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SGL Carbon kämpft mit roten Zahlen

Karbon gilt als Werkstoff der Zukunft. Vor allem Autobauer wollen ihre Fahrzeuge mit Teilen aus Kohlenstoff produzieren und haben sich deshalb beim weltgrößten Kohlenstoffspezialisten SGL Carbon eingekauft. Doch trotz all dieser Zukunftshoffnungen kämpft der Konzern aus Wiesbaden derzeit mit roten Zahlen.

Von Brigitte Scholtes |
    Ein Verlust von fast 400 Millionen Euro – da gibt es nichts zu beschönigen, meint Jürgen Köhler, seit Jahresanfang Vorstandschef der SGL Carbon:
    "2013 war das katastrophalste Jahr der SGL-Geschichte."
    Warum das so gekommen ist, habe zum einen konjunkturelle Gründe: Denn Graphitmaterialien, eine der drei Sparten des Unternehmens, wurden von den Abnehmerindustrien nicht mehr so stark abgenommen, dazu gehören die Solar-, Halbleiter und Chemieindustrie. Vor allem aber waren es strukturelle Effekte, die SGL Carbon so nicht vorhergesehen habe, erklärt Köhler:
    "Wir sind als Gruppe von der Entwicklung ziemlich überrollt worden. Die Parallelität der Ereignisse war überraschend für uns. Unser Hauptgeschäftsfeld, die Graphitelektrode, hat erheblich gelitten. Es gibt Überkapazitäten in der Stahlindustrie weltweit, und wir konnten unseren Elektrodenabsatz nicht halten so wie geplant, und die Preiserosion war immens.
    Das Stahlgeschäft macht immerhin 40 Prozent des Umsatzes von knapp 1,5 Milliarden Euro aus. Köhler aber will lieber nach vorn blicken:
    "Machen wir mal einen Haken dran und reden über die Zukunft."
    Und da wird zum einen kräftig gespart, zum anderen aber will sich SGL Carbon auch neu ausrichten. Man müsse allerdings langen Atem haben, da nennt der Vorstandschef als Beispiel die Anwendungen in der Autoindustrie, so etwa das seit 2009 bestehende Gemeinschaftsunternehmen mit BMW:
    "Was BMW hier macht mit unserer Unterstützung ist nichts anderes als eine Revolution. Das hat noch keiner geschafft in der Automobilindustrie, in ein Großserienfahrzeug derartig viel karbonfaserverstärkten Kunststoff einzubauen."
    Analysten glauben an sinnvolle Investitionen von Autobauern
    BMW verbaut das Leichtbaumaterial Karbonfasern erstmals in der automobilen Serienfertigung, bei seinem Elektroauto i3, das soll ebenso beim i8 geschehen, den BMW in den kommenden Monaten auf den Markt bringen will. Karbon als Leichtbaumaterial sei gerade für Elektroautos sehr wichtig, erklärt Tim Schuldt, Analyst des Bankhauses equinet:
    "Bei den Elektroautos ist der große Kostenfaktor die Batterie, wir reden hier von Beträgen aktuell größer 10.000 Euro. Und da kann man eben mit Gewichtsoptimierung relativ viel Geld sparen, weil man eben an Batteriekapazität einsparen kann."
    Und da Karbon auch zunehmend beim Flugzeugbau verwendet wird aber auch in vielen anderen Anwendungen wichtiges Material ist, etwa bei Lithium-Ionen Batterien oder auch in Erneuerbaren Energien, ist SGL Carbon-Chef Köhler überzeugt:
    "Das Nischendasein der Karbonfasern ist unserer Meinung nach hiermit zu Ende. Wir werden nicht die Mengen an Karbonfasern produzieren wie Stahl oder Aluminium, aber es ist doch eine Zeitenwende eingetreten."
    BMW jedenfalls dürfte mit seiner Beteiligung an dem Unternehmen langfristig die Früchte ernten, glaubt Analyst Schuldt:
    "Ich glaube nicht, dass man SGL gekauft hat wegen dem Geschäft, in dem sie heutzutage hauptsächlich unterwegs sind. BMW ist ja ein familiengeführtes Unternehmen, was immer schon sehr, sehr langfristig investiert hat. Vor dem Hintergrund gucken die glaube ich nicht auf den aktuellen Aktienkurs, sondern gucken viel, viel länger, als dass der Kapitalmarkt gewöhnlich tut."