Georg Ehring: Aufrüttelnde Berichte über die Zustände in deutschen Tierställen haben schon so manchen zum Vegetarier werden lassen: Puten, die auf engstem Raum leben müssen, tote Tiere im Stall und Schweine, die sich gegenseitig beißen, weil sie weder Platz noch artgerechte Beschäftigung haben. Den Tieren könnte es besser gehen, wenn der Preisdruck nicht ganz so hoch wäre, und deshalb haben Partner aus der Land- und Ernährungswirtschaft die Initiative Tierwohl gestartet. Mit zusätzlichem Geld aus dieser Initiative werden Landwirte bezahlt, die mehr für das Wohlergehen ihrer Tiere tun. Viele Bauern wollen sich beteiligen, doch jetzt gibt es Streit hinter den Kulissen. Es ist zu wenig Geld in der Kasse. - Bernhard Krüsken ist Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes und ihn habe ich vor dieser Sendung gefragt, wo das Problem liegt.
Bernhard Krüsken: Ja, es ist tatsächlich so, dass die finanzielle Ausstattung der Initiative, so wie wir sie jetzt in der Startphase haben, sehr knapp bemessen ist und sie nicht dazu ausreicht, alle Betriebe, die Interesse signalisiert haben, auch einzubinden und unterzubringen.
Fonds zahlt direkt an Landwirte aus
Ehring: Können Sie mal ein Beispiel sagen, was mit dem Geld passieren soll, wie da das Tierwohl verbessert wird?
Krüsken: Das Grundprinzip beruht darauf, dass es aus einem Tierwohl-Fonds, der vom Lebensmittelhandel gespeist wird, eine direkte Vergütung für den teilnehmenden Landwirt gibt, der dafür im Gegenzug zusätzliche Tierwohl-Leistungen erbringt. Das sind Kriterien, die mit der Ausstattung von Ställen zu tun haben, mit dem Platzangebot, mit Beschäftigungsmaterial, mit Einstreuung und so weiter und so fort. Es gibt einen ganzen Katalog von Möglichkeiten, die natürlich alle auch produktionskostenrelevant sind, und das soll aus dem Fonds vergütet werden. Und das Besondere daran ist: Es geht direkt praktisch aus dem Fonds zum Landwirt und es ist nicht an den Vermarktungsweg gebunden.
Ehring: Noch mal als konkretes Beispiel zum Vorstellen. Inwiefern geht es Schweinen besser, wenn der Bauer sich an der Initiative beteiligt?
Krüsken: Wenn er zum Beispiel das Kriterium höheres Platzangebot wählt, dann steht das natürlich auch nach entsprechender Kontrolle und unter entsprechender Kontrolle den Tieren zur Verfügung. Wenn er das Kriterium wählt zusätzliches Angebot von Beschäftigungsmaterial, dann ist das auch ein Beitrag. Die Kriterien, die Mehrleistungen fangen an bei einem besseren Tiergesundheitsmonitoring und hören dann auf, das geht bis zu 40 Prozent mehr Platzangebot, Einstreumaterial, offene Ställe, also eine ganze Palette, mit denen man an lauter kleinen Punkten das Wohlbefinden der Tiere verbessern kann.
2600 Betriebe können finanziert werden
Ehring: Wie ist denn das Echo auf die Initiative gewesen?
Krüsken: Wir haben bei den Landwirten ein relativ starkes Echo bekommen. Ich glaube, 4600 Betriebe haben sich registrieren wollen für die Teilnahme und tatsächlich sind die im ersten Aufschlag bereitgestellten Finanzmittel ausreichend für etwas mehr als die Hälfte dieser Betriebe, also für, ich glaube, es sind 2500 oder 2600 Betriebe.
Ehring: Da muss man dann aussuchen, wer sich am besten um das Tierwohl kümmert, oder gibt es da Betriebe, die schon Investitionen gemacht haben, auf Zusagen vertraut haben und jetzt kein Geld bekommen?
Krüsken: Erster Teil der Frage: Alle, die sich beworben haben, haben natürlich Vorleistungen erbracht. Das heißt, sie haben gesagt, wir haben unseren Stall umgebaut. Die haben schon abgeschlossen und wollen teilnehmen. Und natürlich: Wenn sie dann nicht zum Zuge kommen, dann bleiben sie zunächst mal auf diesen Kosten sitzen.
Tierwohlbeitrag muss erhöht werden
Ehring: Wer ist schuld an dieser Misere?
Krüsken: Na ja. Zunächst mal ist es auch eine Frage, wie groß die finanzielle Ausstattung der Initiative ist. Wir sind ganz klar mit der Forderung unterwegs, dass wir sagen, Tierwohl ist ein Thema, das den Lebensmittelhandel bewegt, das Verbraucher bewegt, und da müssen wir einen Weg finden. Und der erste Schritt dahin, um diese Lücke, die wir jetzt haben, zu schließen, ist natürlich den Fonds besser finanziell auszustatten.
Das kann auf zwei Wegen erfolgen. Der erste Weg ist, dass wir Unternehmen und Wirtschaftsbereiche, die bisher noch nicht an der Initiative teilnehmen, dort einladen, sich auch zu beteiligen. Aber der zweite Schritt - und das ist im Grunde auch der wesentliche Schritt - ist, dass wir die finanzielle Ausstattung, also den Tierwohl-Beitrag auch erhöhen müssen.
Das kann auf zwei Wegen erfolgen. Der erste Weg ist, dass wir Unternehmen und Wirtschaftsbereiche, die bisher noch nicht an der Initiative teilnehmen, dort einladen, sich auch zu beteiligen. Aber der zweite Schritt - und das ist im Grunde auch der wesentliche Schritt - ist, dass wir die finanzielle Ausstattung, also den Tierwohl-Beitrag auch erhöhen müssen.
Ehring: Und kommen Sie damit durch? Da muss ja der Lebensmitteleinzelhandel zum Beispiel oder auch die Industrie mehr bezahlen.
Krüsken: Wir sind in Diskussionen. Die Diskussionen sind nicht einfach. Wir bewegen uns. Aber wir haben natürlich kein Verständnis dafür, wenn jetzt einige Akteure hingehen und dann sagen, dann lasst uns doch mal ein bisschen weniger Tierwohl machen, dann reicht das Geld länger. Das ist definitiv der falsche Ansatz und so stellen wir uns das nicht vor. Wir erleben in den Verhandlungen, dass einige Einzelhändler, ich sage nicht alle, aber einige eine ausgesprochene Pfennigfuchserei betreiben, und dafür haben die Landwirte wenig Verständnis und vor allen Dingen, was viel wichtiger ist, dafür kann man in der Öffentlichkeit auch kein Verständnis erwarten.
Ehring: Soweit Bernhard Krüsken, der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, über Schwierigkeiten bei der Initiative Tierwohl. Das Gespräch haben wir kurz vor der Sendung aufgezeichnet.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.