vor Probleme gibt, sind erste Lieferungen jetzt bereits angekommen.

    Heckmann: Ich hoffe, Frau Langkamp, dass unsere Leitung hält. Ich höre gerade, dass ein paar Störungen vorliegen, aber das ist vielleicht auch kein Wunder. Sie erreichen wir ja in Äthiopien, in der Hauptstadt Addis Abeba. – Frau Langkamp, gestern gab es ja die Krisensitzung der Welternährungsorganisation in Rom, da wurde schnelles Handeln gefordert. Ist das aus Ihrer Sicht nicht ein bisschen wenig?

    Langkamp: Ja, natürlich! Ich meine, wir kriegen mit hier im Land, dass vier Millionen Menschen von Hunger betroffen sind, dass bisher die Nahrungsmittelversorgung von den Vereinten Nationen und der Regierung angelaufen ist, aber dass der Bedarf unglaublich groß ist. Und daher denken wir, dass eben auch schnelle Hilfe notwendig ist. Aber ich möchte auch darauf aufmerksam machen, dass langfristige Hilfe notwendig ist, weil eben die Gruppen, die betroffen sind, wenn die ihre Viehbestände verlieren, können die über Jahre weg zu Nahrungsmittelempfängern werden. Das heißt, wir haben ein großes Interesse natürlich an Soforthilfe, aber auch an Rehabilitierung in der Folge von der Dürre.

    Heckmann: Die Bundesregierung hat ja ihre Soforthilfe auf 60 Millionen Euro aufgestockt. Was ist dran an der Kritik, dass die Bundesregierung zu wenig mache?

    Langkamp: Zu wenig, das können wir im Moment erst mal nicht sagen. Wir sagen nur, es müsste schneller sein. Die Situation hat sich seit Januar angekündigt, das war der La Nina-Effekt. Das heißt, man konnte absehen, dass eine Dürre eintreten wird. Erste Wasserversorgungs-Soforthilfe hat ab April stattgefunden im Süden von Äthiopien und auch im Osten von Äthiopien. Und die Lage, wie sie sich jetzt zugespitzt hat, fordert einfach ganz schnelle und sofortige, aber auch eben längerfristige Hilfe.

    Heckmann: Die Regionaldirektorin der Welthungerhilfe am Horn von Afrika, Ursula Langkamp, war das hier live im Deutschlandfunk. Besten Dank und schöne Grüße nach Addis Abeba.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.