"Kinder: "Jaaa!"
Lehrerin: "Eine Schnelle, ja?""
Die Mädchen und Jungen der Klasse 2b der Grundschule Mümmelmannsberg sind begeistert, als ihre Lehrerin Sabine Bielefeldt eine weitere schnelle Spielerunde einläutet. Die Kinder sitzen im Kreis – werfen sich gegenseitig einen Ball zu. Ethem, sieben Jahre alt, erklärt, worum es dabei geht:
"Wir haben Namenwörter gemacht. Zum Beispiel der Leopard. Und dann sind wir von A bis Zett gegangen."
Übersetzt heißt das: Jedes Kind, das den Ball schnappt, muss einen Tiernamen nennen, entsprechend dem Buchstaben des Alphabets, der an der Reihe ist. Dabei ganz wichtig: der entsprechende Artikel des Tiernamens. Also:
"Der, die, oder das."
Ethem ist der Klassensprecher der 2b, er lebt mit seiner Familie in Mümmelmannsberg, einem sogenannten sozialen Brennpunkt im Hamburger Osten. Das Zentrum des Stadtteils ist geprägt durch sozialen Wohnungsbau, Hochhäuser, Billigketten. Die 510 Kinder, die hier zur Grundschule gehen, stammen aus mehr als 30 Nationen.
Das Besondere an der Schule Mümmelmannsberg: Schon seit den 90er-Jahren wird hier integrativ gearbeitet. Das heißt, schon seit vielen Jahren gehen auch behinderte Kinder dort zur Schule. Sabine Bielefeldt erinnert sich an die Anfänge und an die Anzahl der Schüler in den jeweiligen Jahrgangsstufen:
"Früher waren das pro Jahrgang drei bis fünf. Und jetzt sind das mal so locker zehn, zwölf, die dann auf sechs Klassen verteilt werden müssen. Und wenn man dann mehrere in einer Klasse hat, wie bei mir, dann muss das eben gewährleistet sein, dass man zu zweit ist."
17 Kinder gehen in die 2b. Davon sind 3 sogenannte I-Kinder, also Integrations- oder Inklusionskinder. Das heißt, sie haben eine bestimmte Art der Behinderung.
"Ich habe zum Beispiel einen Autisten mit Asperger-Syndrom. Einen Jungen. Und dann habe ich ein Kind, der ist sehr stark sehbehindert. Und hat eine Stoffwechselerkrankung."
Sabine Bielefeldt ist als Klassenlehrerin Teil eines Teams, das sich um die Klasse kümmert. Außerdem gibt es noch:
"Eine Sonderpädagogin, die sich hauptsächlich um diese Kinder natürlich kümmert. Die arbeitet aber in drei Teams. Dann gibt es eine Fachlehrerin – die arbeitet auch in drei Teams. Und dann gibt es eine Erzieherin. In meiner Klasse. Die I-Klassen haben meist noch eine Erzieherin dazu. Die muss dann meistens nur in einem oder zwei Teams arbeiten. Sodass wir dann immer mindestens zu zweit besetzt sind."
Eine Doppelbesetzung an Lehrkräften – davon können andere Regelschulen nur träumen. Nachdem die Hamburger Bürgerschaft 2010 entschieden hat, flächendeckend die Inklusion einzuführen – also dass Förder- und Sonderschüler auch allgemeinbildende Schulen besuchen können – sehen sich viele Schulen diesen Herausforderungen nicht gewachsen.
Dieter Schröder ist Schulleiter einer Grundschule im Stadtteil Rahlstedt. Er hospitiert an diesem Tag in Mümmelmannsberg, um sich anzusehen, nach welchen Konzepten dort gearbeitet wird. Generell steht er hinter der Idee der Inklusion:
"Von der Vision her ist es umsetzbar. Ist es sinnvoll. Das Problem ist, dass derzeit die entsprechenden Ressourcen fehlen, um alle Kinder adäquat zu fördern."
Aufgrund ihres besonderen Standorts in einem sozialen Brennpunkt und weil hier bereits explizit seit Mitte der 90er-Jahre nach integrativem Konzept gearbeitet wird, ist die Ausstattung in Mümmelmannsberg entsprechend gut. Anders in Rahlstedt, so Schuldirektor Schröder.
"Ich habe nur eine Sonderpädagogin jetzt mit 35 Stunden. Die kann natürlich diesen ganzen Aufgabenbereich, die Anzahl der Kinder, gar nicht abdecken. Die kann die Kollegen einzeln beraten und unterstützen. Aber sie kann nicht in alle Klassen gehen. Wir haben 15 Klassen."
Der Begriff Inklusion ist deshalb bei einem Großteil der Hamburger Schulen zum Reizwort geworden. Kritiker sehen in dem vorgelegten Konzept des Senats "Inklusive Bildung in Hamburg" ein reines Sparmodell. Förder- und Sprachheilschulen werden geschlossen, es gibt viel zu wenige Sonderpädagogen und die Mittelzuweisungen für die Regelschulen seien viel zu niedrig. Auch deshalb wissen viele Schulen nicht, wie der gemeinsame Unterricht eigentlich verwirklicht werden soll.
"Es geht im Wesentlichen darum, bestmögliche Unterstützungswege für die Kinder zu finden. Und das ist derzeit eine Mangelverwaltung."
