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In ganz Italien gefürchtet

Egal ob gegen CIA-Agenten oder die Mafia, ob wegen Amtsmissbrauch oder Korruption ermittelt wird, die Mailänder Staatsanwalt kämpft stets an vorderster Front. Kein Wunder, dass sie Silvio Berlusconi verhasst ist. Seit mehr als 20 Jahren laufen hier Verfahren gegen ihn, in der kommenden Woche geht hier der Rubygate-Prozess in die nächste Runde.

Von Kirstin Hausen |
    Graue Steinquader, ein riesiger Treppenaufgang. Der Palazzo di giustizia, der "Justizpalast" in Mailand macht seinem Namen alle Ehre. Das lateinische Justitia prangt dort in großen Lettern so weit oben, dass Besucher den Kopf in den Nacken legen müssen, um es zu lesen. Die Gerichtsschreiberin Elisabetta Croni geht hier täglich ein und aus. Morgens um acht steigt sie aus dem Bus direkt vor dem Haupteingang.

    "Ich bin stolz auf das, was wir hier leisten, weil ich die Arbeitsbedingungen kenne. Wir leiden unter Personalmangel, dabei ist dieses Gericht das bedeutendste Italiens. Die heikelsten Fälle werden hier verhandelt, die politischen Fälle. Und trotzdem arbeiten wir in einem Büro, das theoretisch mit sieben Leuten besetzt sein sollte, nur zu dritt. Das heißt, jeder arbeitet doppelt so viel wie vorgesehen. Es macht mich stolz, dass wir unter diesen Bedingungen so viel bewerkstelligen."

    Widrige Umstände scheinen die Mailänder Staatsanwälte nicht zu bremsen, sondern im Gegenteil noch anzuspornen. Kritiker meinen, sie schössen dabei manchmal übers Ziel hinaus, indem sie vorschnell Ermittlungen einleiten. Oberstaatsanwalt Armando Spataro weist solche Vorwürfe zurück.

    "Ich habe die Pflicht, jede Straftat zu verfolgen. Ich habe die Pflicht, jeden Bürger gleichzubehandeln. Das ist meine Ausgangslage. Wenn meine Ermittlungen aber ergebnislos bleiben, und leider findet man nicht immer Beweise, dann muss ich mich damit abfinden. Meine Aufgabe ist damit beendet."

    Seit 35 Jahren ist Armando Spataro bei der Staatsanwaltschaft Mailand im Einsatz. In einem Prozess, der international für Schlagzeilen sorgte, konnte er 23 Agenten des US-Geheimdienstes CIA nachweisen, den Mailänder Imam Abu Omar einen Monat vor dem Beginn des Irakkrieges im Jahr 2003 entführt und außer Landes gebracht zu haben. Es war europaweit der erste Prozess, der die gesetzeswidrigen Entführungen von mutmaßlichen Terroristen aufarbeitete. In den Siebziger und Achtziger Jahren ermittelten die Mailänder Staatsanwälte erfolgreich gegen die Linksterroristen der Roten Brigaden, unter Lebensgefahr. Jeder von ihnen bekam eine schusssichere Aktentasche ausgehändigt, die er sich im Falle eines Attentates vor die Brust halten sollte. Nicht weniger gefährlich sind die Ermittlungen gegen die Mafia in Norditalien. Sie begannen in den Neunziger Jahren, jetzt befinden sie sich in einer zweiten intensiven Phase. Mailand ist zu einem Modell und geworden, weil sich die Staatsanwälte hier erstmals in Arbeitsgruppen zusammengetan haben.

    "Das hat unsere Effizienz enorm gesteigert. Gegen den Terrorismus, aber auch gegen die Wirtschaftskriminalität und die Korruption, mit der wir es später immer mehr zu tun hatten."

    Ermittlungen wegen Korruption, Amtsmissbrauch und illegaler Parteienfinanzierung lösen Anfang der Neunziger Jahre ein politisches Erdbeben aus. Die Mailänder Staatsanwälte Gherardo Colombo, Piercamillo Davigo und Antonio Di Pietro decken ein umfassendes Schmiergeldsystems auf, die Italiener sind empört, die Parteien lösen sich auf, neue politische Bewegungen entstehen. Unter anderem auch "Forza Italia" unter Führung des damaligen Bauunternehmers Silvio Berlusconi. Die Mailänder Staatsanwaltschaft hatte ihn zu diesem Zeitpunkt bereits des Meineides überführt. Berlusconi hatte behauptet, kein Mitglied der Geheimloge P2 gewesen zu sein, was anhand seines Mitgliedsausweises widerlegt werden konnte. Seitdem sind 21 Strafverfahren gegen Berlusconi eröffnet worden, sechzehn wurden mit Freispruch abgeschlossen oder fallen gelassen, weil sie verjährt waren. Fünf laufen allerdings noch, davon vier in Mailand.

    "Viele sprechen von einem Krieg der Staatsanwälte gegen ihn, davon halte ich gar nichts. Ein Krieg sieht zwei kämpfende Gegner vor, wir machen dagegen nur unsere Arbeit und ernten dafür Angriffe und Beschimpfungen."

    Oberstaatsanwalt Armando Spataro lässt sich jedoch nicht beeinflussen durch das angespannte politische Klima. Er zählt auf den Zusammenhalt innerhalb der Mailänder Staatsanwaltschaft.

    "Für mich ist die Staatsanwaltschaft eine erweiterte Familie geworden und das sehe nicht nur ich so, sondern auch viele meiner Kolleginnen und Kollegen."

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