"Man versucht immer, diesen einen Song zu schreiben. Einen Song, der einfach alles auf den Punkt bringt. Jeder Song steht für eine neue Hoffnung. Aber Keiner schafft es dann wirklich, deine eigenen Erwartungen zu erfüllen. Und so geht die persönliche Seelensuche weiter."
Eine Suche, die Colin Meloy und die "Decemberists" jetzt zu den Songs ihres neuen Albums "What A Terrible World, What A Beautiful World" geführt hat.
Das Werk bildet den Abschluss einer dreijährigen Pause, die sich die Band selbst verordnet hatte. Jeder bekam dadurch nicht nur die Zeit, sich um persönliche Dinge zu kümmern, sondern konnte auch an Projekten außerhalb der "Decemberists" mitwirken. Es war, wie Colin Meloy sagt, die Gelegenheit für ein anderes Leben. Er selbst nutzte sie nicht nur als Buchautor, sondern veröffentlichte auch Coverversionen von Morrissey und den Kinks. Die übrigen Bandmitglieder schlossen sich einer Country -Band namens "Black Pairie " an.
Als die "Decemberists" sich dann im Mai 2013 wieder im Studio trafen, beschlossen sie den Neuanfang ganz ohne Stress und Zeitdruck anzugehen. Und schon bald wurde ihnen klar, dass die Produktion eines neuen Albums ganz anders ablaufen würde wie die der Vorgänger.
"Bei diesem Album sind wir zum ersten Mal ins Studio gegangen, ohne genau zu wissen, wie das Endresultat klingen sollte. Wir haben an jedem Song intensiv gearbeitet, und merkten erst nach einiger Zeit, dass wir auf ein Album zusteuerten. Wir haben unsere Arbeitsweise aber auch da nicht verändert, sondern haben konzentriert an jedem Stück weitergearbeitet."
Rund 15 Monate brauchten die "Decemberists" für die Produktion ihres neuen Albums "What A Terrible World, What A Beautiful World" Eine bedächtige Vorgehensweise, die Vorteile für ihre Musik hat. Früher neigte das Quintett bisweilen dazu, seine Songs durch den Einsatz von Streichern zu überlagern. Bei den neuen Songs gibt es zwar auch noch viele Streicher zu hören, aber die klingen längst nicht so bombastisch wie früher- heute setzen die "Decemberists" sie mehr zur Unterstützung ihrer eingängigen Melodien ein, die oft an traditionelle Folklieder erinnert.
"Chris Funk unser Gitarrist, hat die Gruppe mal als "Band von Plattensammlern" bezeichnet, weil man in unserer Musik genau hören kann, was wir für Platten im Schrank stehen haben. Wir sind Studenten in Sachen Tradition. Wir beziehen uns dabei genauso auf die Tradition des englischen und amerikanischen Folkrevivals der 50er- und 60er- Jahre wie auf die Genesis Alben der frühen 70er-Jahre.Wir sind Musikfans aber eben auch Studenten der Tradition. Und ich denke auch, dass es wichtig ist, seinen musikalischen Vorbildern den nötigen Respekt zu erweisen."
Musikalisch retro aber textlich aktuell
Musikalisch retro aber textlich aktuell. "12/17/12 " ein Song, in dem sich Colin Meloy an das Gefühl der Hoffnungslosigkeit erinnert, das ihn überkam, als er von dem Amoklauf an einer Schule hörte. 28 Menschen kamen dabei ums Leben. Gleichzeitig ist der Text aber auch ein Hinweis auf die inhaltliche Umbesinnung des Storytellers Meloy. Ging es ihm bisher um die Aufarbeitung historischer und mystischer Themen, so versteht sich der zweifache Familienvater heute als Chronist des eigenen Lebens. So zum Beispiel in dem Titel "Better Not Wake The Baby", in dem er von seiner Angst erzählt, das sein Sohn Millow zu wenig Schlaf bekommen könnte.
"Selbst wenn es im Text um etwas geht, zu dem nicht jeder Zuhörer einen Bezug aufbauen kann, handelt es sich immer um eine Chronik aus meinem alltäglichen Leben oder ein Thema, dass die Band beschäftigt."
Gespür zum Vermitteln starker Gefühle
Das Gespür zum Vermitteln starker Gefühle hat Colin Meloy aus alten Storyteller Zeiten beibehalten. Er ist ein genauer Beobachter des täglichen Schreckens in der Welt aber auch ein unverhohlener Romantiker, wenn es um familiäre Dinge geht. Textliche Gegensätze, die sich auf ein und dasselbe Ritual zurückführen lassen.
"Ich habe von Songschreibern gehört, die ihr Pad sogar eingeschaltet lassen, wenn sie in einer Reihe für einen Kaffee anstehen. Ich brauche zum Schreiben einen ruhigen Raum. Und wenn ich wirklich mal eine Idee habe, während ich für einen Kaffee anstehe, fällt es mir wirklich schwer, mich später daran zu erinnern. Oft muss ich diese Ideen dann den Göttern der Kreativität opfern."