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Indizien für zu hohe Provisionen des AWD bei geschlossenen Fonds

Wer geschlossene Fonds vor 2002 über den AWD abgeschlossen hat, könnte wegen zu hoher Provisionen vor Gericht Erfolg haben. Denn in der Sendung "Panorama" sagen genau dies ehemalige leitende Angestellte - Ariane Lauenburg von der Stiftung Warentest rät zum schnellen Handeln.

Ariane Lauenburg im Gespräch mit Jule Reimer |
    Jule Reimer: Das Finanzdienstunternehmen AWD war schon mehrfach in den Schlagzeilen. So fühlten sich Kunden nicht immer gut beraten. Gestern stellte der NDR in der ARD-Fernsehsendung "Panorama" Zeugen vor, ehemalige leitende Mitarbeiter, die angaben, dass der AWD sehr hohe Provisionen für die Vermittlung geschlossener Fonds erhalten habe, ohne dies den Kunden mitgeteilt zu haben. Zum 31. Dezember 2011 verjährt die Klagemöglichkeit für alle Kunden, die bis zum Jahr 2002 geschlossene Fonds erworben haben.

    – Am Telefon in Berlin ist Ariane Lauenburg, Finanzexpertin bei der Stiftung Warentest. Frau Lauenburg, erklären Sie uns doch bitte erst einmal, warum die hohen Provisionen in den von "Panorama" genannten Fällen nicht zulässig waren?

    Ariane Lauenburg: Der BGH hat gesagt, dass freie Vermittler und Finanzvertriebe über Provisionen eigentlich nicht aufklären müssen, weil Kunden das eigentlich klar ist, dass die Provisionen kassieren. Wenn die Provisionen aber über 15 Prozent betragen, dann, hat der BGH gesagt, muss der Berater aufklären, weil dann die Rentabilität der Geldanlage doch infrage gestellt ist.

    Reimer: Das war ein Urteil von 2004, was aber rückwirkend gilt. Auf welche Produkte bezieht sich jetzt genau diese Kritik oder dieser eventuelle Ansatzpunkt für eine Klage beim AWD?

    Lauenburg: Das bezieht sich insbesondere auf sogenannte geschlossene Fonds. Das sind langjährige Beteiligungen, bei denen Anleger Geld einzahlen und Mitunternehmer werden, also am Gewinn und am Verlust dieses Unternehmens beteiligt sind. Beim AWD waren das insbesondere Medienfonds, unter anderem der IMF1 und der IMF2. Es waren aber auch Immobilienfonds wie zum Beispiel der Falk-Fonds 60, und andere Fonds, wie zum Beispiel die Drei-Länder-Fonds.

    Reimer: Solche Vermutungen, dass da nicht korrekt beraten wurde, gab es ja schon länger. Aber wie hat sich jetzt die Beweislage verändert, sodass Kunden eher auf einen Erfolg vor Gericht bauen könnten?

    Lauenburg: Die Aussagen der beiden leitenden AWD-Manager gestern Abend in der Sendung, das war eigentlich ein Paukenschlag, weil bisher konnte man nur mutmaßen, dass für diese geschlossenen Fonds sehr hohe Provisionen kassiert wurden. Darüber hätten Anleger aufgeklärt werden müssen. Das bedeutet, dass alle diese Anleger, die über diese hohen Provisionen nicht aufgeklärt wurden, jetzt noch bis zum Jahresende Zeit haben, auf Schadensersatz zu klagen. Und sie haben natürlich jetzt eine gute Beweislage, sprich: Sie können diese beiden AWD-Manager als Zeugen benennen. Im Übrigen wurde in der Sendung auch noch eine Liste gezeigt, auf der stand, dass 22 Prozent Provision genommen worden sein soll.

    Reimer: Das heißt, das sollte man versuchen, sich zu besorgen? Oder wie würden Sie da vorgehen?

    Lauenburg: Nein, das geht anders. Man geht zu einem auf Kapitalanlagerecht spezialisierten Anwalt. Der kann dann die beiden Manager als Zeugen benennen und sich um alles andere kümmern. Das muss der Anleger nicht selber tun.

    Reimer: Wenn ich jetzt andere Fonds als die von Ihnen genannten erworben habe oder vielleicht auch andere Produkte bei AWD, gibt es da Ansatzpunkte? Oder kann ich irgendwie ersehen, dass bei denen unter Umständen auch etwas nicht stimmt für diesen Zeitraum? Ich muss ja auch immer diese Verjährungsfrist im Auge haben.

    Lauenburg: Man kann es als normaler Anleger überhaupt nicht feststellen. Man hat eigentlich nur die Chance über einen Spezialisten, der sich da auskennt und der die Beweise auch besorgt, der zum Beispiel dann diese beiden Herren vom AWD als Zeugen benennt und sich auch diese Liste besorgt, die dort vorgelegt worden ist. Nur dann kann man es konkret beweisen und nur dann hat man Chancen vor Gericht, weil es steht in diesen Verträgen nicht drin, wie hoch die Provisionen waren, die der Vertrieb dafür kassiert hat, dass er sozusagen die Anlage an den Mann gebracht hat.

    Reimer: Gehen Sie davon aus, dass auch andere Fonds als geschlossene Fonds betroffen sein könnten?

    Lauenburg: Nein, davon gehe ich eigentlich eher nicht aus. Wenn Sie jetzt zum Beispiel auf Kapitallebensversicherungen oder Ähnliches ansprechen, da liegen die Provisionen meistens zwischen vier und acht Prozent. Außerdem dürfte es da ganz, ganz schwierig sein, etwas anderes zu beweisen, weil ein besseres Beweismittel als einen Manager aus dem eigenen Vertrieb, der dort gearbeitet hat, die Fonds vermittelt hat und sagt, ja, wir haben 15 Prozent plus kassiert, kann man eigentlich nicht bekommen.

    Reimer: Schönen Dank! – Das waren Informationen von Ariane Lauenburg, Finanzexpertin bei der Stiftung Warentest, zu den erneuten Vorwürfen gegenüber dem AWD.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.