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Information statt Strafe

Seit Jahresbeginn dürfen Autofahrer in den Innenstädten von Berlin, Köln, und Hannover nur mit Umweltplakette an ihrem Pkw unterwegs sein. Die sogenannten Umweltzonen sollen helfen, die gefährliche Feinstaubbelastung der Luft zu verringern. Mit Strafen will sich die Stadt Hannover aber zum Beispiel zunächst zurückhalten.

Von Hilke Janssen | 02.01.2008
    "Was muss man denn mit der Feinstaubplakette machen?"

    "Die kommt auf der Beifahrerseite, rechte Seite, Windschutzscheibe, von innen. Die Klarsichtfolie abziehen, und dann ist die selbstklebend."

    "Dankeschön!"

    So ganz vertraut sind die Hannoveraner so wie hier in der Zulassungsstelle mit der neuen Feinstaub-Plakette noch nicht. Aber ab heute ist es amtlich: Wer mit seinem Auto in die Innenstadt fährt, muss einen grünen, gelben oder roten Aufkleber an der Windschutzscheibe haben. Im Laufe des Vormittags stellen Mitarbeiter der Stadt die letzten von rund 200 Straßenschildern auf. Die weißen Schilder, auf denen ein dicker roter Kreis das Wort Umwelt umrahmt, soll Autofahrer an die Umweltzone erinnern. Die ersten Pendler, die heute Morgen zur Arbeit in die Umweltzone kommen, sind fast alle schon mit einer Plakette ausgerüstet, auch wenn sie noch nicht bei jedem Wagen an der Windschutzscheibe klebt:

    "Sie haben mich nicht ertappt, ich habe die Plakette dabei."

    "Nein, habe ich noch nicht, hole ich aber gleich im Bürgerbüro."

    "Na klar, schon lange, eine grüne natürlich."

    Die Meinungen über die Plakette sind in Hannover allerdings geteilt:

    "Ich habe ein neues Auto, also von daher ist mir das egal. Aber grundsätzlich nicht ganz so gut. Die Leute, die hier ständig in Hannover leben und ihr Auto fahren durften und jetzt womöglich das Ding stehen lassen müssen, finde ich nicht so okay."

    "Gut, weil endlich mal die Dreckspatzen hier rauskommen."

    "Generell finde ich die Idee total bescheuert, weil teilweise es viele Autos gibt, die einfach spritsparend sind und Auszubildende sich kein teures Auto leisten können und dementsprechend jetzt das Auto verkaufen müssen."

    "Also ich wäre dafür, die hätten hier lieber eine grüne Welle eingeführt statt dieser dämlichen Umweltplaketten. Das würde viel mehr bringen."

    Bis heute haben Zulassungsstellen und Bürgerbüros in Hannover mehr als 36.000 Plaketten verkauft. Dazu kommen noch Tausende Plaketten, die TÜV, Dekra und Autowerkstätten abgegeben haben. Der Aufkleber für die Scheibe kostet rund fünf Euro. Ob er grün, gelb oder rot ist, richtet sich danach, wie viele Schadstoffe das Auto ausstößt.

    Alte Dieselfahrzeuge und Benziner ohne geregelten Katalysator dürfen in Zukunft nicht mehr in Hannovers Innenstadt fahren. Allerdings hat die Stadt eine viermonatige Übergangsfrist eingerichtet. In dieser Zeit wird kein Bußgeld fällig, sagt der Bereichsleiter Umwelt der Stadt Hannover, Heino Kamith:

    "Die Stadt hat sich dafür entschieden, um wirklich dann zum 1. Mai hundert Prozent aller Autofahrer nicht nur informiert, sondern auch überzeugt zu haben, dass es sinnvoll ist, mit Plakette in die Umweltzone einzufahren."

    Kritik an der Umweltzone kommt von Hannovers Einzelhändlern. Sie befürchten im neuen Jahr weniger Umsatz, weil gerade Kunden von außerhalb nichts von der Umweltzone wüssten. Außerdem, so argumentieren sie, werden Autofahrer ohne Plakette einfach nicht mehr in die Innenstadt kommen. Unberechtigte Bedenken, findet Heino Kamith von der Stadt:

    "Also ich glaube nicht, dass die Geschäfte zusammenbrechen müssen. Halten Sie sich mal vor Augen, dass nur etwa zehn Prozent aller Kraftfahrzeuge keine Plakette bekommen. Und auch diese zehn Prozent können immer noch Ausnahmegenehmigungen stellen. Insofern gehen wir nicht davon aus, dass Betriebe zusammenbrechen."

    Rund 1400 Ausnahme-Anträge hat die Stadt schon bewilligt. Sie gelten zum Beispiel für Händler, Lieferanten und auch für einige Oldtimer-Besitzer. Gezielte Kontrollen von Plaketten-Sündern soll es in den ersten vier Monaten des Jahres nicht geben. Wer ohne Plakette in eine reguläre Polizeikontrolle gerät, soll freundlich auf die Umweltzone hingewiesen werden. Außerdem hinterlassen Politessen in der Innenstadt Info-Flugblätter an Scheibenwischern.

    Der Deutschen Umwelthilfe ist das zu wenig: Sie ist seit heute Morgen mit einem eigenen Team unterwegs und verteilt an Ampeln Informationsblätter und Schokolade als Dankeschön an alle, die eine grüne Plakette haben. Wer ab Anfang Mai ohne Feinstaub-Plakette in Hannovers Innenstadt fährt, zahlt 40 Euro Strafe und bekommt einen Punkt im Flensburger Verkehrsregister.

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