Alles ist Legende: der Song, das Liebespaar, Ilsa und Rick. Vor allem jedoch der Liebreiz der noch sehr jungen, strahlend schönen Ingrid Bergman. Der Film "Casablanca" ist heute Kult. Unvorstellbar, dass die Protagonisten damals, 1942, ihre Rollen nur widerwillig spielten, weil das Ende des Films bis zuletzt nicht feststand. Bergman fieberte schon ihrem nächsten Projekt, der Rolle der Maria in Hemingways "Wem die Stunde schlägt" entgegen. In "Casablanca" fällt ihr zurückhaltendes Spiel auf, der wie "leer" erscheinende Gesichtsausdruck. Aber wenn sie Rick um Hilfe angeht, um Laszlo zu retten, ist sie den Tränen nah.
"I'm sorry, but you are our last hope. If you don't help us, Victor Laszlo will die in Casablanca."
Alle Welt weiß, wie es ausgeht. Nach "Casablanca" stand der steilen Karriere der Schwedin nichts mehr im Wege. Im Gegensatz zu den früheren Star-Importen Greta Garbo und Marlene Dietrich stand Bergman für Natürlichkeit und Bescheidenheit. Die üblichen Schönheitskorrekturen der Traumfabrik, auch die Namensänderung, lehnte sie ab. Die am 29. August 1915 in Stockholm geborene Ingrid Bergman, die früh ihre Eltern verlor, wusste immer genau, was sie wollte. Auf keinen Fall Opernsängerin werden, wie es sich ihr Vater wünschte, sondern Schauspielerin. Mit "Intermezzo", dem Remake ihres schwedischen Erfolgs, eroberte sie 1939 das amerikanische Publikum und kehrte bei Kriegsbeginn ihrer Heimat endgültig den Rücken. Sie beugte sich dem für sie kreierten, etwas hausbackenen Image. Sie war die Idealbesetzung der Johanna von Orleans. Auch ihre Ilsa in "Casablanca" korrespondierte mit dem anschmiegsamen und moralisch hochstehenden Frauenbild, das Ingrid Bergman in Wirklichkeit so nie bediente. Ihr berühmter "Ti-amo-Brief" an Roberto Rossellini brachte die große Wende. In der Vulkanlandschaft des "Stromboli" verwandelte sich der gepflegte Hollywood-Star in das Naturereignis einer vom Schicksal gebeutelten Kreatur. Bergman wusste genau, wohin die Reise mit Roberto Rossellini ging.
"Persona non grata" in Amerika
"Das ist immer dieselbe Sache. Er weiß nicht vorher, was er drehen will. Er weiß, wenn er dieses Haus gesehen hat, dann hat er gesagt: hier kann ich drehen. Es gibt immer eine Überraschung, da ist eine Treppe, da ist eine Tür ... Wir arbeiten ja beide für dieselbe Sache, um einen guten Film zu machen. Und das ist viel leichter, wenn man verheiratet ist, da kann man sich viel leichter schreien. Und wenn wir schreien, dann ist es immer für das Beste."
Bergmans Entschluss, auf der Höhe ihres Ruhms nach Italien zu gehen und ein illegitimes Verhältnis anzufangen, wurde in Amerika zum Sündenfall. Sie wurde zur 'persona non grata'. In ihren neuen Rollen, bourgeoise Frauen mit hysterischen Zügen, entwickelte sich die Diva zu einer großen modernen Schauspielerin, die ihr Inneres nach außen kehrt. Nach zehn Jahren in der Diaspora kehrte sie als „Anastasia" nach Hollywood zurück.
"Ich bin ja nicht mehr jung. Und ich möchte gar nicht zurückgehen. Ich möchte gar keine jungen Frauen spielen. Man kann ja einige Jahre hin- und her lügen. Aber ich möchte vielmehr vorwärts gehen. Und ich habe gar keine Angst, dass das Publikum sagt: Jetzt will ich sie nicht mehr sehen."
In ihrer letzten Rolle spielte Ingrid Bergman die israelische Politikerin Golda Meir - ohne Make-up, nur mit einer grauen Perücke. Wie Meir hatte sie Krebs im Endstadium. "Ich habe getan, was ich für richtig hielt." Dieser Satz gilt für beide. Ingrid Bergman starb 1982 in London, an ihrem 67. Geburtstag. Doch die unsterbliche Ilsa sitzt noch immer in Ricks Café in Casablanca.