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In den Farben von Istanbul

Blutlippenrot, nachtwimpernblau und nikotinverhangen - wo Kinder in Schuluniformen durch die Fußgängerzonen in Beyoglu schlendern, dröhnen des Nachts die Bässe aus diversen Diskotheken. Wild geschminkte Paare schlängeln sich durch den Stau nach Mitternacht, Beyoglu spielt Soho.

Von Jochanan Shelliem |
    Wenige Stunden später, ein paar Viertel entfernt: Nirgends kann man so viele Möwen schreien, so viele Männer Suren singen hören, wie morgens um halb vier in Sultanahmet. Unweit des ältesten Hamam der Stadt liegt heute Konstantinopel. Es riecht nach Öl und Leder. Einhundert Jahre Einsamkeit. Hier hämmern, leimen, nähen, nieten im Dunkel gealterte Gehilfen an Manufakturmaschinen aus der Weimarer Republik an Clogs für Frauen aus Dänemark.

    Hier, hinter den Bazaren versteckt, ist die graubraunlederfarbene Welt der eingewanderten Armenier, die die Schuhmacherzunft von Istanbul begründet haben. Die osmanische Mehrheit tolerierte diese Minderheit, wie die Juden jenseits des Goldenen Horns. In Istanbul hat jedes Viertel seine Farbe, eine eigene Moral. Was unter Anatoliern als schariawürdig gilt, lässt die Flaneure in den steil ansteigenden Gassen von Cihangir nur schmunzeln.

    In der 17-Millionen-Metropole entstehen noch heute über Nacht auf Brachlandstreifen ganze Häuserblocks. Dorfidyllen auf der asiatischen Seite des Bosporus und die Noblesse alteingesessener Clans in Taksim: Eine Begegnung mit Schriftstellern, Schustern und Filmstars in einer garantiert schlaflosen Langen Nacht.

    Offizielle Homepage der Stadt Istanbul

    Offizielle Homepage der Provinzverwaltung Istanbul

    Istanbul 2010 - Kulturhauptstadt 2010

    Goethe-Institut Istanbul

    Istanbul bei Nacht: Clubgänger ziehen nachts im Szene-Viertel Beyoglu durch die Straßen, trinken Cocktails über den Dächern der Stadt und verlieren sich in den hippen Bars der Seitengassen. Doch es gibt eine Rückseite der glitzernden Oberfläche, das Istanbul der Papiersammler, der Tee trinkenden Männer unter Leuchtstoffröhren, der Kuttelsuppenküchen und gerösteten Hammeldärme. Stationen einer langen Nacht. Bildergalerie aus "Die Zeit"

    Crossing the Bridge - The Sound of Istanbul

    Zwischen Hamburg und Istanbul - Fatih Akin und sein neuer Film

    Wo ist zu Hause? Für sein Drama "Auf der anderen Seite" kurvt Regisseur Fatih Akin zwischen Bremen und Istanbul, Elbstrand und Bosporus hin und her. Der neue Film des deutschen Oscar-Bewerbers steht für ein globalisiertes Kino, das über die Kategorien des Nationalen erhaben ist.
    "Auf der anderen Seite"

    Kultur heute: Deutsch-türkische Verwicklungen

    Kommentar: 60. Filmfestspiele von Cannes

    Orhan Pamuk
    Istanbul
    Erinnerungen an eine Stadt
    2006 Hanser
    Für das tagträumende Kind, den jungen Orhan Pamuk, war das Herz der großen Stadt Istanbul das Gebäude, das unter dem Namen "Pamuk Apartmani" bekannt war. Hier lebte die Großfamilie, hier lebten Onkel, Tanten, Großmütter, jeder Zweig der Familie auf einem eigenen Stock. Nun schildert der Schriftsteller Orhan Pamuk mit seinem einzigartigen Gespür für Geschichte und seiner außergewöhnlichen erzählerischen Begabung die Geheimnisse seiner eigenen Familie und entdeckt, inwiefern sie typisch für ihre Zeit und diesen bestimmten Ort waren. Er führt uns an die berühmten Monumente und verlorenen Paradiese der sagenhaften Stadt, zeigt uns die verfallenden osmanischen Villen, die Wasserstraßen des Bosporus und des Goldenen Horns, die dunklen Gassen der Altstadt und berichtet von Malern, Dichtern und Mördern. Unter Pamuks Händen verwandelt sich die Autobiographie, und was als Porträt des Schriftstellers als junger Mann beginnt, wird das Porträt einer außerordentlichen Stadt.

