Ob Windrad oder Stromtrasse, Brücke oder Bahnhof: Wer in Deutschland ein Infrastrukturprojekt umsetzen will, braucht langen Atem. Der Neubau eines Windkraftrads dauert hierzulande von der Planung bis zur Fertigstellung im Schnitt rund sieben Jahre. Das haben Experten beim Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität ausgerechnet. Für neue Bahnschienen kann man auch mal 20 Jahre einkalkulieren, das bestätigt die Deutsche Bahn. Und auch auf eine Baugenehmigung für ein schwimmendes LNG-Terminal, das per Schiff angeliefertes Flüssiggas aufnimmt, wartete Frank Schnabel jahrelang. Er ist der Geschäftsführer des Hafens in Brunsbüttel in Schleswig-Holstein.
„Nur in Deutschland bohrt man ja dicke Bretter bei solchen Projekten. Und wir bohren ein sehr, sehr dickes Brett mit einem Projekt, das es bisher nicht gab.“
Das änderte sich allerdings schlagartig mit dem völkerrechtswidrigen Einmarsch Russlands in der gesamten Ukraine. Aus Angst vor einer drohenden Gasknappheit gab es hierzulande auf einmal Anschub für Schnabels Vorhaben: „Wir haben politische Unterstützung bekommen aus Kiel, nun auch ganz aktuell aus Berlin.“
LNG-Beschleunigungsgesetz
Die Unterstützung aus Berlin kam in Form des LNG-Beschleunigungsgesetzes. Es ist am 1. Juni in Kraft getreten und soll den Bau entsprechender Terminals und der passenden Leitungen schneller machen. Von dem schwimmenden Terminal vor dem Hafen Brunsbüttel soll das Gas nun mit einer drei Kilometer langen Pipeline in das schleswig-holsteinische Gasverteilernetz eingespeist werden.
Damit bereits zum Jahreswechsel Flüssigerdgas in Brunsbüttel entladen werden kann, wurde die sogenannte Umweltverträglichkeitsprüfung, ein Kernstück jedes Genehmigungsverfahrens, für die Gasleitung hintenangestellt. Auch die Bürgerbeteiligung fällt weitgehend aus.
Ein notwendiger Kompromiss, wie Schleswig-Holsteins Energieminister Tobias Goldschmidt, ein Grüner, in einer Pressemitteilung erklärt: „Dabei ergreifen wir auch Maßnahmen, die mich als großer Verfechter einer partizipativen Infrastrukturplanung wirklich schmerzen. Klar ist, dass solche verkürzten Prozesse die absolute Ausnahme bleiben müssen.“
Tatsächlich sieht das EU-Recht solche Ausnahmen von der Umweltverträglichkeitsprüfung nur in Notsituationen vor. Aber es gibt noch viele andere Infrastrukturprojekte, deren Planung, Genehmigung und Bau langwierig sind: Windkrafträder an Land und auf See, Stromtrassen von Nord- nach Süddeutschland, neue Schienen, Ersatz für marode Brücken und – je nachdem, wen man fragt – auch neue Autobahnen. Die Infrastruktur in Deutschland auszubauen, zu erhalten und zu modernisieren, haben sich SPD, Grüne und FDP in ihrem Koalitionsvertrag vorgenommen. Das festgelegte Ziel: Die Dauer solcher Vorhaben mindestens zu halbieren.
Um das zu erreichen, müssen sich nicht nur zahlreiche Ministerien untereinander einigen – auch die Bundesländer müssen mitmachen. Schneller zu werden sei wichtig, sagt Sabine Schlacke, Co-Vorsitzende des Lenkungskreises der Wissenschaftsplattform Klimaschutz, einem unabhängigen Expertengremium, das von der Bundesregierung eingerichtet wurde.
