Ein Kleinbus rumpelt über die gigantische Baustelle im nigerianischen Bundesstaat Lagos. Der Vizepräsident des Landes sitzt drin und bekommt erklärt, dass hier Nigerias Zukunft entsteht.
Nigerias Zukunft ist die angeblich größte einzelne Öl-Raffinerie der Welt: neun Milliarden Euro Investition. Verarbeitungskapazität 650.000 Barrel pro Tag. Nigeria ist zwar Afrikas größter Erdöl-Exporteur, seine Raffinerie-Kapazitäten sind bisher aber lächerlich. Und deshalb, behauptet der Milliardär Aliko Dangote, deshalb ist diese Raffinerie für Nigeria so wichtig:
"Bisher gehen 40 Prozent der Devisen Nigerias für den Import von Erdöl-Produkten drauf. Man exportiert Jobs und schafft Armut in Nigeria. Das werden wir stoppen."
Aliko Dangotes Unternehmens-Imperium ist ursprünglich auf Zement gebaut. Auch Zement musste lange nach Nigeria importiert werden. Dangote aber schuf riesige Produktionskapazitäten, nicht nur in seinem Heimatland, sondern auch in afrikanischen Nachbarstaaten.
Die enormen Gewinne aus dem Zement-Geschäft investierte er wiederum in Nigeria. Mittlerweile produziert sein Konzern Tomatenmark und Nudeln, raffiniert Zucker und Salz, manövriert eine riesige Lastwagen-Flotte und baut neben der Öl-Raffinerie auch noch eine Erdgas-Pipeline. Ach ja, und dann ist da auch noch die gigantische Dünger-Produktion:
"Die wirkliche Basis der nigerianischen Ökonomie ist die Landwirtschaft. Wir haben mehr fruchtbares Land als China, können eine riesige Landwirtschaft betreiben. Aber nicht ohne Dünger."
Denken in großen Dimensionen
Aliko Dangote denkt ausschließlich in großen Dimensionen. Reich ist er schon, sehr reich. Seine langjähriger Weggefährte Bismarck Rewane, Chef einer Beratungsfirma in Lagos, meint, das verdanke der Groß-Unternehmer vor allem einer Eigenschaft:
"Aliko hat einen enormen Antrieb. Er ist ein extrem wettbewerbsorientierter und leidenschaftlicher Mensch. Er tut alles, um zu gewinnen. Er will immer gewinnen: jede Wette, jedes Projekt."
Aliko Dangote stammt zwar aus einer wohlhabenden Händler-Familie im Norden Nigerias. Aber er hat klein angefangen vor 40 Jahren: Mit einem 3.000-Dollar-Kredit, den ihm sein Onkel gab. So jedenfalls erzählt der mittlerweile 60-Jährige seine Geschichte. Viele Milliarden später bleibt er immer noch seinem persönlichen Motto treu:
"Wer klein denkt, bleibt sein ganzes Leben lang klein," sagt Aliko Dangote. Deshalb tut er das Gegenteil. In einem Interview wurde er gefragt, was er von sich selbst denke, wenn er morgens nach dem Aufwachen im Bad vor dem Spiegel stehe:
Aufruf zur Selbsthilfe
"Ja, ich fühle mich gut. Aber noch nicht ausgefüllt. Wir haben noch viel zu tun. Wir Afrikaner müssen die afrikanische Wirtschaft befreien."
Von der Kontrolle durch ausländische Konzerne – das meint Dangote damit. Von dem Glauben, es werde schon irgendwer aus dem Ausland kommen und die Wirtschaft der afrikanischen Länder entwickeln. Nein, sagte der kantige, ruhige Mann: WIR müssen das selbst machen.
Das klingt wie eine Verheißung in den Ohren vieler Nigerianer. Weil Dangote wirklich macht: Mehr als 26.000 Menschen sind in seinem Konzern beschäftigt. Wo seine Firmen bauen, entstehen Straßen, Wohnhäuser und Jobs.
In Nigerias Wirtschaftsmetropole Lagos analysiert Bongo Adi den Beitrag, den die Dangote-Gruppe zur Entwicklung der nigerianischen Wirtschaft leistet. Adi ist Professor für Ökonomie an der Lagos Business School. Auch er lobt Dangotes Leistung, beispielsweise im Zement-Markt. Aber: Dafür zahlen die Zement-Kunden in Nigeria aber einen deutlich höheren Preis, als er auf dem internationalen Markt üblich ist:
"Die Nigerianer zahlen unverhältnismäßig höhere Zement-Preise als das in anderen Ländern der Fall ist. Die Schlussfolgerung heißt: Es ist ein Monopol."
Dangote ist überall
Adi kommt zu dem Schluss, dass Dangote sich in vielen Bereichen ein Monopol aufgebaut hat. Und dass der agile Unternehmer dabei ist, solch ein Monopol auch im Sektor für petrochemische Produkte zu schaffen. Das, sagt Bongo Adi, werde die Folge sein, wenn Dangotes gigantische Raffinerie in Betrieb gehe. Ist Dangote also für Nigeria das, was Rockefeller Anfang des 20. Jahrhunderts für die USA war? Bongo Adi antwortet so:
"Naja, so sieht's aus. Ich würde sogar sagen, Dangote ist größer als Rockefeller. Der war in einem Sektor dominant. Die Dangote-Gruppe ist überall: Wo immer sich eine Familie in Nigeria zum Essen an den Tisch setzt – auf ihrem Tisch werden immer Dangote-Produkte sein."
Bongo Adi hält es für schlicht unmöglich, dass ein Unternehmen dieser Größenordnung ohne enge politische Kontakte und Unterstützung entstehen konnte. Deshalb überschrieb er seine Analyse mit dem drastischen Titel: "Willkommen in der föderalen Republik Dangote":
"Letztlich wird das Unternehmen mächtiger sein als Nigerias Regierung – und was wird dann passieren?"
Einen Vorgeschmack hat Professor Adi schon bekommen: Als er seine Analyse über die monopolitischen Tendenzen der Dangote-Gruppe verschiedenen großen Zeitungen in Nigeria zur Veröffentlichung anbot, da lehnten etliche dankend ab. Als Begründung sei ihm unter anderem gesagt worden, man könne doch nicht etwas publizieren, was der Dangote-Gruppe möglicherweise schaden könnte.