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Inklusion
Wenig Rücksicht auf Studenten mit Behinderung

Nur jede zweite Hochschul-Internetseite ist barrierefrei. Kein guter Wert für Institutionen, die sich verpflichtet haben, "Hochschulen für alle" zu sein. Eine Konferenz des Deutschen Studentenwerks in Berlin beschäftigt sich nun damit, wie weit Unis und Fachhochschulen in punkto Inklusion sind.

Von Claudia van Laak |
    Tagungsräume und Toiletten sind mit dem Rollstuhl erreichbar, für Allergiker gibt es gluten- und lactosefreie Kekse, für die tauben Konferenzteilnehmer ist extra ein Schriftdolmetscher engagiert – er tippt die Reden in den Laptop, der Text wird an die Wand projiziert. Eine Konferenz, bei der Menschen mit Behinderungen nicht ausgeschlossen sind. So sollten auch die Hochschulen agieren, sagt Achim Meyer auf der Heide, Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks.
    "Also wenn wir in die Zukunft blicken, gehen wir davon aus, dass die Studierendenschaft wesentlich diverserer wird. Wir werden alle Talente gewinnen müssen, auch vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels. Das heißt wir müssen diejenigen, die ein Studium bewältigen können kognitiv, denen müssen wir die Möglichkeit geben, dass sie auch studieren."
    Luisa Broer zum Beispiel, sie studiert Englisch an der Universität Paderborn, engagiert sich im Asta, sitzt im Rollstuhl.
    "Was sich auf jeden Fall tun muss, dass die technischen Gegebenheiten oft nicht so sind, dass Aufzüge oft über Wochen ausfallen, dass Hörsäle teilweise nicht zu erreichen sind oder nur von oben erreichbar sind und dass sich die Dozenten weigern, lauter und deutlicher zu sprechen. Ist alles schon vorgekommen. Aber das größte Problem, das ich sehe, ist eher in den Köpfen."
    Vielen Dozenten und Professoren sei es lästig, sich über Studierende mit Beeinträchtigungen Gedanken zu machen und sich auf ihre Bedürfnisse einzustellen. Auch die Studienordnungen sind nur für Durchschnittsstudenten geschrieben, sagt die Rollstuhlfahrerin Luisa Broer.
    "Bei mir ist es zum Beispiel ein Auslandsaufenthalt, der gemacht werden muss. Kann ich aber nicht machen. Und da müsste man in den Studienordnungen festlegen, was alternativ geleistet werden kann."
    Angst vor Stigmatisierung
    Eine Umfrage des Studentenwerks hat ergeben: Viele Studierende mit psychischen Behinderungen und chronischen Krankheiten behalten diese für sich, trauen sich nicht, sie öffentlich zu machen. Dabei hätten die Studierenden einen gesetzlich verbrieften Anspruch auf einen sogenannten Nachteilsausgleich – für sie wird zum Beispiel die Regelstudienzeit verlängert. Aber drei von vier behinderten Studenten nehmen die speziell für sie angebotenen Beratungen nicht in Anspruch. Achim Meyer auf der Heide:
    "Das ist glaube ich auch der Punkt, an dem wir arbeiten müssen. Wir müssen eine stärkere Kultur der Akzeptanz schaffen, sowohl an den Hochschulen als auch in den Studentenwerken. Viele nehmen die Beratung nicht in Anspruch, weil sie Angst haben vor Stigmatisierung.
    Wir müssen konkret Ängste abbauen, aber das geht nur, wenn alle sagen, das ist normal, behindert zu sein."
    Einige Hochschulen sind in punkto Inklusion weiter als andere - so finanziert die Universität Würzburg eine entsprechende Kontakt- und Beratungsstelle mit einer Fachkraft und zehn studentischen Mitarbeitern. Diese bietet blinden und sehbehinderten Studierenden an, Bücher und Vorlesungsskripte in Blindenschrift beziehungsweise Großdruck umzuwandeln, leiht Laptops mit einer besonderen Software für Legastheniker aus oder spezielle Geräte für Hörgeschädigte. Sandra Ohlenforst leitet die Kontaktstelle:
    "Es ist eben viel Arbeit. Es war in Würzburg nicht einfach zu sagen, wir brauchen das Angebot, die Studierenden brauchen die Unterstützung. Aber wir suchen immer das Gespräch mit der Hochschulleitung, mit dem Senat, ganz wichtig, aber auch mit den Lehrenden selber. Wir bieten auch Fortbildungsveranstaltungen an für Lehrende. Und ich denke, das ist ein wichtiger Schritt, den man dann gehen muss."
    So hat Bayern – genau wie viele andere Bundesländer – ein Konzept der inklusiven Hochschule verabschiedet. Die Unis und Fachhochschulen dürfen es umsetzen – allerdings ohne einen zusätzlichen Euro vom Land.