Der Clanchef war nur ganz kurz in der Heimat: Zwei Tage nach seiner Abschiebung in den Libanon habe er erfahren, dass nach ihm gesucht werde. Personen eines andern Clans wollten ihn töten. Das behauptete Ibrahim Miri nach "Spiegel"-Informationen bei seiner Anhörung mit einem Mitarbeiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge. Vorgestern in seine Abschiebezelle in Bremen.
Mit Schleppern und einem gefälschten Pass sei er dann erst in der Türkei untergetaucht, um dann wieder mit Schleppern im Lkw zurück nach Deutschland zu fahren. Trotz eines siebenjährigen Einreiseverbots. Ende Oktober hat sich Miri in Bremen den Behörden gestellt. Nur drei Monate, nachdem die den mehrfach vorbestraften Mann in den Libanon abgeschoben hatten.
Rechtswidrige Abschiebung?
Miri ist Oberhaupt einer Großfamilie, von denen mehrere Hundert Mitglieder schon im Visier der Justiz standen. Er war Chef des verbotenen Rockerclubs Mongols, wird mit Erpressung, Waffenhandel und anderen Delikten in Verbindung gebracht. 2014 wurde er wegen bandenmäßigen Drogenhandels zu sechs Jahren Haft verurteilt. Vor einem Jahr kam er auf Bewährung frei.
In seiner Bamf-Anhörung sagte er, die Abschiebung sei rechtswidrig gewesen. Schließlich habe er den Wunsch, das bisherige soziale Milieu zu verlassen. Als Beleg führte er an, dass er vor seiner Abschiebung eine unbefristete Arbeit als Schlosser angenommen hatte.
Politiker egal welcher Partei sehen das anders. Seit Tagen sorgt die Rückkehr des abgeschobenen Clanchefs in Bremen wie Berlin für Empörung. Und seit Mittwoch auch für Konsequenzen: Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat erlassen, dass die Bundespolizei ab sofort ihre Kontroll- und Fahndungsmaßnahmen intensiviert.
Seehofer selbst erklärte sein Vorgehen in der "Bild"-Zeitung:
"Der Fall Miri ist ein Lackmustest für die wehrhafte Demokratie."
Wiedereinreisesperren sollen durchgesetzt werden
"Wenn sich der Rechtsstaat hier nicht durchsetzt, verliert die Bevölkerung das Vertrauen in unser gesamtes Asylsystem."
Der Innenminister will künftig erschweren, dass Menschen trotz Einreisesperre wieder nach Deutschland kommen. Dafür will er die Bundespolizei anweisen, dass sie künftig nicht mehr nur an der Grenze zu Österreich, sondern zu allen Nachbarstaaten Wiedereinreisesperren durchsetzen darf. Wer bei der illegalen Einreise erwischt wird, soll zurück über die Grenze. Allerdings müssen die Nachbarländer dabei mitspielen.
Schaffen es Einreise-Gesperrte wie Miri trotzdem nach Deutschland und stellen einen Asylantrag - fordert Seehofer, "dass Personen, gegen die eine Einreisesperre nach Deutschland besteht und die bereits eingereist sind, künftig währen der gesamten Dauer ihres Verfahrens in Haft genommen werden können."
So sein Sprecher Steve Alter in der Bundespressekonferenz.
Die verschärften Kontrollen - die "bis auf weiteres" gelten, kommen bei den Polizeigewerkschaften gut an. Jörg Radek von der Gewerkschaft der Polizei sagte, die Mischung von zeitlich flexiblen Grenzkontrollen und einer Ausweitung der Schleierfahndung sei "für eine Filterfunktion im Grenzraum optimal".
Allerdings sagt Radek auch: Eine hundertprozentige Kontrolldichte sei wegen der Personalknappheit nicht möglich. Die Bundespolizei fahre schon jetzt "unter Volllast".
Ob und wie lange Clanchef Miri in Deutschland bleibt, hängt jetzt davon ab, wie das Bamf seinen Asylantrag bewertet. Kommt die Behörde zu dem Schluss, es handele sich um einen Folgeantrag, würde er wohl abgelehnt und Miri bliebe in Abschiebehaft. Wertet das Bamf den Antrag als Erstantrag, müsste er bis zu einer Entscheidung nach spätestens vier Wochen aus der Abschiebehaft entlassen werden.
Das Bamf hat schon angekündigt, sehr zügig zu entscheiden.