„Wir brauchen eine Beschleunigung, weil wir sehen, dass wir unsere Klimaschutzziele – Klimaneutralität 2045, die Temperaturziele unter zwei Grad zu bleiben weltweit und unseren Beitrag dazu zu leisten – nicht erreichen werden, wenn wir so weitermachen wie bislang. Unsere Planungs- und Zulassungsverfahren, insbesondere für die Erneuerbaren-Energien-Anlagen, aber auch für den Stromnetzausbau, für die Übertragungsnetze, die wir brauchen, um den Strom von Nord- nach Süddeutschland zu transportieren, die dauern bislang zu lange.“
Erheblicher Nachholbedarf auch bei der Deutschen Bahn
Konkret heißt das zum Beispiel: Mehr als 12.000 Kilometer Stromleitungen sollen nach Angaben der Bundesnetzagentur durch Deutschland gebaut werden. Davon waren zum Stichtag Ende Juni rund 9.000 Kilometer noch nicht einmal genehmigt. Und auch bei der Schiene gibt es erheblichen Nachholbedarf. Auf die Frage, warum es so lange dauert, neue Schienen zu bauen, antwortet eine Bahnsprecherin schriftlich:
„Bei der Planung und dem Bau von Infrastrukturprojekten agieren die Deutsche Bahn sowie die zuständigen Behörden in einem zum Teil sehr starren Korsett von Gesetzen und Regelwerken.“
Dieses Korsett sieht vor, dass Infrastrukturprojekte von der Planung bis zum Bau einen mehrstufigen Prozess durchlaufen, wie ein Video der Bahn erläutert. Am Anfang steht eine sogenannte Grundlagenermittlung, dann folgen ein Raumordnungsverfahren und die Planungsphase.
„Als nächstes führt das Eisenbahn-Bundesamt das Planfeststellungsverfahren durch. Hier wird untersucht, ob die Planung alle gesetzlichen Vorgaben erfüllt, zum Beispiel zum Lärm- und Umweltschutz.“
Teil dieses Verfahrens sind die Umweltverträglichkeitsprüfung und die Anhörung von Betroffenen, die im Fall der Pipeline in Brunsbüttel ausnahmsweise verkürzt werden durfte. Hat die Planungsbehörde alle Interessen gegeneinander abgewogen, erteilt sie eventuell einen Planfeststellungsbeschluss, sozusagen eine Baugenehmigung.
„Und wenn das dann geschehen ist, dann erfolgt die Ausführungsplanung, Vergabe, Baudurchführung. Das sind die weiteren Schritte. Und zwischen Planfeststellungsverfahren und Ausführungsplanung steckt möglicherweise auch noch ein Gerichtsverfahren,“ sagt Robert Seegmüller. Er ist Richter am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig und Vorsitzender des Bundes Deutscher Verwaltungsrichterinnen und -richter. Derzeit dauerten solche Verfahren an den Oberverwaltungsgerichten im Schnitt 18 Monate, sagt Seegmüller. Die Revision am Bundesverwaltungsgericht dauerte im Schnitt noch mal ein Jahr.
„Das sind dann hunderte von Aktenordnern, die alle irgendwie anschauen müssen und sehr große Schriftsätze, die alle anschauen müssen. Sehr große, vorbereitende Gutachten für die Entscheidung und das nimmt die Arbeitskraft eines Senats dann ordentlich in Anspruch.“
Geplante Novelle der Verwaltungsgerichtsordnung
Dieser Vorgang soll künftig schneller werden: Bundesjustizminister Marco Buschmann von der FDP hat einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt. Die geplante Novelle der Verwaltungsgerichtsordnung sieht unter anderem vor, das Bundesverwaltungsgericht für Infrastrukturprojekte als erste und letzte Instanz festzulegen. Die Idee dahinter: Wenn Klägerinnen und Kläger gegen die Beschlüsse der Planungsbehörde nicht erst vor einem Oberverwaltungsgericht klagen müssen, sondern direkt zum Bundesverwaltungsgericht gehen können, fällt ein Verfahren weg. Zeitersparnis: im Schnitt 18 Monate. Richter Seegmüller befürchtet allerdings eine Überlastung des Bundesverwaltungsgerichts:
„Das Bundesverwaltungsgericht ist rechtsdogmatisch, vom Grundgesetz her, von der Idee des Grundgesetzes her konzipiert als Revisionsgericht und wird da jetzt eigentlich mit Aufgaben betraut, für die es nicht gemacht ist.“
Auch die Verfahren selbst will Bundesjustizminister Marco Buschmann beschleunigen, durch kürzere Fristen etwa. Außerdem sollen frühere Erörterungstermine mit den Verfahrensbeteiligten verpflichtend sein. Laut Verwaltungsrichter Seegmüller sind das allerdings Punkte, die in der Praxis längst stattfinden oder die die Arbeit der Gerichte sogar behindern würden.
