Seit Jahren wird darüber diskutiert, ob der Name Weißrussland für das Land im Osten Europas noch angemessen sei, ob wir nicht wie die Menschen im Land selbst von Belarus sprechen sollten. Im Hintergrund steht unter anderem die Frage, ob der Name Weißrussland problematische Assoziationen auslösen könne, im Sinne einer Zugehörigkeit eines eigenständigen Staates zum politischen und nationalen Bereich Russlands. Die Neue Zürcher Zeitung formulierte diese Position einmal so: "Dem fälschlich verwendeten Toponym Weissrussland ist die semiotische Zugehörigkeit zu Russland bereits eingeschrieben." Auch die Deutschlandfunk-Medienredaktion hat darüber berichtet.
Die Nachrichtenagenturen als Vorreiterinnen
Vor einigen Monaten nun sind deutschsprachige Nachrichtenagenturen zur Bezeichnung Belarus übergegangen. Die Begründung ist eher formal. Sie besteht aus dem Hinweis auf die schon erwähnte Selbstbezeichnung und auf die Sprachregelung des Auswärtigen Amtes. In den deutschen Medien setzt sich Belarus seitdem nach und nach durch. In den Zeitungen, im Radio und im Fernsehen, bei Korrespondenten und Moderatorinnen. Das merken wir in diesen Tagen besonders - wegen der intensiven Berichterstattung vor den Wahlen.
Es geht um Verständlichkeit – langfristig und kurzfristig
Angesichts dieser allgemeinen Entwicklung gehen auch die Deutschlandfunk-Nachrichten zur Bezeichnung Belarus über. Wir wollen und müssen langfristig verständlich bleiben, die Menschen sollen wissen, wovon die Rede ist. Daneben steht allerdings auch das beachtliche Problem der kurzfristigen Verständlichkeit. Viele Hörerinnen und Nutzer sind in unserem Programm an Weißrussland gewöhnt, haben (zumindest von uns) noch nie etwas von Belarus gehört. Daher werden wir die beiden Namen für eine ganze Weile synonym und parallel verwenden.
Die heikle Frage des Adjektivs
Eine besonders knifflige Frage ist die des Adjektivs. Folgt man der sprachlichen Logik und bedenkt man die erwähnten sprachpolitischen Überlegungen, so darf das Adjektiv nicht "belarussisch" lauten. Es muss "belarusisch" sein. Im englischsprachigen Raum hat sich der Verzicht auf das zweite "s" schon durchgesetzt. Im deutschen Sprachraum wirkt es momentan noch fremd. Doch das ist vermutlich eine Frage der Zeit - wie so vieles in der komplizierten und wunderbaren, in der manchmal logischen und manchmal widersprüchlichen Welt der Sprache.