So können Möhren, Bananen, Weintrauben und Zucchinis klingen – wenn man sie nur ordentlich verkabelt – Karl-Heinz Jeron betrachtet sich übrigens selbst als Techno-Pionier innerhalb der Gemüsemusik-Szene.
"Auf jeden Fall! Daran gibt's keinen Zweifel!"
Musikalisch orientiert sich dieser Gemüse-Techno am Improvisations-Konzept der "Aleatorischen Musik" nach John Cage, Pierre Boulez und Iannis Xennakis.
"Für mich ist das aleatorische Musik, das heißt, es gibt einfach ein Maß an Zufall – es gibt aber auch einen bestimmten Rahmen, in dem alles stattfindet! Und es ist nicht völlig beliebig oder willkürlich."
Und seine Apparaturen unterscheiden sich nicht nur klanglich deutlich von anderen Gemüsemusik-Kon- beziehungsweise Rezepten: So lässt sich beispielsweise ein spielbares Blasinstrument nur aus wirklich knackfrischem – und somit formstabilem Gemüse herstellen – was dann anschließend vielleicht mal weiter verwertet werden kann, bei den Gemüse-Orchesterkollegen wird das Instrumentarium in der Regel nach einem Konzert:
"Zu 'ner Supppe verkocht!"
Angegammelte anstatt Frischware
Karl-Heinz Jeron bevorzugt dagegen angegammelte Ware, denn sein Ansatz ist ein anderer:
"Es gab halt diese Zeitungsmeldung, die von jedem achten Lebensmittel im Kühlschrank sprach, das weggeworfen wird – und Supermärkte schmeißen auch 30 bis 40 Prozent der Frischware am Abend weg – und dann dachte ich: Da kann man doch noch was mit machen – und dann kam ich dann auf die Idee, aus dem Obst und Gemüse erst mal 'ne Batterie zu bauen, kennt man von früher aus dem Physik-Unterricht: drei Kartoffeln und eine LED."
Wofür es im Bereich der Bildenden Kunst prominente Vorbilder gebe:
"Es gibt eine sehr alte Arbeit von Beuys: mit der Glühbirne und der Zitrone, was natürlich das Verfahren sehr schön illustriert, aber natürlich Quatsch ist, weil es natürlich nicht funktionieren kann – ich war eher an etwas interessiert, was auch wirklich funktioniert – eben so'n nieder-energetisches System, was dann tatsächlich auch Töne erzeugt."
Aber von wegen "kennt man von früher aus dem Physik-Unterricht" – wer vergessen hat, wie aus Grünzeug eine Batterie werden kann – hier die Kurzfassung:
"Man steckt zwei verschieden edle Metalle in so'n Stück Obst und Gemüse rein, das Metal löst sich auf, Elektroden werden frei – fertig!"
Zur Tonerzeugung selbst:
"Es wird einfach, ich sag mal, so ein Apfel als Widerstand verwendet und ein kleiner Widerstand erzeugt dann einen höheren Ton und einen größeren Widerstand."
Ein bisschen Physik und eine ruhige Hand
Ein bisschen Physik und eine ruhige Hand! Das sind die Voraussetzungen, die man als Teilnehmer vom "Altes Gemüse, neue Musik"-Workshop mitbringen sollte – denn hauptsächlich lernt man nämlich, kleine, frickelige Elektronikbausteine zusammen zu löten.
"Jetzt kommt die spannende Sache – UHUHU – jetzt wird's aufregend! – und schon falsch gemacht!"
Aber: In einem Kunstworkshop Löten lernen, mache Sinn. So habe der große Video- und Medienkünstler ...
"... Nam June Paik schon vor Jahren gesagt: Pinsel und Palette der Künstler des 21. Jahrhunderts sind elektronische Komponenten, vielleicht hat er sogar auch Lötkolben gesagt!"
Außerdem gehe es ihm – Stichwort "Lebensmittelverschwendung" – nicht bloß um Kritik. Die sei per se ...
"Was Negatives."
Aber:
"Weil Sie auch was gemeinsam bauen – eben diese barockes Stilleben anmutende Obst-Gemüsebatterie gemeinsam verkabeln, feststellen: da kommt so viel raus, dass sich so'ne kleine, musikerzeugende Schaltung damit betreiben kann, dann ist das in erster Linie einfach was Positives! Es wird da ein kultureller Mehrwert erzeugt."
"Aus meinem Workshop gehen sie eher inspiriert raus."
Inspiriert? Diese "Neue Musik", die aus dem barocken Stilleben herausfiept und brummt, muss man nicht schön finden – aber: Haben Sie schon mal "Elektro-Zucchini" gespielt? Spaß macht das schon!