Der Verein "Ja zum Nürburgring" hat die Beschwerde in Brüssel eingelegt. Ziel ist eine neue Ausschreibung des Verkaufs. Und auch der nur an einem Kauf der Rennstrecke interessierte ADAC hat bei der EU-Kommission eine Stellungnahme zum Verkaufsprozess eingelegt. Pressesprecher Kay Langendorff begründet das mit mangelnder Transparenz, das Verfahren sei auch nicht diskriminierungsfrei. Dazu kommt: "Da der Verkauf des Gesamtkomplex von der öffentlichen Hand am einen privaten Eigentümer den so genannten wettbewerbswidrigen Zustand nicht beseitigen würde. Es wird gefordert, dass der Nürburgring in verschiedenen Verwertungseinheiten, sprich einzeln verwertet werden, die Rennstrecke, die Hotels und ähnliches, um so die entstandene Wettbewerbsverzerrung rückgängig zu machen. Und das ist wie gesagt in unseren Augen nicht der Fall."
Ähnlich sieht es auch der Verein "Ja zum Nürburgring". Dessen Präsident Otto Flimm ist überzeugt, die Rennstrecke könne nur dann mit einer schwarzen Null betrieben werden, wenn sie alleine vermarktet würde. Wenn der gesamte Komplex Rennstrecke, Erlebnispark und Hotels in einer Hand bleiben, würde das in der Vergangenheit defizitäre Zusatzgeschäft den Motorsport belasten. Vereinspräsident Otto Flimm wirft den Insolvenzverwaltern Schönfärberei beim Verkauf vor. Die Rahmenbedingungen würden falsch dargestellt.
"Es wird verschwiegen, das wir in der Eifel sechs Monate Winter haben, das wir in einem Außengebiet Deutschlands sind, es wird von guter Infrastruktur gesprochen, das ist auch unzutreffend. Der Nürburgring hat kein wirtschaftliches Umfeld, die Ballungsräume sind weit entfernt. Also es sind eine Menge Risiken, auf die wir auch die Insolvenzverwalter und Wirtschaftsprüfer hingewiesen haben, alleine in einem Zehn-Punkte-Programm. Aber das wird einfach den Bietern unserer Auffassung nach verschwiegen."
Eine weitere Belastung für den Verkauf: In Brüssel laufen noch zwei weitere Beihilfeverfahren in Sachen Nürburgring, weil das Land Rheinland-Pfalz als Haupteigentümer eine halbe Milliarde Euro an unzulässigen Beihilfen in den Ring gesteckt haben soll. Alleine 330 Millionen Euro davon investierte die damalige SPD-Regierung von Kurt Beck bis 2009 in die Errichtung von Bauten, die mit Motorsport überhaupt nichts zu tun haben. Nach Auffassung von Vereinsanwalt Dieter Frey droht dem potentiellen Käufer die Rückzahlung dieser Beihilfen.
Der unsichere Verkaufsprozess birgt auch Risiken für den Motorsport. Formel 1, DTM oder Truck-Rennen und auch die Autoindustrie können zu anderen Strecken abwandern. Otto Flimm: "Aber es wird unterschätzt, 90 Prozent des Motorsportes ist Breitensport. Ganz Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz hat keine Alternative. Also für ihn wäre es katastrophal, wenn der Nürburgring in Hände käme, die das nicht erkennen."
Flimm vergleicht die "grüne Hölle" mit einem Dorffußballplatz für Nachwuchs und Amateure. "Der ADAC muss diese Dinge schon subventionieren, sonst wäre der gar nicht durchführbar. Wenn jetzt der Nürburgring durch einen Eigentümer belastet wird, der sein Geld wieder haben will, der Zinsen zahlen muss, der Dividende zahlen muss, dann bleibt nichts weiter übrig, als die Preise weiter anzuheben, das hält der Motorsport nicht aus."
Auch für den ADAC wäre ein solches Szenario der Schlusspunkt. Der Autoclub veranstaltet über 60 Prozent aller Veranstaltungen am Nürburgring. Langendorff: "Sollte dort ein gewissenloser Finanzhai einsteigen, der nur auf Profit und Gewinnmaximierung besteht, dann werden wir auch nicht zögern, unsere Veranstaltungen vom Nürburgring abzuziehen." Für die Amateure im Motorsport wäre dies das Ende.