Jule Reimer: Sie haben es gehört: 29.000 Tonnen – das sind 29 Millionen Kilo – wird der zusätzliche Schutzmantel wiegen, der über dem maroden Betonsarg von Tschernobyl errichtet werden soll, der dort bislang die strahlenden Reste der Atomruine abschirmt. Damit will die ukrainische Regierung einem Einsturz des Sarkophags zuvorkommen, des alten Sarkophags. Arndt Reuning aus unserer Wissenschaftsredaktion, blicken wir erst noch mal nach Japan. Wie kommen dort die Krisenarbeiten an den Reaktoren in Fukushima voran?
Arndt Reuning: Mittlerweile haben die Arbeiter damit begonnen, stark radioaktives Wasser aus dem Reaktor II herauszupumpen, in einem Becken aufzufangen und aufzubereiten. 30.000 Tonnen Wasser passen dort hinein, allerdings schafft man nur pro Tag ungefähr 500 Tonnen. Das wird sich also noch etwas hinziehen. Gestern hat man auch zum ersten Mal Roboter in das Reaktorgebäude geschickt, einen amerikanischen Militärroboter, der vor allem die Radioaktivität in diesen Bereichen gemessen hat. Die liegt um das 6000-fache über dem, was dort normalerweise herrscht.
Reimer: Bevor wir über die Kosten einer Atomkatastrophe reden, möchte ich erst mal übers Aufräumen und Abschirmen sprechen, wenn also die schlimmste Gefahr gebannt ist. Kann Tschernobyl da für Fukushima als Beispiel zum Aufräumen dienen mit diesem Sarkophag?
Reuning: In Tschernobyl lag das Herz des Reaktors ja offen. Da war es wichtig, möglichst schnell eine Schutzhülle hochzuziehen, und das war sicher kein Bauwerk für die Ewigkeit. In Fukushima ist es ja eher eine schleichende Freisetzung. Wichtig ist, dass dort erst einmal die Lecks abgedichtet worden sind, die vorhanden sind.
Da die Reaktor-Schutzhülle in Japan nicht oder vielleicht nur wenig beschädigt ist, kann man sich dort auch ein anderes Szenario vorstellen, ähnlich wie beim Reaktor Three Mile Island in Harrisburg im Jahr 1979. Auch dort war es zu einer partiellen Kernschmelze gekommen und Radioaktivität war ausgetreten, vor allem radioaktives Edelgas, aber eben deutlich weniger als in Fukushima oder Tschernobyl. Als der Reaktor dann abgekühlt war, hat man dort das komplette radioaktive Inventar entfernt und das Kühlwasser aufbereitet und anschließend verdampft. Einen Sarkophag hat es in diesem Fall nicht gegeben, das war einfach nicht notwendig.
Reimer: Mit welchen Zeiträumen müssen wir da rechnen?
Reuning: Die japanische Regierung sagt, dass die Situation in neun Monaten unter Kontrolle sei. Das sehen viele Experten als sehr ambitioniert an. In Harrisburg hat es auf alle Fälle länger gedauert als veranschlagt. Zwei bis drei Jahre sollten die Sanierungsarbeiten dort dauern, aber über ein Jahr war bereits vergangen, als zum ersten Mal überhaupt ein Mensch das Reaktorgebäude betreten konnte. Fünf Jahre nach dem Unglück wurde der Reaktorbehälter dann geöffnet und erst im Jahre 1990 hatte man den Brennstoff entfernt. 1993, 14 Jahre nach dem Vorfall also, waren die Arbeiten dann abgeschlossen. In Tschernobyl wird das sicher noch länger dauern. Man hofft, im Jahre 2065 den Reaktor zurückgebaut zu haben.
Reimer: Geben Sie uns bitte noch kurz einen Einblick in die Kosten, die bei diesen vorangegangenen Unfällen aufgelaufen sind?
Reuning: In Harrisburg hatte man mit 140 Millionen US-Dollar gerechnet, über eine Milliarde ist es dann geworden, und in Tschernobyl wird die neue Schutzhülle um diesen Sarkophag gut 1,5 Milliarden Euro kosten. Dazu kommen dann noch 300 Millionen Euro für ein Zwischenlager und drei bis vier Millionen zur teilweisen Sanierung eines radioaktiv verseuchten Stausees, aber das ist ja dann schon fast ein Schnäppchen.
