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Initiative „Unsere Medien“ für öffentlich-rechtlichen Rundfunk
Unterstützer, die mehr wollen

Unter der Überschrift „Zukunftsdialog“ suchte die ARD zuletzt den Austausch mit ihrem Publikum. In der Debatte um den eigenen Auftrag sei das nicht genug – findet „Unsere Medien“. Die Initiative ist zwar für einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Sie will aber auch einiges ändern.

Von Daniel Bouhs | 12.01.2022
Die Mikrofone verschiedener TV-Sender, darunter ARD und ZDF
Die Mikrofone verschiedener TV-Sender, darunter ARD und ZDF (picture alliance/dpa)
Wenn es um Unterstützung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk geht, dann sieht die neue Vorsitzende der ARD, rbb-Intendantin Patricia Schlesinger, kein Defizit: „Der Wind ist manchmal hart und manchmal laut. Aber gleichzeitig erfahren wir auch viel Unterstützung von Kirchen, von Gewerkschaften, von Verbänden, von der Produzenten-Allianz. Das darf man ja auch nicht vergessen in dem ganzen Zusammenhang: Wir sind stark präsent. Und natürlich, wer stark präsent ist, viel leistet für die Öffentlichkeit, steht auch schnell und viel in der Kritik. Aber wir haben auch grundlegende Unterstützung in diesem Land.“
Patricia Schlesinger blickt in die Kamera.
Patricia Schlesinger: RBB-Intendantin und neue ARD-Vorsitzende (imago-images / epd / Christian Ditsch)
In der Schweiz musste sich die Bevölkerung vor vier Jahren entscheiden: Billag oder „No-Billag“– Rundfunkgebühren oder keine Rundfunkgebühren? Am Ende hat sich die Bevölkerung für den Rundfunk ausgesprochen. Doch das war lange völlig ungewiss, erinnert sich Konrad Weber – damals Mitarbeiter des Schweizer Rundfunks:
„Es war auch einer der heftigsten Kämpfe, Abstimmungsdiskussionen seit langer Zeit, weil es auch einfach sehr viele laute Gegner gab aus ganz unterschiedlichen Lagen. Aus der einen Sicht der Sparer, aus der anderen Sicht der ideologischen Sichtweise, der politischen Sitzweise. Und es gab in der Schweiz eigentlich lange Zeit nicht wirklich ein Befürworter-Lager oder eine Gruppierung, die sich für die Pro-Seite da wirklich stark gemacht hat.“

Initiative „Unsere Medien“ für Reformen

Hierzulande zeigen Umfragen immer wieder: Grundsätzlich schätzt der Großteil der Bevölkerung das, was ARD, ZDF und Deutschlandradio bieten. Die Mehrheit will den öffentlich-rechtlichen Rundfunk behalten. Und um das große Ganze geht es auch nicht. Weber, der inzwischen als Berater nicht zuletzt für öffentlich-rechtliche Sender arbeitet, vermisst dennoch offensiven Zuspruch.
„Es gibt eigentlich keine wirklichen Kräfte oder eben vielleicht auch jüngere Nutzerinnen und Nutzer, die sich stark machen dafür, dass mit ihrem Geld, das sie ja auch zahlen, etwas auch Digitales vielleicht näher an ihrer Lebensrealität dann auch produziert wird. Und das sehe ich schon als schwere und schwierige Ausgangslage.“

Mehr zur Debatte über den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks:


Das sehen auch einige Kultur- und Medienschaffende so. Sie haben die Initiative „Unsere Medien“ gegründet. Olaf Steenfadt spricht für die Gruppe. Er hat früher selbst für ARD und ZDF gearbeitet. Heute beobachtet er für Reporter ohne Grenzen die Entwicklung der Medienkonzentration. Ihm ist wichtig: „Unsere Medien“ setzt sich für einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk ein.
„Gerade, wenn man die Entwicklung anderswo anschaut, wo öffentlich-rechtliche Medien nicht existieren oder schon irgendwie in den Graben gefahren wurden, kann man ja eigentlich umso mehr eigentlich nur versuchen, unser System ein Stück weit zu schützen. Das funktioniert aber nur – und das ist dann sozusagen die Forderung – wenn es wirklich auch grundlegend auch Reformen auch gibt und das System von sich aus auch diese Reformen aktiv annimmt.“

„Legitimierung relativ schnell in Gefahr“

Der Initiative haben sich unter anderem Markus Beckedahl, der Gründer von netzpolitik.org, angeschlossen, Vertreterinnen und Vertreter aus den Gewerkschaften, der Kulturszene und der Medienwissenschaft. Und Menschen, die von ARD, ZDF oder auch Deutschlandradio profitieren – indem sie mit ihren Produktions- und Entwicklungsfirmen für sie arbeiten. Ganz uneigennützig ist diese Initiative also nicht.

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„Unsere Medien“-Sprecher Steenfadt erklärt: Was es dringend brauche, sei eine breite öffentliche Debatte über den Rundfunk – mehr als das, was die ARD zuletzt mit ihrem „Zukunftsdialog“ unter eigener Regie geboten hat.
„Man hat quasi den Zuspruch einfach – und das ist ja bis heute der Fall – in Einschaltquoten gemessen und das war’s. Und alles andere, was wirklich wichtig ist, wenn es um Strukturen und Prozesse geht, das haben die Intendanten mit den Ministerpräsidenten besprochen. Und ich glaube, das ist immer noch die Kultur, die einfach verankert im System ist. Das sieht man im Moment ja eigentlich auch an der Art und Weise, wie die aktuelle Konsultation zum Auftrag von ARD und ZDF – muss man wirklich sagen – durchgerockt wird. Und wenn das sich nicht ändert, sehen wir halt die Legitimierung von öffentlich-rechtlichen Sendern relativ schnell in Gefahr.“

Ein Ziel: Mehr in Vielfalt investieren

Eine konkrete Forderung der Initiative ist, die Angebote von ARD und ZDF besser aufeinander abzustimmen – statt häufig dasselbe zu senden. Freiwerdende Ressourcen sollen in mehr Vielfalt investiert werden – vor allem in neue digitale Angebote, um alle zu erreichen.
Patricia Schlesinger, die neue ARD-Vorsitzende, hat sich zwar einen stärkeren Dialog auf die Fahnen geschrieben. Auf die Wünsche der Initiative will sie aber nicht eingehen: Sie möchte keine einzelnen Forderungen kommentieren.