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In den Boden statt unter den Grill

Umwelt. – Biomasse gilt als Brennstoff mit Zukunft. Verbrennt man Pflanzen jedoch nicht, sondern verkohlt sie nur zu Holzkohle, wird, so sagt ein österreichischer Wissenschaftler, ein exzellenter CO2-Speicher daraus.

Von Franz Zeller |
    Christoph Steiner hat lange Zeit am Amazonas gelebt. Dort versuchte der Bodenkundler herauszufinden, was die Schwarzerdeböden der Indianer so fruchtbar macht. Diese Tera Preta genannten Landstücke liefern jahrhunderte lang Erträge, ohne zu ermüden. Wie Steiners Untersuchungen schließlich zeigten, haben Holzkohlezuschläge im Boden die Fruchtbarkeit im Extremfall um 800 Prozent gesteigert. Denn Holzkohle ist ein Kohlenstoffspeicher. In ausgelaugten Böden wirkt sie wie ein Dünger. Und vermeidet gleichzeitig zusätzliche CO2-Emissionen, argumentiert Christoph Steiner. Er sieht in dieser einfachen Art der Kohlenstoff-Speicherung eine Chance für ärmere Länder:

    "Es wäre weltweit geeignet, besonders auf intensiv ackerbaulich genutzten Flächen, wo über jahrelange intensive Düngung mit Kunstdünger den Kohlenstoff im Boden schon extrem abgenommen hat. In Georgia sind durch den langen Baumwollanbau nur mehr 0,5 Prozent Kohlenstoff im Boden. In den Tropen ist das überhaupt ein Problem, weil gerade dort der Kohlenstoff sehr schnell abgebaut wird im feuchten und heißen Klima."

    Holzkohle entsteht bei der Verbrennung von Biomasse mit wenig Sauerstoff, bei Temperaturen zwischen 300 und 500 Grad. Dabei dampfen die leicht brennbaren Gase aus, zurück bleibt ein Kohlenstoff-Gehalt zwischen 80 und 90 Prozent. Damit entspricht eine Tonne Holzkohle rund drei Tonnen Kohlendioxid. Holzkohle entsteht nicht nur in den Meilern der Köhler, sie fällt auch in modernen Holzvergasungsanlagen an, wie sie etwa die Stadtwerke Düsseldorf zur Erzeugung von Strom einsetzen oder der Bezirk Güssing im Burgenland. Steiner:

    "Dabei fällt auch ein geringer Holzkohleanteil an, nur versucht man den ohne diesen globalen CO2-Handel möglichst gering zu halten. Und ich bin überzeugt, wenn der Handel mal da ist, dass man auch andere Biomasse nutzt zum Vergasen, wo der Kohlenstoffgehalt in den Rückstoffen größer ist, weil er sich eben wirtschaftlich vermarkten lässt, als Nebenprodukt."

    Darum kümmert sich auch Roland Geres, Experte für den Emissionshandel bei der Münchner Firma Futurecamp, Er sieht gute Chancen, dass deponierte Holzkohle durch ihre CO2-Speicherfähigkeit bald in den weltweiten Emissionshandel aufgenommen wird. Geres:

    "Diese Methoden sind derzeit noch im Anerkennungsprozess, wir werden aber in den nächsten Jahren Projekte in dem Bereich sehen, und davon werden auch die Biomasseverfahren profitieren können, wenn es möglich ist, den Nachweis zu führen, dass Kohlenstoff dauerhaft gelagert wird."

    Dauerhaft lagern, das heißt eben, ihn nicht beim sommerlichen Grillfest zu verheizen, sondern zu deponieren, etwa als Bodenverbesserung. Schließlich leben 300 bis 500 Millionen Menschen weltweit vom Wanderfeldbau, etwa viele Völker Amazoniens. Sie brennen Regenwald ab, beuten den Boden drei Jahre aus und ziehen nach dessen Ermüdung wieder weiter, um ein neues Stück Regenwald mit Feuer zu roden. Steiner:

    "Wenn Bauern von diesem CO2-Handel profitieren wollen, sind sie gezwungen, nachwachsende Ressourcen zu verkohlen. Mit jedem Zyklus würden die ihren Boden soweit verbessern, bis sie schließlich vielleicht Tera-Preta-Böden haben. Und auf Tera Preta ist dieser Wanderfeldbau nicht notwendig. Das heißt eigentlich sind die Bauern nur wegen der Bodenunfruchtbarkeit gezwungen, immer wieder neuen Wald zu verbrennen."

    Pläne, das bei der Verbrennung entstehende CO2 von der Atmosphäre fern zu halten, gibt es mehrere: Zuletzt wurde viel über CO2-Speicherung in aufgelassenen Bohrlöchern gesprochen. Die EU-Kommission will künftig nur noch Kohlekraftwerke genehmigen, die das anfallende CO2 binden und in Erdkammern dauerhaft einschließen. Holzkohle wäre dagegen - meint der Wissenschaftler Christoph Steiner - eine dezentrale und unkomplizierte Art der Kohlenstoff-Lagerung ohne Grenzen. Steiner:

    "Bei der geologischen Sequestrierung brauche ich Pipeline, um das Gas dorthin zu leiten, wo man es sequestrieren kann. Sie lohnt sich nur bei riesengroßen Projekten mit gewaltigen Investitionen. Wir wissen immer noch nicht, ob nicht das CO2 aus geologischen Senken auch wieder rauskommt. In einem CO2-See würden wir ersticken. Diese Gefahr besteht beim Kohlenstoff nicht. Der Kohlenstoff in der Holzkohle bleibt sicher nicht für ewig, aber für Jahrhunderte oder Jahrtausende, und wird nur ganz, ganz langsam, wenn überhaupt, freigesetzt. Und da besteht sicherlich keine Gefahr für die Umwelt."

    Holzkohle zu erzeugen heißt, aus dem instabilen Kohlenstoff der Biomasse einen stabilen CO2-Speicher zu formen, der weder verrottet noch verfault, sondern jahrhunderte lang lagerfähig bleibt.