Lehrerin: "Eine Schnelle, ja?""
Die Mädchen und Jungen der Klasse 2b der Grundschule Mümmelmannsberg sind begeistert, als ihre Lehrerin Sabine Bielefeldt eine weitere schnelle Spielerunde einläutet. Die Kinder sitzen im Kreis – werfen sich gegenseitig einen Ball zu. Ethem, sieben Jahre alt, erklärt, worum es dabei geht:
"Wir haben Namenwörter gemacht. Zum Beispiel der Leopard. Und dann sind wir von A bis Zett gegangen."
Übersetzt heißt das: Jedes Kind, das den Ball schnappt, muss einen Tiernamen nennen, entsprechend dem Buchstaben des Alphabets, der an der Reihe ist. Dabei ganz wichtig: der entsprechende Artikel des Tiernamens. Also:
"Der, die, oder das."
Ethem ist der Klassensprecher der 2b, er lebt mit seiner Familie in Mümmelmannsberg, einem sogenannten sozialen Brennpunkt im Hamburger Osten. Das Zentrum des Stadtteils ist geprägt durch sozialen Wohnungsbau, Hochhäuser, Billigketten. Die 510 Kinder, die hier zur Grundschule gehen, stammen aus mehr als 30 Nationen.
Das Besondere an der Schule Mümmelmannsberg: Schon seit den 90er-Jahren wird hier integrativ gearbeitet. Das heißt, schon seit vielen Jahren gehen auch behinderte Kinder dort zur Schule. Sabine Bielefeldt erinnert sich an die Anfänge und an die Anzahl der Schüler in den jeweiligen Jahrgangsstufen:
"Früher waren das pro Jahrgang drei bis fünf. Und jetzt sind das mal so locker zehn, zwölf, die dann auf sechs Klassen verteilt werden müssen. Und wenn man dann mehrere in einer Klasse hat, wie bei mir, dann muss das eben gewährleistet sein, dass man zu zweit ist."
17 Kinder gehen in die 2b. Davon sind 3 sogenannte I-Kinder, also Integrations- oder Inklusionskinder. Das heißt, sie haben eine bestimmte Art der Behinderung.
"Ich habe zum Beispiel einen Autisten mit Asperger-Syndrom. Einen Jungen. Und dann habe ich ein Kind, der ist sehr stark sehbehindert. Und hat eine Stoffwechselerkrankung."
Sabine Bielefeldt ist als Klassenlehrerin Teil eines Teams, das sich um die Klasse kümmert. Außerdem gibt es noch:
"Eine Sonderpädagogin, die sich hauptsächlich um diese Kinder natürlich kümmert. Die arbeitet aber in drei Teams. Dann gibt es eine Fachlehrerin – die arbeitet auch in drei Teams. Und dann gibt es eine Erzieherin. In meiner Klasse. Die I-Klassen haben meist noch eine Erzieherin dazu. Die muss dann meistens nur in einem oder zwei Teams arbeiten. Sodass wir dann immer mindestens zu zweit besetzt sind."
Eine Doppelbesetzung an Lehrkräften – davon können andere Regelschulen nur träumen. Nachdem die Hamburger Bürgerschaft 2010 entschieden hat, flächendeckend die Inklusion einzuführen – also dass Förder- und Sonderschüler auch allgemeinbildende Schulen besuchen können – sehen sich viele Schulen diesen Herausforderungen nicht gewachsen.
Dieter Schröder ist Schulleiter einer Grundschule im Stadtteil Rahlstedt. Er hospitiert an diesem Tag in Mümmelmannsberg, um sich anzusehen, nach welchen Konzepten dort gearbeitet wird. Generell steht er hinter der Idee der Inklusion:
"Von der Vision her ist es umsetzbar. Ist es sinnvoll. Das Problem ist, dass derzeit die entsprechenden Ressourcen fehlen, um alle Kinder adäquat zu fördern."
Aufgrund ihres besonderen Standorts in einem sozialen Brennpunkt und weil hier bereits explizit seit Mitte der 90er-Jahre nach integrativem Konzept gearbeitet wird, ist die Ausstattung in Mümmelmannsberg entsprechend gut. Anders in Rahlstedt, so Schuldirektor Schröder.
"Ich habe nur eine Sonderpädagogin jetzt mit 35 Stunden. Die kann natürlich diesen ganzen Aufgabenbereich, die Anzahl der Kinder, gar nicht abdecken. Die kann die Kollegen einzeln beraten und unterstützen. Aber sie kann nicht in alle Klassen gehen. Wir haben 15 Klassen."
Der Begriff Inklusion ist deshalb bei einem Großteil der Hamburger Schulen zum Reizwort geworden. Kritiker sehen in dem vorgelegten Konzept des Senats "Inklusive Bildung in Hamburg" ein reines Sparmodell. Förder- und Sprachheilschulen werden geschlossen, es gibt viel zu wenige Sonderpädagogen und die Mittelzuweisungen für die Regelschulen seien viel zu niedrig. Auch deshalb wissen viele Schulen nicht, wie der gemeinsame Unterricht eigentlich verwirklicht werden soll.
"Es geht im Wesentlichen darum, bestmögliche Unterstützungswege für die Kinder zu finden. Und das ist derzeit eine Mangelverwaltung."