Baustopp für Infrastrukturprojekte soll eingeschränkt werden
Ein weiterer Aspekt stößt besonders bei Naturschutzverbänden auf Kritik. Der Gesetzentwurf aus dem Justizministerium sieht nämlich vor, dass Gerichte Bauprojekte nicht stoppen sollen, wenn Mängel im Planungsverfahren „offensichtlich“ und „in absehbarer Zeit“ behoben werden können. Die Naturschützer befürchten nun, dass damit der sogenannte einstweilige Rechtsschutz eingeschränkt werden könnte. Bislang können Gegner einer Infrastrukturmaßnahme zum Beispiel einen Baustopp bei Gericht erwirken, bis Mängel in der Projektplanung ausgeräumt sind. Den Rechtsschutz einzuschränken sei verfassungswidrig, sagt Florian Schöne, Geschäftsführer des Deutschen Naturschutzrings, der knapp 100 Natur- und Umweltschutzverbände vertritt.
„Ich schütte zum Beispiel – ein wunderschönes Bild – einen Tümpel zu, um da eine Infrastrukturmaßnahme, nehmen wir mal an eine Straße, zu bauen und es hieße, ich kann ja gar nicht mehr Rechtsmittel einlegen, sondern der Vorhabenträger schütte den Tümpel zu, um sich danach erst mit meinen Argumenten auseinanderzusetzen. Also ich schaffe also Fakten, die nicht reversibel sind, weil diesen Tümpel werde ich so nicht wieder angelegt kriegen.“
Statt ihre Rechte im Verwaltungsgerichtsverfahren zu beschneiden, wie die Naturschützer befürchten, sollten Klagen gegen Infrastrukturprojekte möglichst frühzeitig vermieden werden. Dafür fordern der Deutsche Naturschutzring und seine Mitglieder, die Anwohnerinnen und Betroffenen großer Infrastrukturprojekte schon zu einem frühen Zeitpunkt miteinzubeziehen, sagt Florian Schöne vom Deutschen Naturschutzring.
„Oft kommen Informationen über Planungen von Maßnahmen. Nehmen wir mal einen Energieleitungsausbau. Die Informationen über den genauen Verlauf der möglichen Leitungen kommen erst an die Öffentlichkeit, wenn die eigentlich schon quasi festliegen. Und dann fühlt sich natürlich die Öffentlichkeit, kritische Bürgerinnen und Bürger fühlen sich überrumpelt und gehen erst mal so ein bisschen in diese Kontra-Haltung.“
Das hat man auch bei der Deutschen Bahn erkannt. Dort gebe es für große Schienenbauprojekte eine eigene Abteilung, die sich nur um die Kommunikation zwischen Bürgerinnen und Bürgern, Naturschützern und Bauherren kümmert, schreibt eine Bahnsprecherin.
„In zahlreichen Projekten gibt es Koordinierungskreise, kleinformatige Runde Tische oder regionale Arbeits- und Gesprächskreise mit Bürgerschaft, Verwaltung, Politik und Interessenverbänden. Denn wenn wir alle Beteiligten früh an einen Tisch holen, gibt es weniger Verfahren oder Einsprüche im weiteren Projektverlauf und wir können das Projekt frühzeitig gut erklären.“
Grünen-Abgeordneter: Klimaschutz im Gesetzentwurf kaum berücksichtigt
Kritik entzündet sich jedoch auch an der Prioritätensetzung im Gesetzentwurf aus dem Bundesjustizministerium. Denn hier geht es nicht zuvorderst um Klimaschutz. Das verstimmt auch den grünen Koalitionspartner. Der Grünen-Abgeordnete Lukas Benner koordiniert für seine Fraktion im Bundestag die Gesetze zur Planungsbeschleunigung, so auch die Novelle der Verwaltungsgerichtsordnung.
„Die VwGO-Novelle – wenn man sich anschaut, für welche Vorhaben die gilt – ist sie ein fossiler Rollback. Da sind Verkehrsflughäfen drin, da sind Landstraßen drin, da sind Autobahnen drin. Das ist nicht das, was ich mir vorstelle als prioritäre Projekte im Jahr 2022. Ganz klar.“
Auch Naturschützer Florian Schöne plädiert dafür, sich bei der Planungsbeschleunigung ganz auf die Klimaschutzziele zu konzentrieren.
