Der Neurobiologe Anand Ray durchwühlt seinen Schreibtisch.
"Ich hatte sie hier. Ah! Da sind sie."
Ray öffnet den Deckel einer weißen Schachtel und nimmt eins der Probengläschen heraus, öffnet es und schnüffelt daran.
"Das ist ein Stoff, der aus Trauben stammt. Er riecht fruchtig. Wir stellen uns vor, wenn wir solche Stoffe als Insektenrepellent verwenden, könnten sogar Kinder merken, wenn sie nicht mehr gut geschützt sind, und ihrer Mutter Bescheid geben, dass sie Nachschub brauchen."
Acht der Probenröhrchen in der Schachtel enthalten Stoffe, die Ray und seine Kollegen in ihrem Labor an der Universität von Kalifornien Riverside nach allen Regeln der Kunst durchgetestet haben. Die Substanzen sind ungiftig und sie wirken genauso gut wie das Uralt-Repellent Diethyltoluamid, kurz DEET, das in den 1940er Jahren von der US-Armee entwickelt wurde, um Soldaten vor Tropenkrankheiten zu schützen.
Entscheidenden Schritt geschafft
Ray ist nicht der einzige, der seitdem versucht hat, Alternativen zu DEET zu finden. Es gibt inzwischen eine Handvoll neue Repellents. Doch Ray hat einen entscheidenden Schritt geschafft, um gezielter zu suchen. Er hat den Riechrezeptor gefunden, mit dem Insekten DEET wahrnehmen:
"Diese Nervenzellen befinden sich in einer Art Höhlung an der Antenne am Kopf des Insekts. Weil sie da drin sind, hat man es bisher nicht geschafft, ihre Aktivität mit Elektroden aufzuzeichnen. Sie waren einfach zu versteckt."
Ray nutzte eine neue Methode. Erst 2012 hatten Kollegen in Davis das Modelltier Drosophila melanogaster, die Fruchtfliege, genetisch so verändert, dass aktive Nervenzellen grün fluoreszieren. Ray konnte also die veränderten Fliegen dem Wirkstoff DEET aussetzen und dann beobachten, welche Nervenzellen reagieren.
"Meine Postdoktorandin kam dann eines Morgens zu mir und strahlte: Wir haben sie."
In diesen Nervenzellen identifizierte Ray das Protein IR40a als den lang gesuchten Rezeptor. Mit dessen Form und Struktur fütterte Ray ein Computerprogramm, das dann 400 000 bekannte Substanzen darauf prüfte, ob sie den Rezeptor aktivieren könnten oder nicht. 150 davon kamen in die engere Wahl. Zehn davon testete Ray genauer durch, acht zeigten die gewünschte Wirkung. Die Fruchtfliegen nahmen vor ihnen Reißaus, genauso wie Gelbfiebermücken, Rays Teststechmücken.
Neue Substanzen wohl deutlich billiger
Gregory Pask öffnet die Tür zu einem kleinen Raum im Keller des Insektariums, nur ein paar Schritte von Rays Labor entfernt. Milchigweiße Plexiglaskästen stehen auf den Wandregalen. In jedem schwirren einige Dutzend Gelbfiebermücken wild durcheinander.
"Hier haben wir unsere Hand-im-Handschuh-Versuche gemacht. Man steckt eine Hand im Gummihandschuh in den Moskitokäfig. Am Handrücken hat der Handschuh ein Loch, das mit einem Stück Netz verschlossen ist. So kann man testen, wie die Mücken auf unseren Geruch, auf DEET oder eben neue Substanzen reagieren."
140 Stoffe warten noch im Laborkühlschrank darauf, hier getestet zu werden. Vielleicht genügt bei einem davon sogar eine geringere Konzentration, denn bisher braucht ein guter Mückenschutz 10 Prozent oder mehr des Wirkstoffs. Wirklich aufregend wäre also ein neuer Stoff, der schon bei einem Prozent Konzentration wirkt. In jedem Fall aber seien, sagt Anand Ray, die neuen Substanzen billiger als alles, was es bisher auf dem Markt gibt. Er will, wenn alles glatt läuft, in zwei, drei Jahren ein Produkt auf den Markt bringen, das sich auch arme Leute in seiner Heimat Indien leisten können.