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Intarsienarbeiten aus Obstkisten

Auf dem Gelände eines alten Güterbahnhof gründete der Kulturverein "Jack in the box" vor fünf Jahren Kölns erste Upcycling-Werkstatt. Zwischen Hobel und Säge entstehen hier nicht nur innovative, resourcensparende Design-Konzepte, sondern auch neue Perspektiven.

Von Bebero Lehmann |
    Fast könnte man meinen, hier arbeitet keiner. Erst nach ein paar Metern über grobe Kieswege ist gedämpfter Lärm zu hören. Er dringt aus einem unscheinbaren alten Industriegebäude: Kölns erste Upcycling-Werkstatt.

    "Upcycling ist das neue Modewort. Upcycling gehört zur Familie von Recycling. Wir versuchen hier, verschiedenen Produkten neues Leben einzuhauchen. Wir verbauen hier eigentlich sämtliche Materialien, versuchen auch immer rauszufinden, was wir damit machen können, da ja heute auch Ressourcenschonung ein unheimliches Thema ist, dem wir uns da alle stellen müssen."

    erklärt Sascha, während er an der Werkbank steht und sich eine Zigarette für die Mittagspause dreht. Mehrere Stunden lang hat er geduldig alte Orangenkisten zerlegt.

    Marita: "Was meinst Du, was da an Musik drin ist? Die hab ich von überall."

    Rock, Pop, Klassik und sogar chinesische Musik. Unzähligen Kassetten hat Marita, 55, die Bänder entnommen. Das Tape der Wollknäul, das Tonband der Faden. Mühsam häkelte Marita daraus eine Tischdecke. Als sie ihre Arbeit präsentiert, lächelt sie stolz.

    "Ich hab da noch mehr Kassetten. Ich könnte noch mehr häkeln, aber ohne mich. Das war zu viel."

    Die Finger schmerzen immer noch ein bisschen. Die silber-grau funkelnde Decke bleibt wohl ein Unikat.

    Sascha: "Zurechtgesägt, geschnitten, geleimt."

    In der Upcycling-Werkstatt entstehen aus Schrott kleine Schätze. Die alten Obstkisten kommen aus aller Welt. Der Großmarkt bewahrt sie für die Upcycling-Werkstatt auf.

    Sascha: "Aus diesen manigfaltigen Mustern aus aller Welt kann man dann ja wieder unglaublich bunte Sachen herstellen."

    Das bunt bedruckte Pressholz wird zu Jackboards zusammen gesetzt.

    Sascha: "Jackboards, das sind pfiffige Sitzkissen."

    Marianne: "Und jetzt haben wir ein neues Projekt, um auszuprobieren.
    Da. Für unsere Veranstaltungstheke oben, die ja auch aus diesen Charety- und Lemonaide-Kisten besteht, aus diesem Öko-Drink, hat jetzt der Christian ein Thekenoberfläche erstellt. Also das ist ja schon ne wunderschöne Einlegearbeit, oder wie halt früher Intarsien gelegt worden sind. Und sowas halt aus auseinandergenommenen Obstkisten."

    erklärt Marianne Thiemann und staunt fast ein bisschen über die Kreativität, die in der Werkstatt freigesetzt wird. Dann zeigt sie eine ihrer eigenen Arbeiten:

    "Da ist ein Metallspint. Der ist denn als Sideboard umgearbeitet. Wir haben dann die ganze alte Farbe runtergeholt, also die ganze Farbe abgeschliffen, dass es silber-metallic ist jetzt, mit so Schleifmustern drin. Dann hab ich durch Zufall hier abgebrannte Teelichter gefunden und habe dann die Böden ausgeschnitten und verkleidet damit, wie in so einem Fischschuppenmuster. Das sind denn drei- oder viertausend Teelichtchen, die wir da ausgeschnitten haben, mit der Hand, also nicht gestanzt."

    Sascha: "Ach, hier gibt's viele verrückte Sachen. Und das ist, glaub ich, auch das Schöne, dass hier so viel Freiheit herrscht, kreativ wirklich frei auch schaffen zu können. Ich glaub, das macht das auch aus, dass aus ganz verschiedenen Objekten ganz verfremdete Dinge auch entstehen."

    Marianne: "Wirklich wie so ein kleines Versuchslabor."

    Marc Grieger upcycelte sogar die Werkstattgeräusche. Wochenlang sammelte er mit seinem Aufnahmegerät die Geräusche, die bei der Arbeit in der Werkstatt abfallen. Nicht nur das laute Hämmern und Sägen, auch die leisen Zwischentöne. Daraus machte der 35-Jährige einen Song und wertete so alltägliche Geräusche auf, zu außerordentlicher Musik.