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Innenminister Marco Minniti
Italiens harter Hund

Schillernde Karriere, markige Worte: Während tausende Flüchtlinge an Italiens Küsten ankommen, punktet Innenminister Marco Minniti bei seinen Landsleuten mit einer harten Law-and-Order-Strategie. Selbst Gerüchte über Schmiergeldzahlungen an libysche Milizen können sein Image nicht ankratzen.

Von Jan-Christoph Kitzler |
    Italiens Innenminister Marco Minniti bei einer Sicherheitskonferenz (April 2017 in Genua)
    Italiens Innenminister Marco Minniti bei einer Sicherheitskonferenz (imago / Italy Photo Press)
    Er ist gerade der vielleicht mächtigste Politiker Italiens: Marco Minniti sei zur Zeit nicht nur Innenminister, heißt es, sondern gleichzeitig auch noch Außen- und Verteidigungsminister. Minniti gibt den Takt vor bei dem Thema, das auch in Italien ganz oben auf der Agenda steht - der Migrationskrise.
    Wenn man ihn sieht, bei einem Gipfeltreffen oder einer seiner seltenen Pressekonferenzen, dann sieht man einen drahtigen Mann mit Glatze, meist in schwarzem Anzug, weißem Hemd ohne Krawatte, der vor lauter Selbstbewusstsein kaum laufen kann.
    Manager der "Migrantenströme epochalen Ausmaßes"
    Marco Minniti ist in diesen Tagen, seit er im vergangenen Dezember Innenminister wurde, vielleicht einer der wenigen Staatsmänner, die Italien noch hat. Zumindest seine Rhetorik will den Eindruck erwecken, hier spricht ein Staatsmann, zum Beispiel über die Migrationskrise:
    "Angesichts dieser Migrantenströme, die ein gewaltiges Problem epochalen Ausmaßes sind, will Italien nicht den Ereignissen folgen, will sie nicht erleiden, sondern will sie managen. Das ist der entscheidende Punkt dessen, was wir in diesen Tagen gemacht haben."
    Vom Kommunisten zum Law-and-Order-Mann
    Minniti hat eine erstaunliche politische Entwicklung hingelegt, wie sie wohl nur in Italien möglich ist. Von einem erklärten Kommunisten, Aktivisten im Partito Communista Italiano, ist er zu einem Innenminister geworden, gegen dessen Politik auch die Populisten am rechten Rand nur wenig sagen können. Dafür sorgt auch sein Auftreten als Law-and-Order-Mann:
    "Ich habe einen wichtigen Teil meines Lebens den internationalen Terrorismus bekämpft, und ich sage ihnen, dass Schleuser und Terroristen gleich schlimm sind, beide sind gefährlich, weil beide keine Wertschätzung für das menschliche Leben haben. Deshalb müssen beide gleichermaßen bekämpft werden."
    Geheimdienstler, Abgeordneter, Unterstaatssekretär
    Studiert hat er Philosophie, hatte eine Leidenschaft für alte Sprachen. Aber eigentlich war Marco Minniti in den letzten Jahren vor allem ein Geheimdienstmann. Davor war er immer mal wieder Abgeordneter, Unterstaatssekretär für Verteidigung, stellvertretender Innenminister, zuletzt wieder so eine Art Geheimdienstkoordinator. Umstritten ist vor allem seine Libyen-Politik, die auch staatsmännisch daher kommt:
    "Wenn man in innerhalb der Europäischen Union den freien Verkehr von Menschen und Gütern verteidigen will, dann braucht man überwachte Außengrenzen. Daran müssen wir arbeiten."
    Gerüchte über Geldflüsse an zweifelhafte Partner in Afrika
    Das tut Minniti und hat keine Scheu vor zweifelhaften Partnern, um seine Ziele zu erreichen. So hat er in den letzten Monaten die Ausrüstung und Schulung der sogenannten libyschen Küstenwache vorangetrieben, obwohl es Berichte darüber gibt, dass Teile der Truppe mit den Schleuserbanden zusammenarbeiten. Er schloss Abkommen mit den Stämmen im Süden des Landes, um die Grenze zwischen Libyen, Niger und dem Tschad abzudichten.
    Zwar dementierte sein Innenministerium, dass Italien Geld an eine libysche Miliz zahle, damit diese die Flüchtlingsboote an der Abfahrt hindert – die Gerüchte halten sich jedoch hartnäckig. Und jetzt ist sogar ein Foto aufgetaucht, das Minniti mit General Khalifa Haftar zeigt, der auch einen Teil Libyens kontrolliert, aber international nicht anerkannt ist. Bei dem Gespräch ging es wohl darum, die Migranten auch im Osten Libyens aufzuhalten.
    Spekulationen über Ministerpräsidenten-Nachfolge
    Die katastrophale humanitäre Situation vom Migranten in Libyen gerät da fast zur Nebensache, Hauptsache die zentrale Mittelmeerroute wird geschlossen. Faktisch hat Minniti das geschafft. Und im Inland profiliert der 61jährige sich mit seinen markigen Erklärungen:
    "Härte für den, der sich nicht an die Regeln hält, Integration für den, der das Recht achtet. Es ist ganz einfach, wenn man bei uns im Land ankommt: Wer um internationalen Schutz bittet, weil er vor Krieg oder einer Hungersnot flieht, und wer anerkannt wird und in unserem Land bleibt, wird integriert. Wer nicht als schutzbedürftig anerkannt wird, also nicht innerhalb der Regeln ist, der wird in sein Heimatland abgeschoben."
    Das kommt an bei vielen Italienern, so sehr, dass schon darüber spekuliert wird, ob Minniti nicht nach Höherem strebt. Das Amt des Ministerpräsidenten muss im nächsten Frühjahr neu besetzt werden. Die wenigsten Zweifel an seiner Eignung dafür hat wohl Marco Minniti selbst.