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Integration
Mitfahrzentrale für Flüchtlinge

Wenn Flüchtlinge nach Deutschland kommen, leben sie oft isoliert, haben kaum Kontakt zu Deutschen und sind mobil eingeschränkt. Die Macher der Internetseite "Welcome Ride" möchten das ändern. Seit Januar bieten sie und rund 100 Freiwillige kostenlose Mitfahrgelegenheiten für Flüchtlinge an, bisher insbesondere in München.

Von Susanne Lettenbauer |
    Blick auf den Karlsplatz in München
    Leute kennenlernen, einfach von A nach B kommen oder sogar Freunde finden: "Welcome Ride" in München bietet viele Möglichkeiten. (Imago)
    "Hi, ich bin Saskia Wegner. Ja, wir fahren jetzt nach Freimann, ich bringe die Jungs beziehungsweise setze sie an der Allianz-Arena ab. Das liegt für mich ziemlich auf dem Weg. "
    Vor einem dunkelblauen BMW steht eine junge Frau, neben ihr zwei schüchtern wirkende Schwarzafrikaner. Erst vor kurzem haben sich die drei kennengelernt über die Webseite Welcome Ride:
    Mitfahrer Peter aus Sierra Leone ist seit fast zwei Jahren in Deutschland. Sein Freund kommt aus Nigeria:
    "Mein Name ist Daniel Débogé, ich komme aus Nigeria und bin seit einem Jahr und zwei Monaten in Deutschland. "
    Seit über einem Jahr leben die beiden Flüchtlinge in einem Zimmer in Höhenkirchen-Siegertsbrunn, weit außerhalb von München. Die nächste S-Bahn-Station liegt 20 Minuten zu Fuß entfernt. Geld um einfach so in die Stadt zu fahren haben sie nicht. Heute wollten sie zur Allianz-Arena, sich die Heimat des FC Bayern anschauen, von dem sie schon sie viel gehört haben. Ein Flüchtlingsbetreuer hatte ihnen von der Webseite Welcome Ride erzählt:
    "Er hat mir erklärt, wie das mit Welcome Ride funktioniert",
    erzählt Peter.
    "Ich habe mich da angemeldet und finde das eine gute Möglichkeit, mal rauszukommen und was anderes zu sehen."
    "Wir haben darüber gesprochen, dass wir schon so lange in Deutschland sind und noch nie bei der Allianz-Arena waren. Ich wollte sie unbedingt mal sehen",
    freut sich Daniel.
    Stadttour, Freunde kennenlernen, Hürden überwinden
    Für Saskia ist es nicht die erste Tour seit das Mitfahrportal im Januar gestartet ist. Sie hat sich auf der Webseite angemeldet mit ihrer Email-Adresse, per Facebook oder Twitter geht es aber auch. Selbst chatten könne man auf der Webseite vorab untereinander, um den anderen kennzulernen:
    "Ich habe halt meine Strecke eingegeben und sie haben sich gemeldet und gefragt, ob sie mitfahren können und ich habe gesagt: Klar, kein Problem, das Auto ist noch leer. Jetzt ist es voll. Und ja, dann geht's jetzt los."
    Alle steigen ein, Saskia startet den Motor und fährt los. Peter und Daniel sitzen erst schweigend da, dann beginnen sie langsam zu reden:
    "Also ich sehe das als eine gute Idee an, weil es solche Möglichkeiten nicht oft gibt. Ich versuche, das auch anderen Mitbewohnern zu erklären. Da bieten Fahrer umsonst Mitfahrten an, so kann man doch viel besser die Stadt und auch Menschen kennenlernen. "
    Während Saskia fährt, wird aus der Tour langsam eine Mischung aus kleiner Stadtrundfahrt, angeregtem Gespräch und Kennenlernen:
    "Also man kann bei diesen Mitfahrten schon wirklich Freundschaften schließen, interessante Geschichten hören, interessante Menschen treffen, also es gibt einem auch als Fahrer wieder etwas zurück. "
    Natürlich wisse man nicht, wer da bei einem einsteigt, überlegt Saskia. Das Nutzerprofil könnte gefakt sein, die Mitfahrer könnten Straftaten im Sinn haben. Das gilt auch für die vorsichtigen Flüchtlingen, die nicht bei den Falschen einsteigen möchten, also angeblichen Fahrern aus dem rechten Milieu. Doch bislang hatte Saskia noch nie ein ungutes Gefühl:
    "Nein, eigentlich nicht. Wir fahren ja auch durch die Stadt, es ist überall belebt, es sind viele Menschen, es ist ja nicht so, dass ich einsam und allein über Land fahre, selbst mit zwei Männern an Bord."
    Eine Idee, die Schule machen soll
    Die Welcome-Ride-Gründer David Baus und Manuel Wesch entwickelten ihre mehrsprachige Webseite in einem Co-Working Space in einer ehemaligen Münchner Großmarkthalle.
    Um die 100 Fahrer haben sich in den vergangenen Wochen eingetragen, erzählt Initiator Wesch. Vor allem aus München, aber generell kann die Webseite natürlich auch in Hamburg, Köln oder Berlin benutzt werden, betont er. Aktuell bereite man eine Öffentlichkeitskampagne in Berlin vor. Schwieriger sei es, die Flüchtlinge zu überzeugen, haben die zwei Welcome-Ride-Gründer gemerkt. Da sei viel Skepsis vorhanden:
    "Im Grund genommen hier bieten mir Leute was an, wo ich was bekomme, da ist eine gewisse Skepsis da. Oftmals schwingt auch noch mit, inwiefern gehe ich mit diesem Unternehmen einen Vertrag ein, hat das eventuell Einfluss auf meinen aktuellen Flüchtlingsstatus, werde ich dadurch vielleicht sogar abgeschoben."
    Bei den beiden Mitfahrern Peter und Daniel ist diese Skepsis mittlerweile einer Begeisterung gewichen, die sie an andere Flüchtlinge weitergeben wollen.
    Fahrerin Saskia kommt nach zwei Stunden wieder zurück mit ihren fußballbegeisterten Mitfahrern Peter und Daniel. Die Autotüren klappen, man verabschiedet sich. Komplimente an die Fahrerin dürfen natürlich nicht fehlen. Peter:
    "Danke, ich habe die Fahrt wirklich genossen, danke dafür. "
    "Ich fand es toll, wie Sie gefahren sind, ergänzt Daniel, so entspannt und langsam. Vielen Dank. "