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In den Konzerthallen zu Hause

Seit über 20 Jahren begleitet der Hamburger Fotograf Stefan Malzkorn die populäre Musikszene. Mittlerweile fühlt er sich selbst als Teil des Rock'n'Roll. Einen Ausschnitt aus den Tausenden von Bildern, die in unzähligen Bühnengräben entstanden sind, zeigt er von heute an in Hamburg.

Von Louise Brown | 25.09.2013
    Fotograf Stefan Malzkorn. Seit 20 Jahren fotografiert er Musiker auf und abseits der Bühne.

    "Das ist diese Deichkind Bierdusche, die auch irgendwo legendär geworden ist; 1000 Leute in der ersten Reihe machen zur gleichen Zeit ein Bier auf und schütteln es und es spritzt durch die Luft ..."

    Gerade sitzt Malzkorn am Rechner und schaut durch die Bilder, die ab heute in der Ausstellung "Stefan Malzkorn’s Rock and Roll" im Hamburger Nochtspeicher zu sehen sind.

    "Flaming Lips, Iggy Pop, Lenny Kravitz, Depeche Mode, die Absoluten Beginner, Björk wird dabei sein und diverses anderes Zeug!"

    Fotografieren war für Stefan Malzkorn erst einmal nur ein Hobby. Während des Studiums half er Freunden, die ein selbst kopiertes Musikmagazin herausbrachten, und fotografierte für sie die Hamburger Musikszene.

    "Es war nicht nur, dass ich nur fotografiert habe, sondern wir haben tatsächlich nach den Konzerten noch abgehangen, teilweise mit den Bands; wir haben gefeiert, und irgendwie passte es auch, das heißt, ich habe mich mit dem Umfeld wohlgefühlt!"

    "Wir machen einfach mal einen Aktenordner auf, ich habe ungefähr 200 Aktenordner mit Dias, zum Beispiel der Aktenordner "FO", fängt an mit einer Band, die heißt Foetus, dann kommt jemand, der heißt Foley, dann kommen die Foo Fighters (blättert), eins, zwei, drei, vier, fünf …"

    Konzertfotografie – das muss man erst mal können.

    "Es gibt natürlich eine Grundspannung, die schon vor der Show anfängt, weil man einfach nicht weiß, wann setzt sie ein, gibt es ein Intro, gibt es keinen, kommt das Licht schlagartig und wie werden sich diese Leute auf der Bühne bewegen."

    MC Ferris, posierend im weißen Jogginganzug in einem schmutzigen Gewächshaus. David Gould, Sänger von Mothertongue; der gelbliche Ton und die tiefen Schatten erinnern an ein altes Ölgemälde.

    All dieses findet man in Malzkorns Archiv, aber auch: Lenny Kravitz, im körnigen Schwarz-Weiß, Gesicht kaum erkennbar hinter dem Mikrofon im Vordergrund. Was macht überhaupt ein gutes Musikfoto aus? Das gestellte Bandporträt? Oder die leicht unscharf wirkende Momentaufnahme eines Bühnenauftritts?

    "Ich habe sicherlich merkwürdige Bilder, weil sie tatsächlich ein Moment einfangen, der total live ist; der kein Musikerporträt darstellt aber ein Live-Moment ist. Es kann einfach nur ein total scharfes Mikrokabel sein, das in der Luft schwebt und dahinter schwebende Beine."

    Es ist ein sportlicher Beruf, der des Musikfotografen. Und nicht nur, weil die Fotografen bei den meisten Rockkonzerten nur drei Lieder Zeit haben, um in einem zwei Meter breiten Bühnengraben das perfekte Foto einzufangen.

    "Es gibt sehr, sehr leise Konzerte, wo es absolut störend ist, wenn die Kamera zu laut ist ... und es gibt Konzerte, die so schwach sind vom Licht her, dass auch der Autofokus nicht mehr richtig reagiert, der findet nicht mehr die Linien, an denen er sich orientieren kann."

    Mehrere Tausend Stadionkonzerte, Hunderttausende von Aufnahmen. Ganz ehrlich: Wozu braucht man eigentlich noch Profi-Fotos, wo doch jeder selbst ein Auftritt auf dem Handy mitschneiden kann?

    "Eine Sache kann ich mit Film nicht machen: Ich kann mir den Film nicht an die Wand hängen!"

    Zu Hause nämlich hat Stefan Malzkorn seine eigene kleine Ausstellung von 20 Jahren im Musikgeschäft. In seinem Flur hängen sie: Björk, Die Sterne, Beth Orton, Portishead, Robert Forster, Evan Dando Harry Belafonte …