Reimer: Nicht zu reden von anderen Kosten, die außerdem noch über medizinische Betreuung etc. entstanden. – Kosten und Zeiträume zur Beseitigung der Folgen einer Atomkatastrophe nach bisherigen Erfahrungen schilderte uns Arndt Reuning. Vielen Dank.
Arndt Reuning: Mittlerweile haben die Arbeiter damit begonnen, stark radioaktives Wasser aus dem Reaktor II herauszupumpen, in einem Becken aufzufangen und aufzubereiten. 30.000 Tonnen Wasser passen dort hinein, allerdings schafft man nur pro Tag ungefähr 500 Tonnen. Das wird sich also noch etwas hinziehen. Gestern hat man auch zum ersten Mal Roboter in das Reaktorgebäude geschickt, einen amerikanischen Militärroboter, der vor allem die Radioaktivität in diesen Bereichen gemessen hat. Die liegt um das 6000-fache über dem, was dort normalerweise herrscht.
Reimer: Bevor wir über die Kosten einer Atomkatastrophe reden, möchte ich erst mal übers Aufräumen und Abschirmen sprechen, wenn also die schlimmste Gefahr gebannt ist. Kann Tschernobyl da für Fukushima als Beispiel zum Aufräumen dienen mit diesem Sarkophag?
Reuning: In Tschernobyl lag das Herz des Reaktors ja offen. Da war es wichtig, möglichst schnell eine Schutzhülle hochzuziehen, und das war sicher kein Bauwerk für die Ewigkeit. In Fukushima ist es ja eher eine schleichende Freisetzung. Wichtig ist, dass dort erst einmal die Lecks abgedichtet worden sind, die vorhanden sind.
Da die Reaktor-Schutzhülle in Japan nicht oder vielleicht nur wenig beschädigt ist, kann man sich dort auch ein anderes Szenario vorstellen, ähnlich wie beim Reaktor Three Mile Island in Harrisburg im Jahr 1979. Auch dort war es zu einer partiellen Kernschmelze gekommen und Radioaktivität war ausgetreten, vor allem radioaktives Edelgas, aber eben deutlich weniger als in Fukushima oder Tschernobyl. Als der Reaktor dann abgekühlt war, hat man dort das komplette radioaktive Inventar entfernt und das Kühlwasser aufbereitet und anschließend verdampft. Einen Sarkophag hat es in diesem Fall nicht gegeben, das war einfach nicht notwendig.
Reimer: Mit welchen Zeiträumen müssen wir da rechnen?
Reuning: Die japanische Regierung sagt, dass die Situation in neun Monaten unter Kontrolle sei. Das sehen viele Experten als sehr ambitioniert an. In Harrisburg hat es auf alle Fälle länger gedauert als veranschlagt. Zwei bis drei Jahre sollten die Sanierungsarbeiten dort dauern, aber über ein Jahr war bereits vergangen, als zum ersten Mal überhaupt ein Mensch das Reaktorgebäude betreten konnte. Fünf Jahre nach dem Unglück wurde der Reaktorbehälter dann geöffnet und erst im Jahre 1990 hatte man den Brennstoff entfernt. 1993, 14 Jahre nach dem Vorfall also, waren die Arbeiten dann abgeschlossen. In Tschernobyl wird das sicher noch länger dauern. Man hofft, im Jahre 2065 den Reaktor zurückgebaut zu haben.
Reimer: Geben Sie uns bitte noch kurz einen Einblick in die Kosten, die bei diesen vorangegangenen Unfällen aufgelaufen sind?
Reuning: In Harrisburg hatte man mit 140 Millionen US-Dollar gerechnet, über eine Milliarde ist es dann geworden, und in Tschernobyl wird die neue Schutzhülle um diesen Sarkophag gut 1,5 Milliarden Euro kosten. Dazu kommen dann noch 300 Millionen Euro für ein Zwischenlager und drei bis vier Millionen zur teilweisen Sanierung eines radioaktiv verseuchten Stausees, aber das ist ja dann schon fast ein Schnäppchen.
Reimer: Nicht zu reden von anderen Kosten, die außerdem noch über medizinische Betreuung etc. entstanden. – Kosten und Zeiträume zur Beseitigung der Folgen einer Atomkatastrophe nach bisherigen Erfahrungen schilderte uns Arndt Reuning. Vielen Dank.