"Wenn ich mir die Frage angucke, wie innovativ eine staatliche Schule ist. Dann würde ich sagen: Gar nicht."
"Kraft für Innovation ist im staatlichen Schulsystem genug vorhanden, sie muss nur losgetreten werden."
Erik Koszuta, ehemaliger Schüler einer Freien Montessori-Schule und Stephan Breidenbach - Gründer der Initiative "Schule im Aufbruch". Gegensätzlicher könnten die Positionen nicht sein. Der eine lehnt das staatliche Schulsystem rundheraus ab:
"Wenn ich einen mündigen Bürger haben will, so wie es im Gesetz verankert ist, der eigenverantwortlich arbeitet, kriege ich das mit einem Unterricht hin, der 45 Minuten dauert, in dem man als Mensch, der sitzt, ein, zwei Fragen stellt und sonst völlig im Unterricht untergeht?"
Der andere sagt: Nehmt den Staat ernst, überlasst die Innovationen nicht den Privatschulen.
"Der Staat soll sich nicht aus seiner Aufgabe wegstehlen und die ganzen innovativen Schulen entstehen im privaten Bereich. Sondern: Schule ist Kernaufgabe der Gesellschaft, und davor kann sich ein Staat nicht drücken."
Ja, aber, erwidert Elias Barrasch. Der Kommunikationsdesigner und Gründer des "Education Innovation Lab" hält das staatliche Schulsystem für viel zu langsam, um sich adäquat auf den digitalen Wandel einzustellen. Während sich die Welt vor den Schultüren schneller und schneller drehe, herrsche in den Klassenzimmern der staatlichen Schulen noch die Kreidezeit. Elias Barrasch:
"Ich meine, dass wir digitale Innovationen in Gesellschaft und vor allen Dingen auch in Wirtschaft haben werden, wo das staatliche Bildungssystem Jahre, wenn nicht Jahrzehnte hinterherhinkt bei der Implementierung dieser Innovationen, und auch hier stelle ich die Frage, ob ein von oben reguliertes System schnell genug ist und sich diese Innovationen einverleiben kann."
"Diese Frage können wir uns so nicht stellen, weil wir haben 35.000 Schulen in Deutschland. Das System umzuwälzen ist eine gigantische Aufgabe, und das System macht es einem nicht einfach. Die Frage ist: Haben wir eine andere Wahl?"
Nein, wir haben keine andere Wahl, beantwortet Stephan Breidenbach seine eigene Fragte - er setzt auf die Reformfähigkeit des staatlichen Schulsystems.
Der frühere Grundschullehrer Sascha Wenzel geht noch weiter - er bürstet die Diskussion quer und stellt die behauptete Innovationskraft von freien Bildungsträgern grundsätzlich infrage. Werfen Sie einen Blick auf die Berliner Kita-Landschaft, schlägt er vor. In der Hauptstadt gebe es nur noch wenige Kindergärten in kommunaler, sprich staatlicher Trägerschaft, so Sascha Wenzel.
"Führt es dazu, dass die Qualität aller Kindertagesstäten wächst? Nein. Führt es dazu, dass am Ende Kinder mehr wissen, mehr können, mehr soziale Kompetenzen haben? Nein. Führt es dazu, dass mehr Kinder aus benachteiligten Familien bessere Zukunftschancen haben? Nein."
Sascha Wenzel weiß, worüber er redet. Der Bildungsmanager ist mit dafür verantwortlich, dass aus der in Verruf geratenen Neuköllner Rütli-Schule ein attraktiver Bildungscampus geworden ist. Er ist ein vehementer Verfechter des staatlichen Schulsystems.
"Wir erzeugen ein Scheitern, wenn wir die Fragmentierung innerhalb des Bildungssystems verstärken. Und das befürchte ich, wenn der staatliche Sektor zurückgedrängt wird."
Fast unversöhnlich also die Positionen auf beiden Seiten. Ob der Abschlussappell gehört wird? Er lautete: Nicht die Systemfrage stellen, sondern eine Kultur des Austausches pflegen, zwischen privaten und öffentlichen Schulen.