Zum einen hat sich der Staat enge finanzielle Grenzen gesetzt: keine Steuererhöhungen und die verfassungsrechtlich verankerte Schuldenbremse. Um neue Geldquellen für den Straßenbau aufzutun, hat Wirtschaftsminister Gabriel, SPD, im vergangenen Jahr eine Kommission einberufen, die im April einen Bericht vorlegen will. Die Kommission wird von der Opposition kritisiert, weil in ihr vor allem Banken und Versicherungen sitzen, etwa Deutsche-Bank-Chef Fitschen persönlich. In dieser Kommission werden nun offenbar Pläne diskutiert, wie Versicherungen Autobahnen finanzieren könnten. Auch der Chef der Allianz Lebensversicherung, Markus Faulhaber, hatte schon vor Monaten dem Tagesspiegel gesagt, dass er das sehr gern machen würde - für einen Zinssatz von 7 Prozent. 7 Prozent wäre natürlich derzeit eine absolute Traumrendite bei minimalem Risiko.
Und das ist auch der Grund, warum Versicherer gerade verhandeln, wie sie Autobahnen finanzieren können: Sie haben sehr viel Geld, das sie anlegen müssen, ihre traditionellen Anlagen werfen aber gerade fast keine Zinsen ab. Wenn jetzt der Staat Straßen baut, die Versicherer Geld geben und der Staat ihnen dafür 7 Prozent Zinsen zahlt, wäre das ein Bombengeschäft - nur nicht für die Steuerzahler, warnt Klaus Müller, der Chef der Verbraucherzentralen:
"Das klingt wie Tarifverhandlungen, was hier im Raum steht. Es werden sicher nicht 7 Prozent werden, aber auch noch 4 oder 4,5 Prozent liegt weit über dem, was der Staat an Refinanzierung zahlen muss."
Sprich: Wenn der Staat sich das Geld selbst leiht, würde er nur rund ein Prozent Zinsen zahlen.
"Und hiervor muss man rechtzeitig warnen, damit es nachher nicht zu sehr teuren Rechnungen kommt, die wir alle nachher zahlen müssen."
450 Millionen Euro Mehrbelastung?
Denn Straßenbau durch Versicherer finanziert wäre sehr viel teurer, hat die Verbraucherzentrale errechnet:
"Wenn wir von Pi mal Daumen von zehn Milliarden Euro Anlagebedarf pro Jahr für Infrastruktur derzeit ausgehen, was sicherlich über mehrere Jahre hin anhalten würde, und wir zur Zeit vergleichen, wo die Rendite-Erwartungen liegen und die Refinanzierungskosten des Staates, dann kommen wir zu einem Risiko von knapp 450 Millionen Euro pro Jahr an Mehrbelastungsgefahr für die Öffentlichkeit, für die Bürger und Bürgerinnen in unserem Land."
450 Millionen Mehrkosten, die als Gewinn auf die Konten der Versicherer wandern. Diese Rechnung sei angreifbar und nicht ganz vollständig, gesteht Klaus Müller, er sei auch nicht prinzipiell dagegen, dass private Unternehmen sich an der Finanzierung staatlicher Infrastruktur beteiligen. Aber solche Projekte seien sehr komplex, hätten in der Vergangenheit einigen Nutzen, aber auch viel Schaden für Steuerzahler verursacht und der Staat dürfe in solche Partnerschaften mit privaten Unternehmen nicht "blind reinlaufen":
"Und wir haben eben die Sorge, dass die politischen Äußerungen zu viel Blindheit vermuten lassen und zu wenig kritischer Geist, der das hinterfragt."
vbzv: Verbraucher am Ausbau beteiligen
Die Verbraucherschützer sagen: Versicherer könnten durchaus Autobahnen finanzieren - aber nicht für 7 oder 4 oder 3 Prozent garantierter Rendite, sondern für nur rund 1 Prozent - einen Zinssatz, den der Staat auch bei anderen Geldgebern zahlen müsste, wenn er sich Geld für zehn Jahre leiht.
Um das Risiko solcher Partnerschaften zwischen Staat und Unternehmen besser abschätzen können, fordern die Verbrauchschützer auch mehr Transparenz und unabhängige Untersuchungen. Die Verbraucherschützer regen zudem an: Statt sich Geld bei Versicherungsunternehmen zu leihen, könnte er sich das Geld auch bei Bürgern borgen.
"Über ein solches Modell könnte man Verbraucherinnen und Verbraucher direkt am Ausbau - gegebenenfalls auch von lokaler - Infrastruktur beteiligen. Aber das würde man direkt und unmittelbar tun und nicht über die Rendite-Interessen privater Akteure auf dem Finanzmarkt. Aber auch hier muss man deutlich sagen: Wir reden hier von einem niedrigen Zinsniveau, von einem Niveau von Bundes- und Länderanleihen. Momentan ist eben für sicherer Infrastrukturanlagen nicht mehr zu bekommen."