„Dazu kommt ja: Robert Habeck ist etwas anderes wichtig als Verkehrsminister Volker Wissing als Landwirtschaftsminister Cem Özdemir. Wenn jeder – oder nehmen wir hier unsere Bauministerin Klara Geywitz –, wenn jeder seine Lieblingsthemen beschleunigt haben möchte, haben wir am Ende überhaupt nichts erreicht.“
Nach dem Willen des Bundesjustizministers sollte der Gesetzentwurf schon längst vom Kabinett verabschiedet worden sein. Nun wird er voraussichtlich erst Ende November mit dem Herbstpaket der Bundesregierung beschlossen. Bis dahin heißt es aus dem Bundesjustizministerium auf Nachfrage: „Der konkrete Anwendungsbereich des neuen Gesetzes ist noch Gegenstand abschließender Gespräche zwischen den Ressorts. Es stehen insbesondere Vorhaben im Fokus, die in Zeiten der Energiewende und der aktuellen Energiekrise von überragender Bedeutung sind, wie zum Beispiel der Ausbau der erneuerbaren Energien und der Stromnetze. Darüber hinaus hat für das BMJ die Modernisierung des Schienen-, Straßen- und Wasserstraßennetzes höchste Priorität.“
Prozesse in den Behörden vereinfachen und beschleunigen
Sabine Schlacke von der Wissenschaftsplattform Klimaschutz und Professorin für Öffentliches Recht vermutet allerdings: Die Gründe für Verzögerungen liegen oft weniger bei den Gerichten als in den komplexen Entscheidungsprozessen in den Behörden.
„Da haben wir häufig sehr, sehr hohe Anforderungen, aber auch komplexe Anforderungen an den Artenschutz, an den Habitatschutz oder etwa auch an den Gesundheitsschutz von Anwohnerinnen und Anwohnern. Denken Sie an Lärm, denken Sie auch an Beeinträchtigungen, etwa durch Schattenwurf von Windenergieanlagen.“
Diese Prozesse in den Behörden zu vereinfachen und dadurch zu beschleunigen, darum ging es auch schon im sogenannten Osterpaket der Bundesregierung. Schlacke und ihre Kollegen aus der Wissenschaft haben die darin enthaltenen Gesetze analysiert und kommen zu dem Ergebnis, dass die Bundesregierung hiermit einen Paradigmenwechsel in der Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung vorgenommen hat.
„Der Paradigmenwechsel daran ist, dass der Gesetzgeber jetzt an diesen komplexen Anforderungen an die Errichtung und den Betrieb von Infrastrukturvorhaben ansetzt, und sagt: ‚Hier vereinfachen wir die Entscheidungsfindung der Behörde, indem wir schon Standards in dem Gesetz formulieren, etwa Abstände normieren von Windkraftanlagen zu etwa den Brutstätten besonders streng geschützter Vogelarten wie den Rotmilan.‘“
Mithilfe dieser Standards müssen die Planungsbehörden vor Ort nicht mehr prüfen, welche Abstände im Einzelfall einzuhalten sind. Die Bundesregierung hat darüber hinaus die Bundesländer angewiesen, sogenannte Vorranggebiete auszuweisen. In solchen Gebieten sollen Windkraft- oder Photovoltaikanlagen einfacher genehmigt werden können.
„Das heißt, die Begründungslast der Behörde, um etwa eine Ausnahme vom Denkmalschutzrecht zu erlangen oder aber auch eine Ausnahme vom Habitatschutz zu erlangen, die wird geringer. Hier kann man also schneller Ausnahmen gewähren, weil wir dieses vorrangige Ziel durch den Gesetzgeber für den Ausbau erneuerbarer Energien formuliert haben.“
Der Ausbau erneuerbarer Energien genießt jetzt regelmäßig Vorrang im Genehmigungsprozess. Wird damit der Klimaschutz gegen den Naturschutz ausgespielt?
