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In Trippelschritten gegen die Jugendarbeitslosigkeit

Im April war in der EU beinah jeder Vierte unter 25 Jahren ohne Arbeit oder Ausbildungsplatz. Die Europäische Union setzt vor allem auf die sogenannte Jugendgarantie, bei der Jugendlichen nach einer bestimmten Zeit eine Stelle zugesichert wird. Nun sollen die Maßnahmen konkretisiert werden.

Von Eva Raisig | 27.06.2013
    Einen großen Schritt vorwärts, nannte EU-Beschäftigungskommissar Laszlo Andor den Beschluss zur Jugendgarantie Ende Februar. Seither geht es aber eher in Trippelschritten voran. Beispiel Finanzierung: Noch immer ringen die Beteiligten um den mehrjährigen Finanzrahmen der EU. Doch sicher ist, dass daraus sechs Milliarden Euro für den Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit reserviert sind. Ab 2014 könnten die ersten Fördermillionen fließen – wenn sich die Europapolitiker einigen. Das Geld kommt aus dem Europäischen Sozialfonds und wird - wie bei Strukturfonds üblich - an Regionen vergeben. In diesem Fall an solche mit besonders hoher Jugendarbeitslosigkeit. So gelange die Hilfe schnell an die richtige Stelle, glaubt Elisabeth Schroedter, Arbeitsmarktexpertin der Grünen im Europaparlament.

    "Das ist aus meiner Sicht eine ganz praktische Angelegenheit, weil sie keinen zusätzlichen bürokratischen Aufwand hat, keine zusätzlichen Strukturen, sondern vorhandene dezentrale Strukturen nutzt und dann aber gut ausfinanzierte Maßnahmen ermöglicht."

    Wie diese Maßnahmen genau aussehen, ist offen. Die EU sieht vor, dass die Länder insgesamt enger zusammenarbeiten wie beispielsweise in der Arbeitsplatzvermittlung über Ländergrenzen hinweg. Erfolgreiche Systeme, wie die duale Ausbildung in Deutschland, sollen auch in andere Staaten exportiert werden. Doch die Jugendgarantie ist kein Gesetz, sondern eine Empfehlung, eine Selbstverpflichtung der Mitgliedsstaaten. Die EU selbst hat keine Möglichkeiten, die Umsetzung zu erzwingen. Sie kann nur hoffen, dass ihre Anregungen aufgenommen werden. Anders als bei der Staatsverschuldung, sind in der Jugendgarantie keine Strafzahlungen vorgesehen, wenn die Maßnahmen nicht oder ungenügend umgesetzt werden.

    Elisabeth Schroedter: "Diese Androhung würde die Länder natürlich viel stärker verpflichten. Bisher haben wir es eben nur für die Haushaltsverpflichtung und noch nicht für das Soziale. Das wäre für mich ein Fortschritt, wenn man da auch so eine Sanktion hätte. Dann wäre die Garantie noch fester, als sie jetzt mit dieser Verpflichtung ist."

    Entsprechend schleppend verläuft auch die Umsetzung. Vergangene Woche, vier Monate nach dem Beschluss, musste EU-Kommissar Andor die Länder auffordern, die Jugendgarantie nun auch in die Praxis umzusetzen. Auch die deutsche Arbeitsministerin Ursula von der Leyen machte beim Treffen der Arbeits- und Sozialminister in Luxembourg vor wenigen Tagen Druck:

    "Die Schlüsselfrage ist jetzt, den politischen Willen, der gefasst ist, in ganz konkrete Maßnahmen vor Ort, und das ist Knochenarbeit, das weiß ich, das ist eigentlich Hausaufgabe von Arbeitsministern, umsetzen. Dass vor Ort dann zum Schluss die Vermittlung in die Arbeitsplätze stattfindet, sei es eben auch mit Hilfen, die flankierend da sein müssen."

    Helfen könnten zum Beispiel schnelle und günstige Kredite für kleine und mittlere Unternehmen. Dafür soll vor allem die Europäische Investitionsbank sorgen. Denn bisher schrecken viele Betriebe oft vor zusätzlichen Kosten zurück, die die Co-Finanzierung beschlossener Maßnahmen mit sich bringt. Auch die Sozialpartner vor Ort spielten eine Schlüsselrolle, sagt Patrick Itschert, der Vizegeneralsekretär des Europäischen Gewerkschaftsbundes:

    "Wir kennen die Sektoren. Wir wissen, was notwendig ist. Wir wissen, was ein Unternehmen braucht. Deshalb denke ich, der Schlüssel ist, die Sozialpartner auf allen Ebenen einzubeziehen. Denn du musst die Unternehmen davon überzeugen, Ausbildungsplätze und Praktikumsplätze zu stellen, die wirtschaftlichen Möglichkeiten zu prüfen und etwas dafür zu tun, um neue Jobs zu schaffen. Es ist sehr wichtig, die Sozialpartner dabei zu haben."

    Zu große Erwartungen dürfe man aber nicht in die Jugendgarantie stecken.

    "Ganz offensichtlich ist es keine Revolution, das wissen wir. Niemand hat den jungen Leuten versprochen, dass es durch die Jugendgarantie über Nacht sechs Millionen neue Jobs gibt. Das ist Unsinn. Der Schlüssel ist aber, dass alle Mitgliedsländer sich jetzt in die gleiche Richtung bewegen."

    Kritiker sehen in der EU-Initiative vor allem Symbolpolitik. Nicht die Staatsschulden oder die kurzfristige Finanzierung seien das eigentliche Problem. Vielmehr seien in vielen europäischen Ländern grundlegende Arbeitsmarktreformen nötig, um jungen Menschen endlich den Weg in den Job zu erleichtern.