Gudrun Kellermann ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Technischen Universität in Dortmund. Ihr Forschungsschwerpunkt nennt sich Disability Studies, also Studien über Behinderung. Gudrun Kellermann ist von Geburt an taub und hat eine Stimmbandlähmung. Trotzdem möchte sie keinen Job aus Mitleid, sondern weil man ihre wissenschaftliche Arbeit schätzt. Doch innerhalb des Uni-Alltages gibt es immer wieder Hürden, die Menschen mit Behinderungen überwinden müssen.
"Zum Beispiel muss ich Schriftdolmetscher erst einmal bewilligt bekommen. Und wenn ich sie einmal habe, ist das immer ein hoher Verwaltungsaufwand und das kostet echt viel Zeit. Und bei AKTIF ist es so, dass das Interesse für Barrierefreiheit für alle mitgetragen wird."
Im Fall von Gudrun Kellermann sind das vor allem Hilfsgeräte wie ein Laptop und ein Tischmikrofon. Damit kann ein Schriftdolmetscher die Gespräche über das Internet verfolgen und diese als Text zurücksenden. Beim Projekt AKTIF bestehen die wissenschaftlichen Teams immer zu einer Hälfte aus Menschen mit und zur anderen Hälfte aus Menschen ohne Behinderungen. Der Leiterin des Projektes Monika Schröttle ist wichtig, dass im universitären Alltag Barrieren abgebaut werden, damit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit Behinderungen an der Forschung teilhaben können.
"Wir bauen inklusive Forschung auf. Also, wir versuchen so zu arbeiten und zu forschen, dass Menschen mit Behinderungen inkludiert sind. Und wir forschen auch so, dass die Menschen ohne Behinderung Kompetenzen entwickeln im inklusiven Forschen."
Erfolg durch individuelle Förderung von Wissenschaftlern
Im Projekt AKTIF werden viele barrierefreie Kurse angeboten, zum Beispiel Statistikkurse, ein Lehrgang dazu, wie man Forschungsanträge stellt, oder Kurse zur Karriereplanung. Dabei geht es auch darum, Netzwerke zu knüpfen, um später einen guten Job zu finden. Das Projekt habe besonders gute Erfolge erzielen können, weil man die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler individuell gefördert habe, sagt Leiterin Monika Schröttle.
"Also, wir sehen, dass ganz viele unserer Wissenschaftler, Wissenschaftlerinnen in neue Arbeitsstellen auch kommen. Und auch gestärkt mit einem anderen Geist da reingehen; nämlich mit dem Geist: Ich muss nicht immer schauen, wo ich bleibe, sondern dass System muss sich auch verändern und ihr in Teams, wenn ihr mich haben wollt, ihr müsst euch auch mit an mich anpassen, damit wir gut zusammenarbeiten können."
Und tatsächlich hat Gudrun Kellermann in den drei Jahren, die es das Projekt AKTIF schon gibt, ein Umdenken in der Inklusions- und Teilhabeforschung festgestellt, wenn auch nur ... [*]
"…ganz langsam. Zum Beispiel an der TU Dortmund bin ich noch in ein anderes Projekt reingekommen und konnte dank AKTIF in dieses Projekt mit einsteigen. Und das war noch einmal ein anderes Team, das sich auch von unserer Idee hat beeinflussen lassen."
Vor allem der Austausch von Wissen in diesen Teams ist für Gudrun Kellermann besonders wichtig. Was die Wissenschaftlerin aber immer noch ärgert, ist, dass längst nicht alle Veranstaltungen im Bereich der Inklusions- und Teilhabeforschung auch barrierefrei sind. Dies müsse sich künftig noch ändern, sagt sie.
Monika Schröttle arbeitet zurzeit auch daran, das AKTIF-Projekt möglicherweise auch auf andere Fächer und Disziplinen auszuweiten.
"Wir planen jetzt weitere Projekte, zum Beispiel mit der Kontakt- und Austauschbörse für Wissenschaftler, Wissenschaftlerinnen mit Behinderung, die dann breiter, fachspezifischer ist. Die Kollegin Mathilde Nienhaus, die bei uns beteiligt ist, hat ein Promi-Projekt aufgebaut. Da werden Promovierende aus allen Fachrichtungen gefördert."
Ein Folgeprojekt AKTIF 2 steht allerdings noch in den Sternen. Denn dafür müssen erst noch Fördergelder eingeworben werden.
[*] Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Beitrags war an dieser Stelle die Rede von der TU Dortmund. Tatsächlich meinte Gudrun Kellermann aber nach eigenen Angaben speziell nur die Inklusions- und Teilhabeforschung. Auch die Audiofassung wurde korrigiert.