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In Portugal wächst der Energiebedarf

In Portugal wächst der Energiekonsum um sechs Prozent jährlich. Ein Firmenkonsortium machte jetzt ein verlockendes Angebot: Es baut auf eigene Kosten ein Kernkraftwerk die Regierung müsse nur zusagen. Dazu kämem 600 bis 700 neue Arbeitsplätze. Nur: Schon in den 80er Jahren entschied sich das südeuropäische Land für den Atomausstieg. Umweltschützer forden den Ausbau erneuerbarer Energien.

Von Jochen Faget |
    "Es geht in erster Linie um wirtschaftliche Interessen von Unternehmensgruppen," versichert Francisco Ferreira von der Umweltschutzorganisation Quercus. "Die wollen die gegenwärtige Lage ausnutzen: Angesichts der schweren Trockenheit haben sie den Atomstrom ins Spiel gebracht. Als Rettung für die Energieprobleme Portugals."

    Und was da vorgeschlagen wurde, klingt toll: Ein Firmenkonsortium will im westlichsten Land Europas ein Kernkraftwerk bauen. Alles auf eigene Kosten, die Regierung müsse nur Ja sagen. Ein verlockendes Angebot. Vor allem, weil einerseits die Stauseen zur Wasserenergiegewinnung immer leerer, andererseits Öl und Erdgas für die konventionellen Kraftwerke immer teurer werden. Da könnte man als Wirtschaftsminister schon in Versuchung kommen.

    600 bis 700 direkte Arbeitsplätze hat der portugiesische Geschäftsmann Patrick Monteiro de Barros für den Fall versprochen, dass er den Atommeiler bauen darf. Darüber hinaus müsste eine vor kurzem stillgelegte Uranmine im Norden des Landes reaktiviert werden, was weitere Arbeitsplätze bedeuten würde. Die Sache hat nur einen Haken: Portugal hatte sich schon in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts gegen den Atomstrom entschieden. Das wollen Kernkraftbefürworter ändern: "In den vergangenen Monaten wurde eine Atomlobby in Portugal aufgebaut", weiß der Umweltschützer Francisco Ferreira. "Auch der Forschungsstaatssekretär der vorherigen Regierung war ein Verfechter von Kernkraftwerken."

    Der sitzt jetzt in dem neuen Konsortium, das mit Zeitungsanzeigen für das Kraftwerk-Projekt wirbt und anscheinend auch schon einige Meinungsmacher auf seine Seite gebracht hat: Ein einflussreicher Kommentator erklärte in seiner Zeitungskolumne, Portugal sei wegen der spanischen Kernkraftwerke an der Grenze bereits gefährdet, warum solle es also nicht auch Nutzen aus der Atomenergie ziehen.

    Dabei sind Portugals Probleme ganz andere: Trotz des stagnierenden Wirtschaftswachstums steigt der Energiekonsum jährlich um über sechs Prozent. Alternative Energien machen gerade einmal 13 Prozent der Gesamtproduktion aus. Portugal verschwendet ganz einfach zu viel Energie, kritisiert die Umweltschutzorganisation Quercus:

    "Unser Treibhausgasausstoß nimmt vor allem wegen des Straßenverkehrs stark zu. Der Stromverbrauch dagegen macht nur 20 Prozent des Energiekonsums aus. Und wir haben ein riesiges, ungenutztes Potential bei erneuerbaren Energien."

    Wind- sowie Sonnenkraft, aber auch Biomasse müssten als Energiequellen ausgebaut werden, fordert Francisco Ferreira. Und zumindest, was die Windenergie angeht, habe die Regierung jetzt endlich ein umfangreiches Sonderprogramm aufgelegt. Ein Atommeiler, für den es obendrein keinen sicheren Standort gebe, sei da wirklich unnötig.

    Bleibt nur die Frage, warum er dann so hartnäckig in der Presse diskutiert wird. Es gebe gegenwärtig keine Pläne, ein Kernkraftwerk in Portugal zu bauen, heißt es aus dem Umweltministerium. Und das Wirtschaftsministerium erklärt, Atomenergie sei während dieser Legislaturperiode kein Thema für das Land. Die Umweltschutzorganisation Quercus hofft, dass das auch über die nächsten vier Jahre hinaus so bleiben wird. Francisco Ferreira:

    "Zu einem Zeitpunkt, an dem die EU auf erneuerbare Energien und Energiesparen setzt, kann Portugal doch nicht mit einem Kernkraftwerk als Lösung all seiner Probleme liebäugeln. Vor allem, weil das nicht die Lösung ist."