Ein paar Mehlwürmer im eigenen Schrank mögen eklig sein. Tausende von ihnen in einer Fabrik in Holland sind seltsam anziehend. Aber darum geht es nicht. Es geht um Produktion, um Gewinn, um Effizienz. Und das nicht nur bei Mehlwürmern, sondern inzwischen auch bei Heuschrecken, Heimchen oder der Schwarzen Soldatenfliege. Auf die setzt madebyMade im sächsischen Pegau.
Geschäftsführer Kai Hempel nennt Hunde- und Katzenfutter-Produzenten als derzeitige Hauptabnehmer des Insektenfutters: "Hier reden wir hauptsächlich von den frischen Larven oder von tiefgefrorenen Larven oder eben von Proteinmehl. Dann haben wir auch noch die getrockneten Larven, die gehen natürlich viel an Vogelfutterhersteller, die dann wiederum eigene Produkte daraus machen." Und schließlich dienen die Insekten auch als wertvoller Dünger.
Weniger Treibhausgase Fläche und Wasser
Die Krabbeltiere haben viele Vorteile, meint Arnold van Huis, der sich schon seit vielen Jahren an der Universität Wageningen mit Insekten als Nahrungsmittel beschäftigt: "Wenn man das mit anderen Nutztieren vergleicht, schneiden Insekten gut ab. Sie produzieren wenig Treibhausgase, weniger Stickstoff, sie brauchen kaum Wasser und nicht viel Fläche."
Das bestätigt eine Analyse des Umweltbundesamts aus dem Jahr 2020. Dabei ging es um den Vergleich Insekt–Schnitzel. Beim Tierfutter stehen die Larven der Schwarzen Soldatenfliege dagegen in Konkurrenz zu Fischmehl und Sojaprotein. Diese sind allerdings für Hühner nicht gerade eine artgerechte Ernährung. Die Vögel picken aber natürlicherweise gerne nach Insekten.
Kai Hempel nennt weitere Gründe für Insektenfutter: "Außerdem kommt hinzu, dass beide Produkte, Fisch aus den Überfischung der Meere zustande kommt und die Soja-Proteine größtenteils aus Südamerika, mittlerweile aus den abgeholzten Gebieten der Regenwälder entstehen. Und das sind zwei Punkte, die sehr stark für eine regionale Insektenwirtschaft sprechen."
Abfälle zu Proteinen upcyceln
Die Insekten selbst brauchen natürlich auch Futter, aber dafür reichen Abfälle aus der Lebensmittelindustrie, Kartoffelschalen, Getreidereste. Sie wären auch mit dem Inhalt einer Biotonne zufrieden. Insekten sind ideal fürs "Upcycling", denn sie machen aus Resten wertvolles Protein.
In Berlin forscht Werner Kloas an einem Kreislaufsystem zur Lebensmittelproduktion: "Das Potenzial für die Insektenlarven sehe ich global als ein Muss. Das ist nämlich extrem hoch, wenn man sich im Klaren ist, dass ungefähr ein Drittel aller Ernten verdirbt. Vor allen Dingen in Entwicklungsländern. Aber das sind sozusagen Biomassen, die man einfach über solche Soldatenfliegen-Larven sehr gut aufarbeiten könnte und hätte dann also ein Gewinn Richtung Protein, Fett, Kohlehydrate."
Trotz Vorteilen kein Standardtierfutter
In Europa sind Insekten seit 2017 als Bestandteil von Fischfutter zugelassen. In seinen Versuchen hat Werner Kloas allerdings festgestellt, dass nicht jede Fischart gleich zuschnappt: "Das konnte zu 100 Prozent erfolgreich umgesetzt werden beim Nilbarsch, aber auch beim Karpfen. Und andere haben dann wieder so ein bisschen Vorbehalte. Das heißt, das schmeckt denen offensichtlich nicht ganz so gut. Das hängt aber auch einfach mit der Biologie der Fische zusammen."
Aber auch wählerischen Arten kann man ohne Probleme Futter geben, das zur Hälfte aus Insekten besteht. Seit 2021 dürfen in der EU auch Schweine und Hühner mit Insekten gefüttert werden. Hier gibt es noch einen weiteren Vorteil. Arnold van Huis: "Es könnte für Nutztiere gesund sein, Insekten zu fressen. Der Panzer ist aus Chitin, das stimuliert das Immunsystem in Tieren und auch in Menschen. Und die Schwarze Soldatenfliege enthält viel Laurinsäure, das verhindert Durchfall bei Schweinen."
Es spricht also viel für Insekten als Tierfutter, trotzdem hat es sich noch nicht durchgesetzt. Fischmehl und Soja sind billig, viel zu billig, meint Kai Hempel: "Wenn man tatsächlich unsere Soja-Importe und unsere Fischmehl-Importe entsprechend ihrer tatsächlichen CO2-Fußabdrücke auch bepreisen müsste. Also, was wurde gefällt? Wo sind sie aufs Schiff gekommen? Wie wurden sie hergefahren usw. Dann sehe ich durchaus eine realistische Möglichkeit, auch diese Märkte zu erschließen."