    Orhan Pamuk
    Rot ist mein Name
    Ausgezeichnet mit dem International IMPAC Dublin Literary Award 2003.
    Roman
    2007 Süddeutsche Zeitung / Bibliothek
    Man schreibt das Jahr 1591, Istanbul ist vom Schnee bedeckt. Ein Toter spricht zu uns aus der Tiefe eines Brunnens. Er kennt seinen Mörder, und er kennt auch die Ursache für den Mord: ein Komplott gegen das gesamte Osmanische Reich, seine Religion, seine Kultur, seine Tradition. Darin verwickelt sind die Miniaturenmaler, die beauftragt sind, für den Sultan zehn Buchblätter zu malen, ein Liebender und der Mörder, der den Leser bis zum Schluss zum Narren hält. Ein spannender Roman, der, als historischer Krimi verkleidet, immer wieder auch auf die gegenwärtige Spannung zwischen Orient und Okzident verweist

    Geert Mak
    Die Brücke von Istanbul
    Eine Reise zwischen Orient und Okzident.
    2007 Pantheon
    Nach seinem Bestseller "In Europa" widmet sich Geert Mak in seinem neuen Buch Geschichte und Gegenwart der Stadt Istanbul. Hier verläuft die Grenze zwischen Europa und Asien, hier berühren sich Orient und Okzident. Indem Mak die berühmte Galatabrücke überquert, macht er sich auf die Suche nach dem Innersten der türkischen Metropole. Eine glänzende Schilderung von Vergangenheit und Gegenwart Istanbuls, der faszinierenden Stadt am Bosporus.

    Elif Shafak
    Bastard von Istanbul
    Roman
    2007 Eichborn
    Elif Shafak tarnt ihre Generalabrechnung mit den Lebenslügen der türkischen Gesellschaft als Screwball-Komödie, bei der einem das Lachen im Halse steckenbleibt. Armanoush ist 19 Jahre alt, intelligent, schön und unglücklich. Seit der Scheidung ihrer Eltern lebt sie in zwei Welten, die einfach nicht zusammenkommen wollen: Ihre Mutter Rose verwöhnt sie in Arizona mit dem American Way of Life, während die Familie ihres armenischen Vaters in San Francisco ihr die Traditionen der alten Heimat nahebringen will, um so mehr, weil Armanoushs Mutter in zweiter Ehe ausgerechnet mit Mustafa verheiratet ist, einem Türken! Je älter Armanoush wird, desto weniger weiß sie, wer sie wirklich ist: eine amerikanische Armenierin oder eine armenische Amerikanerin? Armanoush entschließt sich zu einer Reise in die Vergangenheit und besucht die türkische Familie ihres Stiefvaters in Istanbul. Und weiß bald nicht mehr, worüber sie sich mehr wundern soll: die herzliche Gastfreundschaft im Haus der Kazancis, die skurrilen Charaktere seiner ausschließlich weiblichen Bewohner oder die völlige Ignoranz gegenüber der türkisch-armenischen Geschichte. Nur das jüngste Mitglied der Familie, die vaterlos aufgewachsene Asya, kann verstehen, warum Armanoush so viele Fragen stellt.

