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Integration in den Arbeitsmarkt
Jobmesse für Geflüchtete

Viele Flüchtlinge haben keinen passenden Schulabschluss und können nicht sofort mit einer Ausbildung oder einem Job in Deutschland anfangen. Um sie dennoch zu vermitteln, werden Jobbörsen speziell für Geflüchtete und Migranten organisiert.

Von Susanne Arlt |
    Flyer mit Jobangeboten liegen auf einem Tisch.
    Jeder Branche wurde auf der Jobmesse eine Farbe zugeordnet. (picture alliance / dpa / Monika Skolimowska)
    Daria Einbacher sitzt mit ihren vier Schülern aus Afghanistan an einem Tisch. Vor sich haben sie einen Plan ausgebreitet, auf dem alle Messe-Aussteller aufgelistet sind. Um die 200 Unternehmen besser einordnen zu können, wurde jeder Branche eine Farbe zugeordnet. Blau steht für Baugewerbe, Handwerk und Hilfstätigkeiten, Rot für Gastgewerbe und Tourismus, Grau für Handel und Logistik und Grün für IT und Telekommunikation. Den Überblick bei dieser Jobbörse zu behalten, fällt den jungen Afghanen trotzdem sichtlich schwer. Sie sind darum froh, dass ihre Deutschlehrerin sie zu der Veranstaltung begleitet. Daria Einbacher arbeitet für die GFBM, eine gemeinnützige Gesellschaft für Bildungsmaßnahmen. Die jungen Flüchtlinge lernen Deutsch und sammeln erste berufliche Erfahrungen in einer Holz- und Metallwerkstatt oder als Küchenhelfer.
    "Jetzt sind wir halt hier und hoffen, dass wir es schaffen, sie auch in Ausbildung und Arbeit zu kriegen. Wir bemühen uns, den Sprachunterricht so zu gestalten, dass sie dann eine Berufschance haben."
    Traditionelle Bewerbungsmechanismen funktionierten nicht
    Der 20-jährige Fahim interessiert sich für einen Job als Autolackierer. Der erste Stand ist nicht besetzt, also versucht er es beim nächsten. Der Plus Personalmanagement GmbH. Auf ihrem Banner steht: Arbeit, die man greifen kann.
    "Hallo, ja hallo, Sie suchen Arbeit, ich suche Arbeit in der Autolackierung … Okay, eine Ausbildung bieten wir leider nicht an. Ausbildung nicht, direkt nach der Arbeit … ja auch besser … haben Sie denn schon was gelernt?"
    Fahim schüttelt den Kopf. Eines der größten Probleme vieler Geflüchteter. Sie haben keinen adäquaten Schulabschluss und können abgesehen von ihren fehlenden Sprachkenntnissen nicht sofort mit einer Ausbildung in Deutschland beginnen. In vielen Unternehmen herrsche darum auch Ernüchterung, gibt Raimund Becker zu, der im Vorstand der Bundesagentur für Arbeit sitzt. Er schätzt, dass erst nach fünf Jahren die Hälfte der Flüchtlinge einen Job haben wird. Traditionelle Bewerbungsmechanismen funktionierten bei Geflüchteten nicht, meint Becker. Aus diesem Grund sei die Jobbörse ein gutes Forum, denn erste Kontakte kommen hier in einem direkten Gespräch zustande. Deshalb habe man diesmal nicht nur Geflüchtete, sondern auch Migranten, die schon länger in Deutschland lebten.
    "Weil das Thema Flüchtlinge uns auch noch einmal bewusst gemacht hat, was passiert, wenn man sich nicht früh genug kümmert. Es leben Menschen lange in Deutschland ohne Sprache, ohne sozialen Kontakt und das ist ein Riesenproblem, die in den Arbeitsmarkt zu integrieren, wenn sie nicht deutsch sprechen, wenn sie selbst deutsche Werte nicht so gewöhnt sind. Und deshalb sagen wir hier, wir geben all diesen Menschen, die ein paar strukturelle Nachteile haben, also Sprache, Bildungszertifikate, aus anderen Bildungskontexten, hier auch noch einmal die Chance, deshalb haben wir erweitert von Flüchtlingen auf Migranten."
    Erst Aushilfsjob, dann vielleicht Ausbildung
    Insgesamt 3.500 potenzielle Arbeitskräfte wurden angeschrieben. Eingeladen wurden vor allem Flüchtlinge aus dem Iran, Irak, Syrien, Eritrea und Somalia. Die meisten sind unter 30 und Männer. Prämisse ist, dass die Geflüchteten eine Aufenthaltsgestattung haben. Die hat der junge Afghane Fahim. Allerdings nur für ein Jahr, sagt er. Der Mitarbeiter des Personaldienstleisters schaut auf seinen Lebenslauf. Eine Ausbildung könne er ihm nicht vermitteln, sagt er.
    "Was man machen könnte, man könnte Sie einstellen im Helferbereich. Aber wenn Sie eine Ausbildung anstreben, wäre es vielleicht besser, erst einmal die Ausbildung zu machen."
    Fahim schüttelt den Kopf. Helfen wäre auch prima. Wände tapezieren, spachteln, Fußböden verlegen. Dazu hätte er Lust, sagt er.
    "Ich werde mir Ihre Kontaktdaten aufschreiben und ich gebe Ihnen auch noch mal ein Kärtchen, dann senden Sie mir Ihre Bewerbung und Lebenslauf noch einmal rein, und dann melde ich mich bei Ihnen auf jeden Fall. Mal gucken, ob wir was machen können … Okay …"
    Eine Ausbildung wird der 20-jährige Fahim nach dem Messerundgang nicht in der Tasche habe. Aber ein erster Aushilfsjob ist sicher ein erster Weg dahin.