„Das heißt nicht, dass der Artenschutz über Bord geworfen werden kann und muss. Es gibt sozusagen von dem Regelvorrang auch noch Ausnahmen. Das macht es allerdings schon wieder sehr komplex und mindert möglicherweise den Beschleunigungseffekt. Ist aber in der Sache richtig, weil wir wissen: Biodiversitätsverlust ist neben der Klimakrise unser zweites großes Problem und weder kriegen wir den Klimawandel bekämpft, noch die Biodiversitätskrise ausreichend bekämpft, wenn wir nicht beides gleichzeitig machen.“
Mehr Personal am Bundesverwaltungsgericht
Allerdings wird kein Gesetz zur Planungsbeschleunigung wirken, wenn es in den Behörden und Gerichten nicht umgesetzt werden kann. Voraussetzung dafür ist, da sind sich Bund und Länder einig: mehr Personal. Das Bundesjustizministerium hat bereits angekündigt, einen weiteren Senat am Bundesverwaltungsgericht einzurichten. Doch für die Personalausstattung aller übrigen Verwaltungsgerichte und der Planungsbehörden sind die Länder verantwortlich. Anfang Dezember soll eine Ministerpräsidentenkonferenz über den sogenannten Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung entscheiden. An der darin angekündigten Personaloffensive führe kein Weg vorbei, sagt auch der Bundestagsabgeordnete Lukas Benner von den Grünen:
„In einer idealen Welt würden wir natürlich mit dieser Planungsbeschleunigung perspektivisch auch sagen, dass weniger Leute mehr entscheiden können. An dem Ausgangspunkt, wo wir aber stehen, brauchen wir erst mal mehr Personal und schlankere Verfahren, um überhaupt einen Fuß in die Tür zu bekommen.“
Umstritten ist bislang jedoch, wer für die gemeinsamen Schritte zur Beschleunigung bezahlen soll. Bei der jüngsten Ministerpräsidentenkonferenz im Juni hatten Bund und Länder darüber noch keine Einigung erzielen können.
Im Bundestag will die Ampel-Koalition Ende November ihr Herbstpaket beschließen. Darin plant sie unter anderem die digitale Öffentlichkeitsbeteiligung – eine Maßnahme vom Beginn der Corona-Pandemie – fortzuschreiben. Außerdem will die Grünen-Fraktion ein sogenanntes Raumverträglichkeitsverfahren einführen, sagt Lukas Benner.
„Das bedeutet, dass wir all das, was nachher bei der Genehmigung ohnehin geprüft wird, zum Beispiel die gesamte Umweltverträglichkeitsprüfung, im Vorfeld zur Aufstellung des Raumplans nicht mehr prüfen. Also wir schauen uns sehr genau an, was prüfen wir hinten raus eh und lassen das vorne weg. Und das ist eben ein Schritt, um ein Teil des Verfahrens – hier das Raumverträglichkeitsverfahren – zu beschleunigen.“
Union will vor allem Verkehrsprojekte beschleunigen
Die Union hatte im Mai einen Antrag in den Bundestag eingebracht, der sich in weiten Teilen mit den beschlossenen Gesetzen der Ampelkoalition deckt. Statt den Fokus auf Infrastruktur zu legen, die dem Klimaschutz zugutekommt, wollen die Abgeordneten von CDU und CSU allerdings insbesondere Verkehrsprojekte beschleunigen. So sollen die Regelungen im LNG-Gesetz auf weitere Großprojekte ausgeweitet werden. Und die im Osterpaket der Bundesregierung beschlossenen Standards im Artenschutz sollen nach dem Willen von CDU und CSU auch auf klimaschädliche Vorhaben angewendet werden können.
Insbesondere seit 2018, als noch die unionsgeführte Große Koalition regierte, gab es zahlreiche Beschleunigungsgesetze. Doch deren Wirkung lasse sich bislang kaum einschätzen, sagt Rechtsexpertin Sabine Schlacke: „Wir müssen natürlich, wenn wir solche gesetzlichen Änderungen haben, auch mal die Ruhe und Gelassenheit des Abwartens präferieren aus meiner Sicht. Wir müssen einfach warten, bis diese Gesetze dann Anwendung finden durch die Behörden, durch die Vorhabenträger, die sich nach den Anforderungen dieser Gesetze dann zu richten haben.“
Ihr Tempo drosseln wolle die jetzt regierende Koalition jedoch nicht, sagt Grünen-Politiker Lukas Benner. Immerhin hat sich die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag einen engen Zeitplan gesetzt: Innerhalb des ersten Jahres sollten alle notwendigen Entscheidungen für eine Beschleunigung getroffen werden. Bis Anfang Dezember ist also noch viel zu tun.