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Institut für Rundfunktechnik
Millionenschaden und die Folgen für das Deutschlandradio

Ein ehemaliger Patentanwalt des Instituts für Rundfunktechnik sitzt in Untersuchungshaft, weil er viele Jahre Lizenzgebühren unterschlagen hat. Neben ARD und ZDF wird das IRT auch vom Deutschlandradio getragen. Dessen Verwaltungs- und Betriebsdirektor äußert sich über die Folgen für das Deutschlandradio.

Rainer Kampmann im Gespräch mit Henning Hübert |
    Ein Wegweiser mit der Aufschrift "Bayerischer Rundfunk BR" und "Institut für Rundfunktechnik IRT"
    Das Institut für Rundfunktechnik (IRT) ist ein gemeinsames Forschungsinstitut von ARD, ZDF, Deutschlandradio, Deutscher Welle sowie den österreichischen und Schweizer Rundfunkanstalten ORF und SRG. (picture alliance / Felix Hörhager/dpa)
    Henning Hübert: Hat der Patentanwalt Gelder unterschlagen, inwiefern werden dadurch Beitragszahler der Rundfunkgebühr geschädigt?
    Rainer Kampmann: Wenn man unter Schaden versteht, dass jemand in die Kasse greift, können wir nach bisheriger Kenntnis festellen: in die Kasse hat keiner gegriffen. Aber ganz offensichtlich hat der Patentanwalt, der das IRT vertritt, eine Vertragsgestaltung hinter dem Rücken des IRT gewählt, die dazu führte, dass eigentlich dem IRT zustehende Einnahmen in seinem Portemonnaie gelandet sind. Das scheint kriminell zu sein. Weil dem IRT Einnahmen entgangen sind, sind möglichweise - auch das ist noch nicht geklärt - die Zuschüsse der Gesellschafter, also auch zu einem sehr kleinen Anteil von Deutschlandradio in den letzten 18, 20 Jahren etwas zu hoch gewesen, als sie hätten sein müssen.
    Derzeitiger Geschäftsführer des IRT bemerkte Unstimmigkeiten
    Hübert: Wie hoch ist der Anteil von Deutschlandradio am IRT-Kuchen?
    Kampmann: Wir sind mit gut fünf Prozent beteiligt. Die Finanzierung ist etwas anders geregelt, da sind wir eher sozusagen nach unserer relativen Größe beteiligt, die liegt am Beitragskuchen in Deutschland deutlich unter fünf Prozent, und weil ja die Österreicher und Schweizer auch noch beteiligt sind, ist der Wert deutlich niedriger, aber wir reden über einen langen Zeitraum. Das hat sich seit 1996 verändert.
    Hübert: Was wissen Sie über den Vorgang, wenn die Staatsanwaltschaft in München von Parteiverrat spricht, von Bestechlichkeit in einem besonders schweren Fall, durch wen sind die kriminellen Handlungen angezeigt worden?
    Kampmann: Aufgefallen ist das dem derzeitigen Geschäftsführer des IRT. Das ist ein anderer als der, der den ursprünglichen Vertrag mit dem Patentanwalt vor 21 Jahren 1996 geschlossen hat. Dem ist jedenfalls aufgefallen im Zusammenhang mit einer Rechts-Auseinandersetzung, die geführt wurde, dass die Patentwerte, die da offensichtlich am Rande genannt worden sind, mit dem was er kannte und was in die Kasse gelangte nicht in Übereinstimmung zu bringen waren. Und er hat offensichtlich sofort gehandelt, gleich in zwei Richtungen, Sachverhalte klären und Vermögen sichern und selbstverständlich auch die Vorbereitungen für eine eventuelle Strafverfolgung zu schaffen. Das alles ist in den letzten dreieinhalb Monaten vorbereitet worden und hat dann ja am Ende zur Anzeige des Bayerischen Rundfunks geführt, die dann wiederum Anlass für die öffentliche Diskussion war. Vielleicht noch ein Wort, wieso der Bayerische Rundfunk: das IRT sitzt in München und damit ist sozusagen die Betreuungsfunktion die Sitzanstalt des BR.
    Patentanwalt hat das Vertrauen missbraucht
    Hübert: Jetzt gibt es den Kritikpunkt, dass sich die Öffentlich-Rechtlichen da "im Millionenschlaf" befanden bzw. befinden. Jetzt sind doch bestimmt alle hellwach – hätte man da früher drauf kommen können?
    Kampmann: Natürlich sind alle hellwach, es hat eine außerordentliche Gesellschafterversammlung gegeben. Wir haben uns jetzt fest vorgenommen, ganz eng dran zu bleiben, bei der Aufklärung bei der Vermögenssicherung, die Frage, ob vorher was übersehen worden ist, ist ausgemacht auch schwierig zu beantworten. Wir sind hier in einer Rechtsmaterie und auch in einer fachlichen Materie, die sich nicht so leicht erschließt. Patentrecht ist schwierig; dafür gibt es spezialisierte Patentanwälte, denen man sich, genau weil es schwierig und spezialisiert ist, dann auch bedient, hier geht es auch noch um internationale Vermarktung von Patenten, und die Patente werden dann auch nicht einzeln vermarktet, sondern sind häufig nur in einem Pool. Das Problem ist, dass offensichtlich dieser Patentanwalt das Vertrauen missbraucht hat und die Frage, ob man das hätte eher merken können, und viel wichtiger vielleicht auch noch, was man zukünftig tun kann, um so etwas zu bemerken, werden wir beantworten müssen.
    Auf den ersten Blick scheint mir das aber eine nicht ganz leicht zu beantwortende Frage zu sein, anders als beim berühmten Griff in Portokoassen und Veruntreuungen liegt hier doch ein sehr spezieller Sachverhalt vor. Deshalb wird die Aufklärung und die Schlussfolgerungen daraus noch eine Zeit dauern.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
    Rainer Kampmann ist seit März 2014 Verwaltungs-und Betriebsdirektor beim Deutschlandradio.