Das alles überstrahlende, ab er auch umstrittene Thema in Quedlinburg bei der diesjährigen Innenminister-Konferenz - kurz IMK - sind die sogenannten Anker-Zentren, die künftig so etwas wie zentrale Aufnahmestellen für Asylbewerber sein sollen. Das Wort Anker steht für Ankunft, Entscheidung und Rückführung. Geplant ist die jeweilige Unterbringung von bis zu 1.500 Personen. Erwachsene alleinstehende Asylbewerber sollen bis zu 18 Monaten, Familien bis zu sechs Monate in den Zentren bleiben, bis zum Abschluss des Asylverfahrens, wie CSU-Bundesinnenminister Horst Seehofer sagt. Die meisten Länder wollen sich - bis jetzt zumindest - nicht beteiligen, trotz einer Vereinbarung im Koalitionsvertrag. Lediglich Bayern und Sachsen unterstützen die Pläne Seehofers.
Einheitliche Rahmenbedingungen für Ankerzentren?
Keine sonderlich neue Idee nennt der IMK-Vorsitzende, Sachsen-Anhalts CDU-Innenminister Holger Stahlknecht, die Anker-Zentren. Die es vielerorts schon gebe. Stahlknecht verweist hierbei auf die landeseigene Erstaufnahmestelle in Halberstadt. Letztlich müsse man doch nur die Türschilder austauschen, so Stahlknecht weiter.
"Es wäre sehr sinnvoll, wenn wir bundeseinheitliche Rahmenbedingungen schaffen könnten. Dass man eine bundesgesetzliche Regelung macht. Indem man eine Empfehlung von der Innenministerkonferenz herausgibt, auch auf die Größe bezogen. Ich sage deutlich, nicht mehr als 1.000 Menschen, die dort leben. Es muss ja der soziale und innere Frieden gewahrt sein."
Ähnlich sehen es weitere Länderkollegen. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius, der Sprecher der SPD-geführten Bundesländer in der Innenminister-Konferenz, hat geradezu einen riesigen Berg von Fragen an Seehofer, was die Anker-Zentren betrifft.
"Wer hat die Trägerschaft, wie groß soll sie sein. Was soll zusammen gefasst werden. Wenn ja, unter welchem Dach. Es sind Rechtsfragen zu klären, wenn drei Behörden unter einer Führung arbeiten. Kommunale. Landes und Bundesebene - da brauchts gesetzliche Rahmen. Welche Rolle soll die Bundespolizei spielen. All das sind Fragen, die gestellt sind, aber nicht beantwortet."
Und man könne Menschen nicht eineinhalb Jahre kasernieren, ohne jede Integrationsmaßnahme, so Pistorius weiter.
Bamf-Skandal und kein Ende
Ein weiteres Thema von zentraler Bedeutung ist die Aufarbeitung des Skandals um manipulierte Asylbescheide im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - kurz Bamf. Ursprünglich sollte Bamf-Präsidentin Jutta Cordt selbst nach Quedlinburg kommen, das geschieht jetzt nicht. Stattdessen wird Seehofer Bericht erstatten. Die Innenminister wollen direkt, und nicht über Dritte, die Hintergründe erfahren, wie es heißt.
Ganz oben auf der Agenda der IMK steht für Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht, dass man den Abschiebedruck auf Länder wie Indien oder Burkina Faso massiv erhöhen müsse. 40 Prozent der abgelehnten Asylbewerber könnten nicht abgeschoben werden, weil sie die Herkunftsländer nicht zurücknehmen, in Sachsen-Anhalt sind es gar 60 bis 70 Prozent, so Stahlknecht weiter. Sein Vorschlag:
"Indem man Visa gar nicht mehr erteilt oder nur erschwert erteilt. Oder bei den anderen Staaten androht, es für eine gewisse Dauer es auch umsetzt, die Entwicklungshilfe nicht zu zahlen."
Ob Stahlknecht damit bei seinen Innenminister-Kollegen punkten kann, ist ungewiss. Niedersachsens Innenminister Pistorius hat schon mal angekündigt, dass er mit der Kürzung von Entwicklungshilfe-Geldern nichts anfangen könne.
Antisemitismus und Waffenverbote
Auf der Tagesordnung der IMK in Quedlinburg steht auch der zunehmende Antisemitismus in Deutschland. Er macht den Innenministern Sorge, weshalb man erneut - wie schon auf der Innenminister-Tagung 2015 in Mainz - einen klaren Appell formulieren will, dass dem Antisemitismus mit äußerster Entschlossenheit entgegen zu treten ist.
Hessens Innenminister Peter Beuth von den Christdemokraten fordert bundesweite Waffenverbotszonen, und zwar rund um Kindergärten, um Schulen, an Bahnhöfen, in öffentlichen Verkehrsmitteln. Und zwar Bundesweit.
"Das können die Länder noch nicht alleine. Ich bin der Auffassung, dass Deutschlandweit, bei neuralgischen Punkten, keine Waffen getragen werden dürfen. Deswegen haben wir den Antrag eingebracht, um das Waffenrecht zu ändern. "
Insgesamt müssen die sechszehn Innenminister und deren Staatssekretäre 50 Tagesordnungspunkte in der dreitägigen Konferenz abarbeiten. Bei vielen Punkten wird man Einigkeit erreichen, aber beim alles dominierenden Thema der Anker-Zentren erwartet dieser Tage niemand eine Entscheidung.
Auch die Worte vom bayrischen Ministerpräsident Markus Söder, dass der Freistaat - in Sachen Asylpolitik - ein Vorbild für ganz Deutschland sei, stieß auf wenig Gegenliebe. Weshalb sich Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht während der Eröffnung einen Seitenhieb auf Bayern nicht verkneifen konnte.
"Ich höre und lese ja, dass die Bayern immer gute Ideen haben. Machen ein Polizeigesetz, sagen, gilt für ganz Deutschland. Jetzt mieten sie Flugzeuge, haben wir auch schon gemacht. Sagen: Gilt für ganz Deutschland. Will nur den Bayern zurufen: Wir haben hier schon mit den Hugo-Junckers-Werken schon Flugzeuge gebaut, als man in Bayern noch Lederhosen trug. Schönen Dank, dass Sie hier sind.