    Elif Shafak
    Spiegel der Stadt
    Roman
    Aus d. Türk. u. Nachw. v. Beatrix Caner
    2004 Literaturca Verlag
    Eine verbotene Liebe und die Inquisition
    "Spiegel der Stadt" ist ein Roman modernster Machart, und die junge Schriftstellerin Elif Safak versteht es ausgezeichnet, den Leser, trotz eines ernsthaften Themas, spannend zu unterhalten. Die Geschichte des historischen Romans führt über ganz Europa, beginnt im Spanien der Inquisition in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts und spannt sich über Italien bis zum Osmanischen Reich. Die jüdischstämmige Familie Pereira gerät dabei in die Fänge der Inquisition und muss um ihr Leben und um ihre Existenz bangen. Neid ist unmittelbarer Auslöser der Verfolgung der Pereiras, doch dient eine verbotene Liebe nur als Alibi für die nächtliche Verhaftung und das erbarmungslose Durchgreifen der Inquisitoren. Vor der Katastrophe, dem Verbrennen auf dem Scheiterhaufen, entkommen die Pereiras um eine Haaresbreite. Zwei Mitgliedern der Familie gelingt unverhofft die Flucht nach Istanbul, das zu dieser Zeit Rettungsinsel für Tausende von Sepharden (jüdische Flüchtlinge aus Spanien und Portugal) ist und wo sie eine neue Heimat erwartet. Im Vordergrund des Romans stehen große Gefühle, insbesondere die leidenschaftliche Liebe zwischen Isabel und Miguel, gerade sie rücken die historische Realität in fassbare, spürbare menschliche Nähe. Die großen Gefühle lassen aber genügend Raum für einen realistischen Ausblick auf manche vergessenen Dimensionen einer dunklen Phase der Geschichte.
    Aktualität gewinnt der Roman durch die Thematisierung des Nebeneinanders der drei Weltreligionen Judentum, Christentum und Islam.

    Esmahan Aykol
    Goodbye Istanbul
    Roman.
    Aus d. Türk. v. Antje Bauer
    2007 Diogenes
    Um einer unglücklichen Liebe zu entkommen, verläßt Ece ihre Heimatstadt Istanbul und beginnt ein neues Leben in London. Doch beim Tellerwaschen in einem Grillrestaurant stürzen tausend Erinnerungen auf sie ein, schmerzliche, aber auch schöne. Ece erkennt: Für einen Neuanfang ist Vergessen viel, Erinnern alles.

    Jürgen Ebertowski
    Agentur Istanbul
    Eugen Meuniers dritter Fall.
    Kriminalroman.
    2007 Rotbuch Verlag
    Nasskaltes Dezemberwetter in Berlin. Der Romanautor Eugen Meunier sehnt sich nach der Sonne seiner türkischen Wahlheimat Istanbul. Das Finanzamt und ein schwarzes Loch auf dem Konto nötigen ihn jedoch, sich in der deutschen Hauptstadt als Aikido-Lehrer und nun auch noch als Aushilfe in der Agentur Istanbul seiner Exfreundin Olga zu verdingen. Da reißt eine Reihe mysteriöser, äußerst brutaler Supermarktüberfälle und seltsamer Unfälle Meunier aus seiner Winterdepression, und die Ereignisse überschlagen sich denn zeitgleich werden in der Türkei Anschläge auf Museen in beinahe identischer Weise wie auf die Berliner Supermärkte verübt, lediglich die Waffen sind andere Meunier ist wieder voll da und verfolgt die sich ihm aufdrängende Frage: Gibt es eine Spree-Bosporus-Connection des Verbrechens?

    Ahmet Ümit
    Nacht und Nebel
    Roman.
    Aus d. Türk. u. m. e. Nachw. v. Wolfgang Scharlipp
    2005 Unionsverlag
    2006

    Leyla Erbil
    Eine seltsame Frau
    Roman
    2005 Unionsverlag

    Manfred Ferner
    Istanbul und Umgebung
    Entdeckungen und Erlebnisse
    Kultur und Aktivitäten in der Metropole zwischen Europa und Asien, zwischen Tradition und Moderne. Reise Know-How
    2006 Reise Know-How Verlag Rump