Archiv

Inhaftierter Wikileaks-Gründer
Petition für Julian Assanges Freilassung

Über 130 Unterschriften Prominenter hat der Journalist Günter Wallraff für die Freilassung von Julian Assange gesammelt. Die Unterzeichner befürchten, der Wikileaks-Gründer könnte in die USA ausgeliefert werden. Dort drohen ihm wegen der Veröffentlichung interner Militärdokumente bis zu 175 Jahre Gefängnis.

Von Philipp May |
Günter Wallraff im Februar 2020 bei der Vorstellung seiner Unterschriftenaktion für die Freilassung von Julian Assange. Nach einer etwaigen Abschiebung in die USA würden Assange bis zu 175 Jahre Gefängnis drohen.
Initiator Wallraff bei der Vorstellung seiner Unterschriftenaktion für Assange (picture alliance / Anadolu / Abdulhamid Hosbas)
"Die Freilassung von Julian Assange", fordert Enthüllungsjournalist Günter Wallraff und ergänzt:
"Julian Assange hat Kriegsverbrechen der US-Armee öffentlich gemacht. Ihm soll dafür der Prozess gemacht werden, weshalb er nunmehr von Großbritannien an die USA ausgeliefert werden soll. Assange hat weder ein rechtstaatliches Verfahren in den USA zu erwarten, wo ihm bis 175 Jahre Gefängnis drohen, noch ein rechtstaatliches Auslieferungsverfahren in Großbritannien."
Deshalb hat Wallraff eine Petition ins Leben gerufen, der über 130 Politiker, Künstler und Journalisten gefolgt sind. Eine ungewöhnliche Koalition, die von der Linken-Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen bis hin zum Erzkonservativen CSU-Urgestein Peter Gauweiler reicht. Er ist allerdings, sehr zum Bedauern Wallraffs, der einzige aus der Union, der sich für den Wikileaks-Gründer einsetzt.
"Das war zum Teil vergebliche Liebesmühe. Ich habe alle, die ich kannte, und ich kenne einige… Es war fast wie eine Absprache. Vielleicht kommen noch welche dazu, wenn das jetzt eine große Aufmerksamkeit hat."
Sonderberichterstatter sieht Assange als Folteropfer
Und für Aufmerksamkeit sorgt heute vor allem der ehemalige Außenminister und SPD-Chef Sigmar Gabriel. Er habe, genau wie der Schriftsteller Navid Kermani, lange überlegt, ob er dem Aufruf Wallraffs folgen soll.
"Ich habe das so gemacht, dass ich, um mir klar darüber zu werden, ob ich Günter Wallraffs Bitte folgen kann, den Aufruf zu unterschreiben, Nils Melzer angerufen habe."
Jener Schweizer Nils Melzer, ist der UN-Sonderberichterstatter für Folter, hat sich dem Fall des kontroversen Wikileaks Gründers angenommen. Assange in der Haft besucht. Sein Urteil: Assange zeige alle Symptome langandauernder psychischer Folter.
"Und in einem langen Telefonat mit ihm bin ich zu der gleichen Erkenntnis gekommen wie Navid Kermani, dass hier offensichtlich politische Gründe eine Rolle spielen dafür, dass man Rechtstaatlichkeit eher hinten anstellt und im Falle Julian Assange nicht gelten lässt."
"In diesen Fällen gibt es eine gewisse Doppelmoral"
Die Frage nach Schuld oder Unschuld Assanges könne er, Sigmar Gabriel, allerdings nicht beantworten. Ähnlich sieht es der Libnerale Gerhart Baum. Ehemaliger Bundesinnenminister, und macht auf einen weiteren Punkt aufmerksam:
"Ich sitze hier, weil es darum geht, dass Pressefreiheit kriminalisiert werden soll", sagt Baum und schlägt einen Bogen zu den beiden berühmten Whistleblowern, die dem langen Arm der US-Justiz ausgesetzt sind. Edward Snowden, der in Moskau festsitzt und Wikileaks-Informantin Chelsea Manning.
"Also, es schon merkwürdig, in diesen Fällen gibt es eine gewisse Doppelmoral. Die Bevölkerung in bestimmten Fällen und auch die Politiker begrüßen Enthüllungen, wenn sie ihnen nützen. Also Enthüllungen beispielsweise über Regime, die einem nicht gefallen. Das wird begrüßt. Wenn es die eigenen Verbündeten sind, hält man still."
Sigmar Gabriel versteht Zurückhaltung der Bundesregierung
Unterstützung bekommt er von Sevim Dagdelen. Die linke Bundestagsabgeordnete legt den Finger in die Wunde der Bundesregierung: Sie mache sich einen schlanken Fuß:
"Ich finde, der Fall Assange ist eine Bankrotterklärung der westlichen Rechtstaatlichkeit und es ist ein Riesenskandal. Und ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie in sich geht und endlich aktiv wird. Auch um unserer Glaubwürdigkeit willen."
Doch das sieht Sigmar Gabriel, bis vor kurzem selbst noch Außenminister, anders:
"Ich verstehe jedes Mitglied der Bundesregierung, das Fälle wie diesen nicht öffentlich verhandelt. Das ist der Unterschied zwischen meiner heutigen und meiner früheren Situation."
Dass Assange als australischer Staatsbürger Asyl in Deutschland bekommen könnte, das halte er für ausgeschlossen.